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Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Titel: Walburgisöl - Oberbayern-Krimi
Autoren: emons Verlag
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Streifenbeamte. »Oder der Schreiber hoffte auf eine Wildsau. Wildschweine gibt es bei uns haufenweise, sie sind aber schwer zu kriegen, weil sie scheu und schlau sind. Er kann es aber auch auf einen Fuchs abgesehen haben. Die gibt’s hier auch.«
    »Aha«, meinte Morgenstern. »Und womit schießt man auf dieses Getier?«
    »Den Fuchs erwischt man am besten mit einer Schrotpatrone. Auf die Sau und das Reh schießt du mit der Kugel. Ganz normale Gewehrkugel.«
    »Da braucht der Jäger aber mehrere Gewehre«, überlegte Morgenstern.
    »Nein, eins reicht. Mit zwei Läufen. Einer für die Schrotpatronen, der andere für die Kugel.«
    »Hat sich schon jemand die Waffe angesehen?« Morgenstern machte einen Schritt auf das Gewehr des Jägers zu, das seitlich im Gras lag.
    »Liegen lassen«, befahl ihm Hecht barsch. Er vermutete wohl zu Recht, Morgenstern könnte in einem unbedachten Impuls die Waffe in die Hand nehmen und Spuren verwischen.
    Morgenstern steckte die Hände sicherheitshalber in die Hosentasche und besah sich das Gewehr aus sicherer Entfernung. »Die Knarre hat sogar drei Läufe.«
    »Dann ist es ein Drilling«, erklärte der Polizeibeamte und näherte sich nun ebenfalls. »Eindeutig, ein Drilling. Eine echte Mehrzweckwaffe«, sagte er.
    Inzwischen war ein Kleinbus mit zwei Kollegen der Spurensicherung eingetroffen. Morgenstern und Hecht erklärten den beiden kurz das Wenige, das sie wussten. Bedächtig nahm einer der Spurensicherer, ein fast kahlköpfiger, etwa sechzigjähriger Mann mit auffälliger Hakennase, die Waffe in die behandschuhte Hand, betrachtete kurz die Mechanik und knickte dann den Lauf ab.
    »Alle drei Läufe sind noch geladen«, sagte er schließlich, hielt das Gewehr an seine markante Nase und schnupperte wie ein Hund, der eine Fährte aufnimmt. »Mit dieser Waffe ist in den letzten Stunden nicht geschossen worden.«
    »Schade«, sagte Morgenstern.
    »Wieso schade?«, fragte der Spurensicherer zurück.
    »Ich hatte irgendwie gehofft, der alte Herr hätte seinem Leben selbst ein Ende bereitet. Weil er unheilbar Krebs hatte oder Depressionen oder so etwas. Das gibt’s doch immer wieder. Ein Schuss, rasches schmerzloses Ende, wer wüsste das besser als ein Jäger?«
    »Nein. So einfach kommen wir in diesem Fall nicht weg. Dieser Mann ist erschossen worden«, antwortete der Spurenexperte.
    Alle Umstehenden schwiegen betroffen. Der friedliche, sonnige Morgen – er war entweiht durch einen Mord. Wie zum Hohn zwitscherten im Wald die Vögel. Über eine Minute lang war es das einzige Geräusch, das zu hören war.
    Hecht fand als Erster die Sprache wieder: »Wer um alles in der Welt schießt so einen Opa von seinem Hochsitz herunter?«, fragte er in die Runde und deutete auf den Jägerstand, auf dessen Kanzel sich bereits der zweite Spurensicherer zu schaffen machte.
    »Fangen wir doch bitte ganz von vorne an«, bat der Spurensicherer. »Aus welcher Richtung kam die Kugel? Die Antwort auf diese Frage würde mir fürs Erste reichen. Ich hätte nämlich gerne die Patronenhülse für die ballistische Untersuchung.«
    Alle sahen sich um. Dort, wo sich der Hochsitz befand, bildete der Waldrand einen fast exakten rechten Winkel. Von zwei Seiten kam hier das Wild aus dem Dickicht zum Äsen auf die Wiesen. Ein Jäger konnte ebenfalls von beiden Seiten angegriffen werden.
    »Wir müssen die Waldränder absuchen«, entschied Morgenstern.
    »Etwa zweihundert Meter auf jeder Seite des Jägerstandes«, fügte der Spurensicherer hinzu. »Ich schließe aus, dass ein Schütze aus einer größeren Distanz so präzise treffen kann.«
    »Wäre es denkbar, dass der Mann von hinten erschossen wurde, aus dem Wald heraus?«, fragte Morgenstern.
    »Nein, das halte ich für ausgeschlossen. Er wurde von vorne getroffen. Das Loch im Mantel deutet eindeutig darauf hin. Es reicht, wenn wir uns auf den Waldrand beschränken. Auch das wird schon die Suche nach der Nadel im Heuhaufen.«
    Hoch konzentriert machten sich die beiden Kommissare auf die Suche, und bereits nach kürzester Zeit jubelte Hecht: »Ich hab sie!«
    Der Spurensicherer stürzte heran. »Vergessen Sie es. Die ist doch völlig korrodiert. Die stammt vom Jäger selbst. Rund um den Hochsitz liegen natürlich Dutzende von Hülsen, die in den letzten Jahren runtergefallen sind.«
    Der eben noch so eifrige Hecht büßte im Nu sein Jagdfieber ein, und auch Morgenstern fand es plötzlich viel sympathischer, eventuell am Nachmittag die Auszubildenden der
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