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Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Titel: Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)
Autoren: Wilhelm Schlötterer
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zwischen Parlament und Regierung gibt es nicht – und erst recht nicht in einer derartigen Konstellation. Jetzt geht A. vor Gericht – das ist eine Chance, gewiss. Aber wie werden die Zeugen aussagen? Sind die vorgelegten Akten der Behörde vollständig? Geben sie das tatsächliche Geschehen zutreffend wieder? Gibt es etwa Nebenakten? Und wie werden die Richter die Beweise würdigen?
    Am Schluss muss A. erkennen: Das Ganze war ein Stellungsspiel, in dem der Ball hin und her geschoben wurde. Dem äußeren Anschein nach haben jedoch völlig verschiedene Instanzen unabhängig voneinander entschieden. Wie in der Fabel kann der Hase laufen und laufen – am Ende wird trotzdem immer wieder der Igel vor ihm da sein.
    Aber ist nicht die Presse als »vierte Gewalt« das Korrektiv? Die Antwort lautet: Ja, allerdings nur teilweise. Die Presse kann durch die Veröffentlichung eines Skandals einen Politiker zu Fall bringen. Das gilt indes nicht, wenn die Regierung fest im Sattel sitzt – denn dann wird diese alle Register ziehen, um zu leugnen. Und es gilt schon gar nicht, wenn angeblich das Steuergeheimnis, der Datenschutz oder das Ermittlungsgeheimnis der Aufklärung des Falles entgegenstehen. Dann wird der Minister erklären, er sehe sich leider an einer Auskunft gehindert, weil er sich sonst strafbar machen würde. Man staunt bisweilen, wie unendlich weit ein solches »Geheimnis« reichen kann.
    So gut wie keinen Schutz bietet die Presse Beamten, die Skandale aufdecken oder sich gegen rechtswidrige Zumutungen wehren. Viele solcher Fälle wurden zwar in der Presse dargestellt, dennoch unterlagen die Beamten. Denn die Oberen greifen sofort zu den Restriktionen des Beamtenrechts und des Strafrechts. In dem Augenblick, wenn gegen den Beamten ein förmliches Verfahren zur angeblich objektiven Klärung von ihm erhobener Vorwürfe eingeleitet wird, ist die Presse entmachtet. Sie muss das Ergebnis abwarten, und das kann lange dauern. Der »Schutz der Öffentlichkeit« ist daher ein recht fragiler, auf ihn ist nicht zu vertrauen.
    Überdies greift die Presse – entgegen der landläufigen Meinung – keineswegs jeden Skandal auf. Journalisten haben Angst davor, von ihrem Chefredakteur gerügt zu werden, falls die angegriffene Seite eine nicht widerlegbare Gegendarstellung bringt. Die Zeitungsverlage fürchten einstweilige Verfügungen und Klagen auf Schadensersatz wegen Rufschädigung – sie bangen um ihr Renommee. Ebenso spielen politische Rücksichten oder persönliche Beziehungen der Herausgeber oder Chefredakteure eine Rolle. Schließlich trifft man sich auf irgendwelchen Empfängen, man möchte nicht, dass das wohlige Miteinander durch hässliche Vorgänge gestört wird. Das größte Problem aber besteht darin, in einem Artikel komplexe Sachverhalte einleuchtend und klar darzustellen. Aber selbst wenn das gelingt, verebbt das Interesse der Journalisten sehr rasch, sobald sich ein Fall länger hinzieht, ohne dass sich etwas wesentlich Neues berichten lässt. Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren etwa können sehr lange dauern.
    Stellt sich noch die Frage nach der Beherrschbarkeit eines Unrechtssystems durch die politische Spitze. Die Antwort lautet: Es funktioniert erstaunlich sicher. Zum einen sind die deutschen Bundesländer zentralistisch strukturiert und alle staatlichen Amtsträger weisungsgebunden. Zum anderen kann die politische Spitze, wenn einmal ein Unrechtsfall aufgedeckt wird, diesen aus den Schlagzeilen verdrängen, indem sie sich ständig zu aktuellen, politischen Themen äußert, worüber dann die Presse zwangsläufig schreibt. Beispiel: Die Frankfurter Rundschau schilderte seinerzeit das himmelschreiende Unrecht, das an den hessischen Steuerfahndern begangen wurde – der Hauptverantwortliche Roland Koch aber redete über die große Politik – er blieb unangefochten. Und ist ein Sachverhalt, wie so oft, detailreich und daher nicht einfach und für jedermann verständlich darstellbar, hat die politische Spitze ohnehin Oberwasser.
    Das Strafverfolgungs- und Haftungsrisiko
    In den vergangenen Jahrzehnten, als die CSU in Bayern die absolute Mehrheit hatte, mussten die CSU -Spitzenpolitiker für rechtswidrige Taten weder Strafverfolgung noch Haftung befürchten. Der frühere Finanzminister Gerold Tandler kam nur deshalb vor Gericht, weil der Vorsitzende Richter des Zwick-Prozesses in Landshut gegen ihn von Amts wegen Anzeige erstattete – hier konnte sich die Staatsanwaltschaft nicht mehr weigern. Bei privaten
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