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Wahn - Duma Key

Titel: Wahn - Duma Key
Autoren: Stephen King
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fast fünfundzwanzig Jahren gekauft haben. Seine mittlere Tiefe beträgt achtundzwanzig Meter … außer an dieser Stelle, wo sich eine Erdspalte befindet.«
    Wireman entspannte sich und schob seine Mütze etwas aus der Stirn zurück. »Ah, Edgar. Wireman denkt, dass du noch immer el zorro bist, noch immer der Fuchs.«
    »Vielleicht sí , vielleicht no , aber unter dieser kleinen orangeroten Flagge liegen hundertfünfzehn Meter Wasser. Mindestens hundertfünfzehn Meter. Das ist verdammt viel besser als eine dreieinhalb Meter tiefe Zisterne in Korallengestein an der Küste des Golfs von Mexiko.«
    »Amen.«
    »Du siehst gut aus, Wireman. Ausgeruht.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Mit dieser Gulfstream macht das Fliegen richtig Spaß. Man muss nicht anstehen und sich kontrollieren lassen, und niemand wühlt einem das Handgepäck durch, um sich zu vergewissern, dass man seine bescheuerte kleine Dose Rasierschaum nicht zu einer Bombe umgebaut hat. Und ich hab’s zum ersten Mal in meinem Leben geschafft, ohne Zwischenlandung in Scheiß-Atlanta nach Norden zu fliegen. Danke... obwohl ich mir den Flug selbst hätte leisten können, wie’s inzwischen aussieht.«
    »Du hast dich wohl mit Elizabeth’ Verwandten geeinigt?«
    »Ja. Hab mich an deinen Vorschlag gehalten. Hab ihnen das Haus und den Nordteil der Insel angeboten, wenn ich dafür das Bargeld und die Aktien bekomme. Sie hielten das für einen äußerst fairen Deal, und ich konnte sehen, wie ihre Anwälte dachten: ›Wireman ist selbst Anwalt, aber heute hat er einen Trottel als Mandanten.‹«
    »Ich bin anscheinend nicht der einzige zorro in diesem Boot.«
    »Ich werde mit ungefähr achtzig Millionen Dollar in bar und in Aktien und mit verschiedenen Andenken aus dem Haus rauskommen. Unter anderem auch mit Miss Eastlakes Keksdose von Sweet Owen. Glaubst du, dass sie uns damit etwas zu erzählen versucht hat, ’chacho? «
    Ich dachte daran, wie Elizabeth verschiedene Porzellanfiguren in die Dose gesteckt und dann darauf bestanden hatte, dass Wireman sie in den Goldfischteich warf. Natürlich hatte sie versucht, ihm etwas mitzuteilen.
    »Die Verwandten haben den Norden von Duma Key, Wert nach Erschließung... nun, nach oben hin gibt’s keine Grenze. Neunzig Millionen?«
    »Zumindest glauben sie das.«
    »Ja«, bestätigte er wieder ernst. »Zumindest glauben sie das.« Wir saßen uns einige Zeit schweigend gegenüber. Dann nahm er mir den Zylinder ab. Auf seiner Seite erblickte ich mein durch die Krümmung verzerrtes Spiegelbild. Mich so zu sehen störte mich nicht, aber ich betrachte mich nur noch sehr selten im Spiegel. Nicht, dass ich gealtert wäre; ich mache mir nur nichts mehr aus den Augen des Freemantle-Burschen. Sie haben zu viel gesehen.
    »Wie geht’s deiner Frau und deiner Tochter?«
    »Pam ist draußen in Kalifornien bei ihrer Mutter. Melinda ist wieder in Frankreich. Nach Illys Beerdigung ist sie eine Zeit lang bei Pam geblieben, aber dann doch zurückgegangen. Das war die richtige Entscheidung, glaube ich. Sie lebt ihr Leben weiter.« »Was ist mit dir, Edgar? Lebst du dein Leben weiter?«
    »Ach, ich weiß nicht. Hat Scott Fitzgerald nicht gesagt, im amerikanischen Leben gebe es niemals einen zweiten Akt?«
    »Ja, aber er hatte sich schon dämlich gesoffen, als er das gesagt hat.« Wireman legte den Zylinder vor seinen Füßen ab und beugte sich nach vorn. »Hör mir zu, Edgar, und hör mir gut zu. In Wirklichkeit sind es fünf Akte, nicht nur im amerikanischen Leben - in jedem Leben, das voll gelebt wird. Wie in jedem Bühnenstück von Shakespeare, egal, ob Komödie oder Tragödie. Aus diesen beiden Zutaten besteht unser Leben nämlich - Komödie und Tragödie.«
    »Für mich waren Lacher in letzter Zeit eher selten«, sagte ich.
    »Klar doch«, bestätigte er, »aber der dritte Akt besitzt Potenzial. Ich bin jetzt in Mexiko. Hab ich dir schon erzählt, stimmt’s? In Tamazunchale, einer schönen Kleinstadt in den Bergen.«
    Ich versuchte mich an dem Ortsnamen.
    »Dir gefällt, wie klangvoll er von deiner Zunge rollt. Das merkt Wireman dir an.«
    Ich lächelte. »Na ja, der Klang ist nicht schlecht.«
    »Dort steht ein heruntergekommenes Hotel zum Verkauf, und ich überlege, ob ich es kaufen soll. Man müsste drei Jahre lang Verluste verkraften, bis der Laden Gewinn abwirft, aber ich schwimme neuerdings in Geld. Ich könnte jedoch einen Partner brauchen, der etwas von Bau und Instandhaltung versteht.Wenn du dich natürlich weiter auf die Malerei
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