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Wächter des Mahlstroms

Wächter des Mahlstroms

Titel: Wächter des Mahlstroms
Autoren: Edward E. Smith
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langjährige Forschung zugrunde. Ununterbrochen wurde jeder Faktor der Tätigkeit des Wirbels gemessen, jede Minute, jeden Tag. Die Kurve, die sich dem Auge des Laien als sinnloses Zickzackbild darbot, verriet den Experten alles.
    Cloud warf einen Blick auf die Darstellung und runzelte die Stirn: eine zackige Spitze, kaum eine halbe Stunde alt, berührte fast die oberste Linie des Papiers.
    »Schlimm, was, Frank?«
    »Allerdings, Sturm, und es wird immer schlimmer. Würde mich nicht wundern, wenn die Unkenrufe richtig wären – sieht jedenfalls so aus, als wollte das Ding jeden Augenblick hochgehen.«
    »Mit einer Gleichung kommen wir hier nicht weit«, schaltete sich Strong ein. Ebenso wie der Beobachter ging der Lens-Träger über die Möglichkeit hinweg, daß sich das Labor mitsamt seinem Inhalt jederzeit in seine atomaren Bestandteile auflösen konnte.
    »Allerdings«, stellte Cloud fest. Er brauchte nicht erst Stunden an einer Rechenmaschine zu verbringen; auf den ersten Blick erkannte er, ohne zu wissen wie, daß sich diese wildbewegte Sigmakurve keiner Gleichung unterordnen ließ. »Die meisten Zyklen der letzten Zeit schneiden die Koordinate siebenhundertundfünfzig; das soll mein Grundwert sein. Daraus ergeben sich neun Komma neun-sechs-null Kilogramm Duodec als meine Basis, und neun Komma vier-sechs-zwei und zehn Komma drei-fünf-acht als Alternativwerte. Klar?«
    »Die Anforderungen sind soeben hinausgegangen«, erwiderte der Beobachter. »Die Bomben treffen in fünf Minuten ein.«
    »QX. Ziehen wir uns also an.«
    Der Lens-Träger und einer der Beobachter halfen ihm beim Anlegen des dick gepolsterten Schutzpanzers; anschließend gingen die drei Männer zu dem Flieger hinaus. Es handelte sich um ein winziges Schnellfluggerät; ein schlanker Torpedo mit den gekappten Flügeln und den unzureichend wirkenden Schwanzflossen, den vielfältigen Steuer-, Brems-, Seiten-, Ober- und Unterdüsen, wie sie für die problematische, anfällige, doch hyperbewegliche Gattung von Flugzeugen typisch sind. Cloud überprüfte den neu installierten Dreifach-Bombenwerfer, vergewisserte sich der Position der jeweiligen Bombenstärke und stieg in das winzige Cockpit. Die massive Tür – Flieger sind zu klein, um Luftschleusen zu haben – knallte auf den Teflonschienen zu, die schweren Riegel kippten um. Eine weich gepolsterte Form schloß sich um den Piloten, der nun nur noch den linken Arm und das rechte Bein bewegen konnte.
    »Alles in Ordnung?«
    »Alles in Ordnung.«
    Cloud zog den Flieger in die Luft und näherte sich dem brodelnden Inferno, bei dem es sich um den Freien Atomwirbel Nummer Eins handelte. Der Krater war ein ungleichmäßig ausgezacktes Loch, maß etwa drei Kilometer von Rand zu Rand und war ungefähr vierhundert Meter tief. Der Boden, der weitgehend geschmolzen war, stellte sich fast eben dar, bis auf eine Vertiefung in der Mitte, wo sich der eigentliche Wirbel befand. Die Wände der Grube waren steil und unregelmäßig und schwankten in Schräge und Form, je nach Widerstandsfähigkeit der jeweiligen Bodenschicht. Ab und zu flammte ein Teil unerträglich hell auf und verdampfte in funkelnden Wolken. Dann, von herbeiströmender Luft gekühlt, verwandelte sich die Erscheinung in ein zuckendes rotes Glühen, die Oberfläche bewegte sich als behäbige Lava. Von Zeit zu Zeit wurde ein Teil der Wand sogar schwarz und bildete pockennarbige Schwielen oder schimmernden Obsidianflächen.
    Ständig strömte Luft in den Krater. Sie erreichte den Kessel als gewöhnliche Luft, verließ ihn jedoch in einer emportosenden Säule als etwas völlig anderes. Niemand wußte genau, welche Wirkung ein Wirbel auf Luft hat. Die Zusammensetzung der herausschießenden Gase schwankt ebenso beständig und unvorhersehbar wie die Tätigkeit des Wirbels selbst. So kann die von einem Wirbelkrater ausgehende Atmosphäre korrosiv oder giftig oder auch nur
anders
sein; auf keinen Fall aber handelt es sich noch um die Luft, die wir Menschen zu atmen gewöhnt sind. Diese Umwandlung und Zerstörung der irdischen Atmosphäre würden, wenn sie sich nicht aufhalten ließen, über kurz oder lang das Leben auf der Erdoberfläche vernichten, noch ehe die Masse der eigentlichen Welt auch nur annähernd verzehrt werden konnte.
    Und was den Wirbel selbst anging ... es ist wirklich schwer, ein solches Phänomen zu beschreiben. Seine fürchterliche Strahlung liegt praktisch völlig in jenen Bereichen des Spektrums, die dem menschlichen Auge verborgen
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