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Wächter des Mahlstroms

Wächter des Mahlstroms

Titel: Wächter des Mahlstroms
Autoren: Edward E. Smith
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vermochte eine verläßliche Vorhersage nicht einmal auf fünf Sekunden zu ermitteln, geschweige denn auf zehn. Also wartete er und wagte sich dabei so nahe an das schreckliche Zentrum heran, wie es irgend ging.
    Reglos, auf leise zischenden Unterdüsen, hing der Flieger in der Luft. Cloud wußte genau, wie hoch er sich über Grund befand. Er kannte seine Entfernung zum Wirbel. Ihm war die Dichte der Atmosphäre bekannt, ebenso Windstärke und Windrichtung. Da er außerdem die vorübergehenden Abweichungen der zyklonartigen Stürme im Innern des Kraters ablesen konnte, vermochte er mühelos und jederzeit Kurs und Geschwindigkeit zu berechnen, die erforderlich waren, um die Bombe genau in die Mitte des Wirbels zu tragen. Das Problem, das bisher noch niemand gelöst hatte, war die Vorhersage, wie groß die quantitative Tätigkeit des Wirbels in einem bestimmten Zeitpunkt sein würde – und zwar so frühzeitig, daß man noch etwas unternehmen konnte.
    Aus diesem Grunde konzentrierte sich Cloud auf die Instrumente vor sich – mit jeder Fiber seines Körpers, mit jeder Zelle seines Gehirns.
    Plötzlich, fast unmerklich, deutete sich auf der Sigmakurve eine Abflachung an. Cloud hakte sofort nach. Simultane Differentialgleichungen; neun insgesamt. Eine vierfache Integration in vier Dimensionen. Kein Problem – solche Dinge bereiteten Cloud keine Mühe. Ohne zu wissen, wie er darauf gekommen war, wußte er die Lösung; ähnlich wie der Posenier oder Rigellianer jedes separate Partikel eines undurchsichtigen dreidimensionalen Gegenstandes wahrnehmen kann, ohne in der Lage zu sein, einem Tellurier zu erklären, wie dieser Sinn funktioniert.

    Welchen Sinn oder welche Fähigkeit auch immer ein mathematisches Genie ausmacht – jedenfalls wußte Cloud, daß in sieben Komma drei Zehntel Sekunden die Tätigkeit des Wirbels genau dem Wert seiner schwersten Bombe entsprechen würde. Noch eine blitzschnelle geistige Berechnung, und er wußte genau die erforderliche Geschwindigkeit. Seine Hand fuhr über die Hebel, sein rechter Fuß trat entschlossen auf das Feuerpedal, und als der erbebende Flugkörper unter einer Beschleunigung von fünf tellurischen g vorwärtsgerissen wurde, wußte er bis auf die Tausendstelsekunde genau, wie lange er die Beschleunigung durchhalten mußte, um die erforderliche Geschwindigkeit zu erreichen. Diese Beschleunigungsperiode war eigentlich nicht sehr lang – jedenfalls nicht nach Sekunden gemessen –, doch dehnte sie sich unangenehm in die Länge. Dieser Flug würde ihn viel näher an den Wirbel herantragen, als ihm eigentlich lieb war; er würde fast den Rand des Kraters erreichen.
    Doch er hielt sich an den berechneten Kurs, und im genauen Sekundenbruchteil gab er seine größte Bombe frei und schaltete den Antrieb aus. In einer Fortsetzung derselben Bewegung zuckte seine Hand durch den Lichtstrahl, dessen Unterbrechung den Bergenholm-Antrieb aktivierte und das Fahrzeug trägheitslos machte – und sicher vor jeder denkbaren Form physischer Gewalt. Einen Augenblick lang geschah nichts – und in diesem Sekundenbruchteil reagierte Cloud mit Entsetzen.
Die Neutralisierung der Trägheit kostete Zeit!
Nicht daß man ihm jemals eingeredet hätte, der Vorgang sei absolut ohne Verzögerung. Er hatte das nur angenommen. Bisher war ihm eine zeitliche Verzögerung nicht aufgefallen, doch in diesem Augenblick schien der Sprung ewig zu dauern!
    Nach der ersten fassungslosen Erstarrung trat er blitzschnell in Aktion; er betätigte den Acht-g-Antrieb des kleinen Fliegers und zog ihn herum, wie es nur bei einem Fluggerät dieser geringen Größe möglich ist. Die Folge davon war, daß er den Wirbel in seinem Visischirm aufblühen sah wie eine Blume – oder wie eine Sonne, die zur Nova wurde.
    Clouds Ahnungen bestätigten sich in diesem Augenblick zur Gänze; dort unten explodierte nicht nur die Bombe. Die unvorstellbare Energie des Wirbels verschmolz mit der des detonierenden Duodec und bildete eine unbeschreibliche Explosion.
    Zum Teil wurde die rotflüssige Lava in der Senke von der ungeheuren Kraft des Schlages nach unten getrieben; teilweise wurde sie in Brocken, Spritzern und mächtigen Bahnen zur Seite gefetzt. Die tobende Kraft der Explosion packte die Bruchstücke und zerriß und zerdrückte sie, schleuderte sie noch schneller auf ihren rasenden Bahnen der Vernichtung dahin. Die Luft, so dicht komprimiert, daß sie wie ein fester Gegenstand wirkte, traf auf die Kraterwände. Diese Wände zerbröckelten,
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