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Waechter des Labyrinths

Waechter des Labyrinths

Titel: Waechter des Labyrinths
Autoren: Will Adams
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nicht nötig», erwiderte Nico. Er war zwar immer noch in dem Tunnel, aber die Dunkelheit ließ nach, er konnte das andere Ende erkennen. Außerdem wollte er auf keinen Fall die Aufmerksamkeit all der Gäste auf sich ziehen, die im hinteren Bereich des Konferenzpavillons an ihren Drinks nippten. «Ihre Nachricht war ein ziemlicher Schock, das ist alles.» Was nicht übertrieben war. Für Augustin Pascal und Roland Petitier war es natürlich eine Tragödie, aber auch für ihn war es nicht gerade günstig. Beschämend, so schnell nach einer furchtbaren Nachricht an die eigenen Interessen zu denken, aber schließlich war er auch nur ein Mensch. Außerdem musste er eine Konferenz leiten. «Die beiden waren meine Hauptredner für morgen, verstehen Sie?»
    Augenblicklich verschwand alles Mitgefühl aus Gailles Gesicht. «Und?», fragte sie knapp. «Dann werden Sie wohl absagen müssen.»
    «Sie verstehen das nicht.» Er schaute betrübt zu ihr hoch. Er wusste nur zu gut, was passieren würde, wenn er das täte. Die Konferenzteilnehmer würden sicherlich Verständnis für seine Notlage haben, aber er benötigte nicht ihr Verständnis, sondern ihr Geld. Wer bislang noch nicht gezahlt hatte, würde es nicht mehr tun, und alle anderen würden eine Rückerstattung verlangen – worauf sie leider ein Anrecht hatten. «Ich kann nicht», sagte er. «Ich kann einfach nicht.»
    Sie zuckte zusammen, als hätte sie seine Gedanken gelesen. «Sie finanzieren die ganze Veranstaltung doch nicht allein, oder?»
    Er schloss die Augen. «Sie wissen doch, wie es ist. Meine Sponsoren haben sich zurückgezogen. Niemand wollte einspringen. Was hätte ich tun sollen? Absagen?»
    «Ja.»
    «Ich habe noch nie eine Veranstaltung abgesagt», entgegnete er. «Und mein Ruf ist alles, was ich habe.»
    «Hören Sie», sagte Gaille. «Es tut mir wirklich leid, ganz ehrlich, aber ich wollte Ihnen nur auszurichten, was Claire mir gesagt hat, damit Sie für morgen umdisponieren können. Aber jetzt muss ich zurück nach Athen. Es geht nicht nur um Augustin, Daniel ist verhaftet worden. Claire hat gesagt, dass ihn diese Idioten ins Gefängnis gesteckt haben. Ich muss also wirklich los.» Sie berührte seine Hand. «Verstehen Sie?»
    Doch Nico hörte nur mit einem Ohr zu, im Hinterkopf schmiedete er bereits Notfallpläne. Für Petitier konnte er selbst einspringen. Bevor der Franzose mit ihm in Kontakt getreten war, hatte er selbst über die Ikonographie von Fruchtbarkeitsgöttern sprechen wollen. Es wäre kein Problem, das Thema wieder aufzugreifen. Blieb Augustins Vortrag. Er schaute hoch zu Gaille, die noch immer vor ihm stand, um sich zu verabschieden. «Man hat Knox ins Gefängnis gesteckt, sagen Sie?»
    «Ja.»
    «Meine Schwägerin ist Anwältin für Strafrecht», sagte er. «Die beste in Athen. Die gesamte Polizei dort hat Angst vor ihr. Sie ist genau die Person, die Sie jetzt brauchen. Ich rufe sie an, wenn Sie wollen.»
    «Das würden Sie tun? Das wäre wunderbar.»
    Sein Herz hüpfte wieder ein wenig. Er hob die Hand. «Da ist nur eine Sache», sagte er. «Verstehen Sie mich nicht falsch, ich werde Charissa in jedem Fall anrufen, selbst wenn Sie nein sagen …»
    «Wozu nein sagen?»
    «Augustins Vortrag und seine Dias sind bereits auf den Teleprompter geladen», erklärte er ihr. «Der Text muss nur vorgelesen werden. Es muss jemand machen, der Alexandria gut genug kennt, um für das Publikum glaubwürdig zu sein und um Fragen intelligent beantworten zu können. Jemand, den die Konferenzteilnehmer als angemessene Vertretung akzeptieren werden.»
    «Ich?», fragte Gaille überrascht. «Aber ich kenne Alexandria nicht annähernd gut genug. Wirklich nicht.»
    Einen Moment starrte Nico sie verblüfft an. Die Gleichberechtigung der Frau war ein Teil des modernen Lebens, an den er sich nicht ganz gewöhnen konnte. «Ich dachte eigentlich nicht an Sie», sagte er vorsichtig. «Ich dachte eher an Knox.»
    Ihr Gesicht zuckte, als wäre sie gekränkt, aber dann nickte sie. «Wenn Sie ihn heute aus dem Gefängnis holen, wird er es für Sie tun. Sie haben mein Wort.»
    «Und Sie können für ihn sprechen?»
    «Ja», sagte Gaille bestimmt. «Das kann ich.»

II
    In der oberen Ecke des Verhörraums befand sich ein Boiler. In regelmäßigen Abständen klickte er und begann sich aufzuheizen wie ein Kessel. Dann ratterten und klapperten die Rohre für ein paar Augenblicke, bis sich der Boiler abrupt wieder von allein ausschaltete. Da das einzige Fenster im Raum
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