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Waechter des Labyrinths

Waechter des Labyrinths

Titel: Waechter des Labyrinths
Autoren: Will Adams
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wachsender Verwunderung die darin enthaltene Korrespondenz. «Das ist ein Witz», sagte er schließlich. «Das muss ein Witz sein.»
    «Mein Enkel Michail wird sich die Sache morgen früh ansehen», sagte Ilja. «Sie werden ihn begleiten.»
    «Boris wird auch dabei sein», erklärte Sandro. «Er wird die Zahlungsmodalitäten klären, sobald Sie die Echtheit bezeugt haben.»
    «Sie meinen, wenn ich die Echtheit bezeuge», sagte Edouard.
    Ilja sah ihn gereizt an. «Bitte versuchen Sie nicht, uns zu sagen, was wir meinen.»
    Wieder trat Stille ein. Irgendwo im Haus erschallte in diesem Moment stürmisches Gelächter. Unweigerlich kam Edouard der Gedanke, dass Nergadses Gäste ihn über eine Überwachungskamera beobachteten. Nicht zum ersten Mal wurde ihm klar, wie unbedeutend er für diese Leute war. Ihre Präsidentschaftskampagne war in vollem Gang, und Ilja lag in den Umfragen gut im Rennen. Nichts anderes interessierte sie. «Sie können nicht ernsthaft von mir erwarten, dass ich die Echtheit einer Fälschung bezeuge», sagte Edouard.
    «Es wird keine Fälschung sein», stellte Sandro fest. «Nicht nachdem ein Mann mit Ihrer Reputation die Echtheit bezeugt hat.»
    «Das würde mich ruinieren. Ich werde das nicht tun.»
    «Sie werden es tun», sagte Ilja.
    Edouard rang sich ein Lächeln ab. Ihm war klar, dass eine Konfrontation ihn kein Stück weiterbringen würde. «Hören Sie», sagte er. «Ich würde gerne helfen. Wirklich. Aber ich kann nicht. Nicht an diesem Wochenende. Meine Frau ist jetzt schon wütend, weil ich in letzter Zeit so viel unterwegs war. Sie hat mir tatsächlich ein Ultimatum gestellt. Entweder verbringen wir dieses Wochenende zusammen oder … Sie kennen doch die Frauen.»
    «Machen Sie sich keine Sorgen um Ihre Frau», sagte Ilja.
    «Aber Sie verstehen das nicht. Ich habe ihr mein Wort gegeben. Wenn ich nicht …»
    «Ich sagte, machen Sie sich um sie keine Sorgen.»
    Irgendetwas an seinem Ton alarmierte Edouard. «Wie meinen Sie das?», fragte er.
    «Ich meine, dass Ihre Frau und Ihre Töchter sehr gut versorgt sein werden, während Sie weg sind. Und Ihr entzückender Sohn ebenfalls.»
    In Edouards Brieftasche steckte ein Foto seiner Familie. Wenn es ihm nicht gutging, holte er es gerne heraus, jetzt sah er es im Geiste vor sich: Er selbst wirkte darauf um einiges korpulenter, als ihm lieb war, andererseits unbestreitbar vornehm. Sein cremefarbener Anzug mit der gelben Krawatte wirkte wie ein stummer Protest gegen die schwarze Kleidung, die nahezu jeder Mann in Tiflis trug, so als wäre ihre gesamte Nation ständig in Trauer. Nina hatte ein wunderschönes blaues Samtkleid an. Die Zwillinge Eliso und Lila trugen helle Blusen und knöchellange schwarze Röcke, Kiko ein rot-weißes Rugbytrikot der georgischen Nationalmannschaft. «Wovon reden Sie?», fragte er.
    «Ihre Familie wird bei mir zu Gast sein», antwortete Ilja. «Nur so lange, bis Sie aus Athen zurückkehren.»
    Unwillkürlich ließ Edouard seine Hand sinken, er spürte sein Handy in der Hosentasche. Ein Anruf, eine SMS, um Nina zu sagen, dass sie die Kinder ins Auto verfrachten und irgendwohin bringen sollte. Egal wohin.
    «Machen Sie sich keine Mühe», sagte Ilja, als hätte er Edouards Gedanken gelesen. «Sie sind bereits meine Gäste. Während wir uns hier unterhalten, bringt mein Enkel Alexei sie bereits auf mein Anwesen in Nikortsminda.»
    «Man wird sich sehr gut um sie kümmern», versicherte Sandro. «Wir haben an diesem Wochenende ein Familientreffen. Es wird für sie wie Urlaub sein. Frische Bergluft, Reiten, Segeln, nette Gesellschaft, köstliches Essen. Was will man mehr?»
    «Und so müssen Sie sich nicht die ganze Zeit den Kopf zerbrechen», meinte Ilja, «sondern können sich voll und ganz auf den erfolgreichen Abschluss unseres Projekts konzentrieren.» Er beugte sich ein wenig vor. «Habe ich mich klar ausgedrückt?»
    Edouard spürte, wie ihn der Mut verließ. Nina hatte ihn gebeten, sich nicht mit diesen Leuten einzulassen. Sie hatte ihn angefleht. Es war das einzige Mal während ihrer Ehe gewesen, dass sie vor ihm auf die Knie gegangen war, seine Hände genommen, sie geküsst und geweint hatte. Aber er hatte es trotzdem getan. Er hätte es besser wissen müssen.
    «Ja», sagte er. «Vollkommen klar.»

III
    Polizeirevier Omonia,
    Athen Zentrum
     
    Kriminalhauptkommissar Angelos Migiakis hatte schlechte Laune. Die hatte er meistens, wenn er die nachmittäglichen Besuche bei seiner Geliebten verschieben musste,
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