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Wachen! Wachen!

Wachen! Wachen!

Titel: Wachen! Wachen!
Autoren: Terry Pratchett
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treiben, während sich Lord Vetinari in zuckersüßen Platitüden erging. Eine Zeitlang fand er es recht amüsant, die Gesichter der Ratsmitglieder zu beobachten. Während des langen Vortrags blieben sie in ständiger Bewegung und zeigten das ganze Spektrum des Mienenspiels. Nun, so etwas gehörte natürlich zu einer derartigen Zeremonie. Die Tradition verlangte, daß man Anteilnahme, Anerkennung und angemessene Bewunderung zum Ausdruck brachte. Dann hatte alles seine
Richtigkeit.
Und anschließend konnte man die ganze Sache vergessen und mit einem neuen Kapitel in der langen und aufregenden Geschichte der Stadt beginnen ettzehtera, ettzehtera. In Ankh-Morpork verstand man sich prächtig darauf, neue Kapitel anzufangen.
    Mumms umherschweifender Blick fiel auf Lady Käsedick. Sie zwinkerte. Der Hauptmann starrte rasch wieder geradeaus, die Züge so hölzern wie ein Brett.
    »… als Zeichen unserer Dankbarkeit«, beendete der Patrizier seine Rede und lehnte sich zurück.
    Mumm begriff plötzlich, daß ihn alle ansahen.
    »Wie bitte?« fragte er.
    »Ich
sagte:
Wir haben uns überlegt, auf welche Weise wir uns erkenntlich zeigen sollen, Hauptmann Mumm. Verschiedene verantwortungsbewußte Bürger«, – der Patrizier richtete seine Aufmerksamkeit kurz auf die Mitglieder des Rates und nickte Lady Käsedick zu –, »und selbstverständlich auch ich selbst sind der Ansicht, daß eine Belohnung angebracht ist.«
    Mumm blickte noch immer ins Leere.
    »Belohnung?« wiederholte er.
    »Das ist üblich, um heldenhaftes Verhalten zu würdigen«, betonte Lord Vetinari. Diesmal klang es ein wenig gereizt.
    Mumm holte tief Luft. »Denke jetzt zum erstenmal daran, Herr«, erwiderte er. »Womit ich natürlich ganz allein mich selbst meine.«
    Eine unbehagliche Stille folgte. Aus den Augenwinkeln sah Mumm, wie Nobby den Feldwebel in die Rippen stieß. Schließlich wankte Colon einen Schritt vor und salutierte erneut. »Bitte um Erlaubnis zu sprechen, Herr«, brummte er.
    Der Patrizier nickte großzügig.
    Colon räusperte sich, nahm den Helm ab und holte einen Zettel hervor.
    »Äh«, begann er, »die Sache ist, wenn du gestattest, Euer Lordschaft, wir glauben, äh, nach der Rettung der Stadt und so haben wir, äh, ich meine… wir waren zur rechten Zeit am rechten Ort, und daher vermuten wir, äh, ich meine, gewisse Verdienste unsererseits lassen sich nicht leugnen. Wenn du verstehst, was ich meine.«
    Die Anwesenden nickten zufrieden. Der Tradition wurde Genüge getan.
    »Deine Ausführungen sind wirklich interessant«, behauptete Lord Vetinari.
    »Nun, deshalb haben wir uns zusammengesetzt und bestimmte Dinge besprochen«, sagte der Feldwebel. »Natürlich ganz unverbindlich.«
    »Wirklich faszinierend«, kommentierte der Patrizier. »Bitte fahr fort. Du brauchst dich nicht zu unterbrechen. Wir alle wissen von der enormen
Bedeutung
dieser Angelegenheit.«
    »Gut, Herr. Nun, Herr. Zuerst der Sold.«
    »Der Sold?« fragte Lord Vetinari. Er sah Mumm an, der weiterhin ins Nichts starrte.
    Der Feldwebel hob den Kopf, und sein Gesichtsausdruck entsprach dem eines Mannes, der fest entschlossen ist, nicht aufzugeben.
    »Ja, Herr«, bestätigte er. »Dreißig Dollar im Monat. Das erscheint uns nicht richtig. Wir schlagen vor…« Er befeuchtete sich die Lippen und warf den beiden anderen Wächtern einen kurzen Blick zu. Sie ermutigten ihn mit einigen vagen Gesten. »Wir schlagen vor, den Grundlohn zu erhöhen, auf fünfunddreißig Dollar? Im Monat?« Colon beobachtete die steinerne Miene des Patriziers. »Mit nach Rang gestaffelten Zulagen? Vielleicht fünf Dollar?«
    Erneut beleckte er sich die Lippen. Lord Vetinaris Gesichtsausdruck verunsicherte ihn. »Mit weniger als vier sind wir nicht einverstanden«, sagte er. »Wir meinen es, äh, ernst. Entschuldige bitte, Euer Hoheit, aber so liegt der Fall nun mal.«
    Erneut bedachte der Patrizier Mumm mit einem durchdringenden Blick, wandte sich dann wieder an die Truppe.
    »Und das ist
alles?«
vergewisserte er sich.
    Nobby flüsterte dem Feldwebel etwas ins Ohr und wich dann hastig zurück. Der schwitzende Colon klammerte sich so sehr an seinem Helm fest, als gebe ihm nichts anderes Halt.
    »Da wäre noch etwas, Euer Ehrwürdigkeit«, sagte er.
    »Ah.« Der Patrizier lächelte wissend.
    »Der Kessel. Er war ziemlich verbeult, und dann hat ihn Errol verspeist. Hat fast zwei Dollar gekostet.« Colon schluckte. »Wir könnten einen neuen Kessel gebrauchen, wenn du nichts dagegen hast, Euer
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