Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wachen! Wachen!

Wachen! Wachen!

Titel: Wachen! Wachen!
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
Mumm hinter ihm. »Nimm es mit. Bring es an irgendeinem sicheren Ort unter.«
    Der Orang-Utan nickte dem Hauptmann zu und rutschte am Hang des Hortes herunter. Unten klopfte er Mumm auf die Kniescheibe, öffnete
Die Beschwörung von Drachen,
blätterte eifrig, fand die richtige Stelle und reichte das Buch dem Wächter.
    Mumm starrte auf die kritzelige Schrift.
    Doch Drachen sindet nicht wie Einhörner, muß ich hier betonigen. Sie wohnet in einem Reiche, das allein bestimmet wird von den Launen der Phantasie, und deshalb kannet folgendes passierigen: Wer auch immer sie rufet und ihnen einen Weg schaffet in diesige Welt, beschwöret damit seinen ganz persönlichigen Drachen.
    Doch wer reinen Herzens isset, so glaube ich, mag durchaus einen Drachen in diesige Welt rufen, als eine Macht des Guten, die besieget alles Unheil. Für solchige Menschen habet ich geschrieben dieses Buche, damit das Große Werk beginnen kanne. Alles isset vorbereit. Ich binnet sehr bemüht gewesen, würdige Hilfe zu leistigen…
    Mumm nickte langsam.
Ein Reich der Phantasie,
dachte er.
Dorthin verschwanden die großen Drachen. In unsere Vorstellung. Und wenn wir sie zurückrufen, geben
wir
ihnen Gestalt. So wie Teig, den man in eine Form preßt. Allerdings bekommt man dabei keine Pfefferkuchenmännchen, sondern man bekommt, was man selbst ist. Unsere eigene Dunkelheit, die feste Substanz gewinnt…
    Mumm las die entsprechende Passage erneut und sah sich auch die nächsten Seiten an.
    Es waren nicht viele. Der Rest des Buches beschränkte sich darauf, eine verkohlte Masse zu sein.
    Der Hauptmann gab das Buch dem Affen zurück.
    »Was für ein Mensch war der Malachit?« fragte er.
    Der Bibliothekar kannte den Inhalt von
Alle Stadtbiographien in einem Band
auswendig und dachte einige respektvolle Sekunden lang nach. Dann zuckte er mit den Achseln.
    »Ein Heiliger?« erkundigte sich Mumm.
    Der Orang-Utan schüttelte den Kopf.
    »Ist er böser gewesen als die meisten anderen Menschen?«
    Der Bibliothekar zuckte mit den Schultern und schüttelte erneut den Kopf.
    »An deiner Stelle«, sagte Mumm, »würde ich dieses Buch irgendwo verstecken, wo es niemand findet. Und das gilt auch für den anderen Band mit den Gesetzen. Sie sind viel zu gefährlich.«
    »Ugh.«
    Mumm streckte sich. »Und nun… Ich schlage vor, wir gehen was trinken.«
    »Ugh.«
    »Nur ein kleines Glas.«
    »Ugh.«
    »Und du bezahlst.«
    »Iiek.«
    Mumm blieb stehen und sah in das große sanfte Gesicht hinab.
    »Weißt du, die Frage beschäftigt mich schon seit einer ganzen Weile… Ist es
besser,
ein Affe zu sein?«
    Der Bibliothekar überlegte. »Ugh«, antwortete er.
    Mumm musterte ihn erstaunt. »Ach, tatsächlich?«

    A m nächsten Tag. Die langen Reihen der städtischen Würdenträger im Saal reichten von einer Wand bis zur anderen. Der Patrizier saß auf seinem schmucklosen Amtsstuhl, umgeben von den Mitgliedern des Rates. Alle Anwesenden trugen jenes erstarrte Lächeln zur Schau, das man nur bei offiziellen Anlässen sieht.
    Lady Sybil Käsedick hatte auf der einen Seite Platz genommen und trug einige Morgen schwarzen Samt. Der Käsedick-Familienschmuck glänzte an ihren Fingern, am Hals und zwischen den schwarzen Locken der heutigen Perücke. Sie erzielte damit eine beeindruckende Wirkung, sah im großen und ganzen aus wie eine glitzernde Kugel.
    Mumm führte die Männer der Nachtwache in die Mitte des Saals und stampfte mit dem rechten Fuß auf, als er stehenblieb. Den Helm trug er unter dem Arm, wie es die Vorschriften verlangten. Es hatte ihn erstaunt festzustellen, daß sogar Nobby an sein äußeres Erscheinungsbild dachte: Auf seinem Brustharnisch zeigte sich hier und dort ein Fleck aus schimmerndem Metall. Colon wirkte wie jemand, der an Verstopfung litt und gleichzeitig versuchte, einen vornehmen Eindruck zu erwecken. Karottes Rüstung
funkelte.
    Zum erstenmal in seinem Leben gelang es Colon, zackig zu salutieren.
    »Alle zur Stelle und bereit, Sör!« rief er.
    »Ausgezeichnet, Feldwebel«, erwidert Mumm kühl. Er wandte sich an den Patrizier und hob freundlich eine Braue.
    Lord Vetinari winkte kurz.
    »Steht lässig oder wie ihr Jungs das nennt«, sagte er. »Ich glaube, wir brauchen hier nicht so förmlich zu sein. Was meinst du, Hauptmann?«
    »Wie du wünschst«, entgegnete Mumm.
    »Nun, Männer…« Der Patrizier beugte sich vor. »Wir haben gehört, welche erstaunlichen Leistungen ihr vollbracht habt, um die Stadt zu verteidigen…«
    Mumm ließ seine Gedanken
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher