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VT10 - Tod im Blut

VT10 - Tod im Blut

Titel: VT10 - Tod im Blut
Autoren: Claudia Kern und Stephanie Seidel
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Dickhäuter konnten ganze Fuhren junger Bananenstauden ausreißen und verschleppen. Sie waren auch nicht ungefährlich. Doch seit die Bauern für den iFulentshi Korn anbauten und alles bejagten, was ihren Feldern zu nahe kam, gab es im Flachland kaum noch welche. Wer sie suchte, tat das in den Regenwäldern – und wer Efranten aus dem Weg gehen wollte, der blieb einfach im Tal. Warum also warnte die Geisterfrau vor ihnen?
    Adeyemo hätte sie gern gefragt, aber es war zu spät. Issa Maganga hockte reglos auf ihrem Platz; zusammengesunken, mit hängendem Kopf. Sie war eingeschlafen, hielt die Finger um etwas verkrallt.
    »Bayete«, grüßte Adeyemo. Leise nur, um die alte Frau nicht zu wecken. Dann verließ er das Baumhaus.
    Stille blieb zurück, Morgenröte und tanzender Staub. Von draußen drang das sanfte Klimpern der Windspiele herein.
    Irgendwo fern krähte ein Hahn.
    Lautlos und unbemerkt öffneten sich Issa Magangas schwarze Augen. Die Geisterfrau entspannte ihre Hand, und der letzte Voodoo-Fetisch fiel heraus. Klackernd rollte er über den Boden, blieb liegen, bebte schwach. Es war ein winziger Schädel aus Elfenbein.
    Das Zeichen des Todes…
    ***
    Hunger.
    Nahrung.
    Es war dunkel und still. Brauche Nahrung.
    Der Hunger wühlte grausam im Inneren der Kreatur. Das war schon immer so gewesen. Das Gefühl war… bekannt.
    Vertraut. Normal.
    Aber etwas war anders.
    Er öffnete die Augen. Es war nicht mehr dunkel. Er lag auf einem Gestell.
    Ein Bett, dachte die Kreatur, und versuchte das Gefühl der Fremdheit zu definieren. Nabuu. Ich… ich… bin Nabuu. Die Kreatur starrte die Wand an und stellte fest, dass sie… nein, er!
    Er hieß Nabuu… die Umgebung nicht kannte.
    Er spürte Beunruhigung. Doch es schien keine Gefahr zu geben.
    Unwillkürlich formte sich in seiner Kehle ein Wort. Hunger.
    Eine Gestalt kam auf ihn zu. Sie schien vage bekannt. Der Hunger wurde wieder größer und er… Nabuu!… wusste, diese Gestalt war die Antwort auf diesen Hunger.
    Die Gestalt blieb vor seinem Bett stehen.
    »Nabuu?«
    Er roch die Angst der Kreatur vor ihm. Das war gut. Doch der Gedanke nahm keine klare Form in seinem Kopf an; der Wunsch danach, Nahrung zu sich zu nehmen, war zu groß. Er wollte sich nur noch auf diese Gestalt vor ihm stürzen, doch er kam nicht so weit. Irgendetwas hielt ihn an dem Gestell, auf dem er lag, fest. Wütend zerrte er an den Fesseln.
    Die Gestalt, deren Furcht ihn nur noch rasender machte, kam näher auf ihn zu. Doch nicht nah genug. Das machte ihn noch wütender. Warum verweigerte sie ihm seine Nahrung? Er brüllte seinen Zorn hinaus und bemühte sich noch mehr, sich loszureißen. Doch da spürte er einen schmerzhaften Stich im Oberarm.
    Sein Toben wurde langsamer.
    Der Hunger ließ nach.
    Es wurde wieder dunkel.
    ***
    Einige Tage zuvor
    Die Vormittagssonne gewann schon spürbar an Kraft, als Adeyemo dem Wald ohne Namen entgegenlief. Er folgte dabei einem der vielen Wildpfade, die das Land der Banzulu durchzogen. In dieser Gegend gab es guten Weidegrund, mit Seen und Wasserlöchern, deren unterirdische Zuläufe Schmelzwasser des Kilmaaro in die Ebene transportierten.
    Auf diesem Weg gelangte es auch in den Dorfbrunnen von kwaBulawayo. Dort hatte Glele, die Frau des Ersten Jägers, Adeyemo angesprochen und ihn gebeten, nach ihrer vermissten Tochter zu suchen. Wie es aussah, hatte er inzwischen Nikalis Spur gefunden.
    Der Wildpfad las sich wie ein Gästebuch, denn seine heimlichen, scheuen Besucher hinterließen auf ihren Streifzügen durch die Dämmerung charakteristische Zeichen.
    Abdrücke von Hufen und Pfoten; manche alt und durch die Gluthitze langer Tage zu Stein verhärtet, andere noch frisch und leicht zu verwischen. Eine menschliche Fußspur überlagerte die Fährten. Sie führte nur in eine Richtung, also war jemand vor kurzem diesen Pfad entlang gelaufen und nicht zurückgekehrt. Adeyemo behielt die Spur im Blick, auch wenn seine Wachsamkeit der Umgebung galt. Irgendwo hier draußen lauerte das Böse!
    Der Banzulu hielt es für wahrscheinlich, dass die Hirnfresser von Kilmalie Menschen waren. Sicher, in den Regenwäldern lebten Zilverbacks (Berggorillas) ; riesige aggressive Burschen, die einen Mann zu Brei schlagen konnten – und es auch taten! Doch sie kamen gewöhnlich nicht ins Flachland herunter. Zilverbacks würden auch kein Massaker anrichten. Adeyemo tastete unwillkürlich nach seiner Machete, als ihn die Schreckensbilder wieder einholten.
    Männer, Frauen, Kinder…
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