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VT10 - Tod im Blut

VT10 - Tod im Blut

Titel: VT10 - Tod im Blut
Autoren: Claudia Kern und Stephanie Seidel
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der reifen Früchte wahrzunehmen. Verzweifelt kämpfte er sich vorwärts. Schnell!
    Nur weg hier!
    Sie wog fünf Kilo, wie die meisten anderen Früchte, und sie kam aus großer Höhe. Adeyemo spürte keinen Schmerz, als sie mit der Wucht eines Felsbrockens seine Wirbelsäule traf. Er wurde flach auf den Boden geschmettert. Die Speerspitze drang ihm vollends durch die Rippen, die Lunge, durch Fleisch und Haut. Sie kam auf dem Rücken wieder heraus. Doch da war noch immer kein Schmerz. Nicht der Geringste.
    Adeyemo wollte weiter kriechen, aber er fand seine Beine nicht. Irgendwie war kein Kontakt mehr da. Als hätten sie sich aufgelöst. Er wollte sich umdrehen, aufrichten, nach ihnen schauen. Doch es ging nicht. Sein Körper war wie tot.
    »Ich bin gelähmt!«, hauchte Adeyemo entsetzt. Wenigstens konnte er noch sprechen! Auch die Hände gehorchten ihm noch, und das war gut so, denn er musste damit die lästigen Dinger wegwischen, die mit tausend Füßchen über sein Gesicht krabbelten. Sie fielen zu Boden, rollten sich herum, kamen zurück. Adeyemo begann zu schreien, als er sie erkannte. Es waren Impisi-Ameisen. Er lag direkt über ihrem Bau.
    Impisi waren Allesfresser mit kräftigen Beißwerkzeugen.
    Was ihnen vor die Fühler kam, wurde in ihr unterirdisches Nest verschleppt, egal ob es lebte oder tot war. Große Beute zerschnitten sie einfach.
    Adeyemo schlug auf den Boden, wieder und wieder, um die Ameisen zu zerquetschen. Doch es nützte nichts. Im Gegenteil.
    Immer mehr von den bohnenlangen Insekten quollen aus der Erde, wahre Ströme, und sie krabbelten über ihre toten Verwandten auf Adeyemo zu.
    Irgendwann gab er auf. Er würde sterben, und nichts würde von ihm übrig bleiben, das begriff er jetzt. Tränen liefen ihm übers Gesicht, während er zusah, wie seine Hände und Arme schwarz wurden vor Ameisen. Schon begannen sie zu beißen.
    Sie schnitten Stücke aus seinem lebenden, blutenden Fleisch, und schleppten sie ab.
    Es war erstaunlich, welch schwere Lasten sie tragen konnten. Und sie waren ohne Furcht. Wie die Geisterfrau es vorhergesagt hatte.
    ***
    Erneut ließ die Dunkelheit nach.
    Nabuu schüttelte den Kopf. Warum nur wurde es so langsam hell?
    Und wo war er? Verwirrung machte sich in ihm breit. Das Denken war anstrengend, beinahe hätte er es aufgegeben, doch die Umgebung war vertraut. Auch wenn sie anders war als…
    ja, als in den vergangenen Albträumen. Er versuchte sich zu erinnern, doch das ließ er bald wieder. Es war zu anstrengend.
    Er wusste nur, dunkel war es gewesen, es hatte nur die Gier gegeben, nur die Gier nach Nahrung hatte existiert und die Wut darauf, dass es nie genug davon zu geben schien.
    Er versuchte zu sprechen, doch nur ein raues Krächzen war zu hören. Er hustete.
    Eine Frau trat neben sein Bett. Er schwieg eine Sekunde. Da waren neue Worte.
    Bett. Frau. Zimmer.
    Er befand sich in einem Zimmer. Er lag unter einer Decke.
    »Geht es dir besser, Nabuu?«
    Er hustete wieder, denn er hatte das Gefühl, dass ihm das Sprechen dann leichter fiel. »Wer… wer bist du?«
    »Ich bin Doktor Aksela. Eine Heilerin. Wir sind uns schon begegnet, vor ein paar Wochen in Wimereux. Erinnerst du dich?«
    »Aksela. Heilerin.« Die Worte verließen seinen Mund nur stockend. Er sah an sich herab und erschrak. Seine Haut hatte die sattdunkle Farbe verloren. Jetzt schien sie fleckig und graubraun. War er krank?
    Neben dem Bett stand eine Art Gestell, an dem ein durchsichtiger Beutel mit einer bläulichen Flüssigkeit hing.
    Von dort aus führte ein Schlauch direkt zu seinem Arm. Und in diesen hinein! Nabuu starrte ein paar Sekunden auf die Nadel, die in seinem Unterarm steckte, und versuchte zu verstehen, wozu die Vorrichtung diente. Das Gefühl des Denkens war unangenehm. Er versuchte mit der anderen Hand den Schlauch aus seinem Arm zu ziehen.
    Doch die… Heilerin hinderte ihn vorsichtig daran.
    »Das darfst du nicht. Du bist krank, verstehst du das?«
    »Bin krank«, lallte Nabuu.
    »Ja. Ein Gruh hat dich angesteckt.«
    »Gruh…« Gruh. Die Gruh waren schlecht. Er versuchte sich zu erinnern, warum sie schlecht waren, doch es fiel ihm nicht ein. Sie hatten Hunger und waren hässlich. Hässlich. Er dachte nach, doch dieses Wort hatte keine Bedeutung für ihn. Schon eher verständlich war der Begriff Hunger. Er hatte Hunger.
    »Hunger!«
    »Nabuu!« Die Heilerin setzte sich neben ihn auf das Bett.
    »Verstehst du mich? Du bist krank, Nabuu. Das Gruh-Gift breitet sich in deinem Körper aus und
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