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Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Titel: Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels
Autoren: Gear & Gear
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haben unsere Hausaufgaben gemacht. Wir verkaufen nur echte Stücke in Museumsqualität, keine Reproduktionen.
    Ihre Käufer werden das bestimmt zu schätzen wissen.«
    Die Verkäuferin hob eine Augenbraue, musterte die junge Frau abschätzend und betrachtete dann die Gegenstände mit geschultem Auge. »Meine Leute müssen diese Dinge natürlich erst sehen. Aber wenn sie einverstanden sind, dann können wir für diese erste Lieferung mit zehntausend anfangen.
    Voraussetzung dafür ist allerdings, dass wir die Alleinvertretung für den Rest Ihrer Sammlung bekommen.«

Dort ist ein Schatten
    Wahrlich, ich sage dir, die Quelle größter Wonne und Seligkeit des Lebens ist der Tod. Er ist unsere Seele.
    Hell und leuchtend.
    Ja, ich weiß, dein Leben lang hat man dich gelehrt, dass die Seele ein geheimnisvolles Wesen ist, das sich unter einem Umhang in einem Winkel deines Geistes verbirgt. Aber das ist eine Lüge.
    Tod ist Seele.
    Jedermann, der wahrhaft lebendig ist, weiß dies. In jedem Augenblick spürt er, dass der Tod aus seinen Augen starrt und beobachtet und ihn mahnt und ihn jeden Atemzug genießen lässt.
    Sonnenaufgänge sind wunderbar, denn der Tod kennt die Sonnenuntergänge. Der Frühling ist herrlich, weil der Tod den Winter kennt.
    Warum aber sehen nur so wenige von uns den Mörder in ihm?
    Denn die Schrecken der Welt sind die seinen. Der schwarze Abgrund, der uns fortwährend zu verschlingen droht, ist ein Teil von ihm.
    Er ist ein neugieriger Wanderer, der mit lautlosen Schritten durch die Leere schreitet. Seine Schreie sind stumm, sein Schmerz endet nicht.
    Wir alle werfen hie und da einen Blick auf ihn, wenn sein Schatten in uns umherschleicht, und dann befällt uns die Angst. Wir wissen, dass Schatten ohne Licht nicht existieren können.
    Schatten leben durch das Licht.
    Und abermals sage ich dir, mein Freund, der Tod ist unsere hell leuchtende Seele.
    Und die Seele wirft einen Schatten.
    Er ist immer da. Dunkel. Und Furcht erregend lebendig.
    Er starrt durch unsere Augen. Er bewegt sich, wenn wir uns bewegen. Er berührt, wen wir lieben.
    … Seien wir auf der Hut.

Eins
    Rote Schlinge blieb stehen. Die Palisaden gaben an dieser Stelle einen geschützten Einlass nach Flache Perle frei. Von hier aus konnten die Verteidiger aus der sicheren Deckung heraus angreifende Krieger beschießen. Rote Schlinge blickte unruhig in den Morgen und zögerte, zwischen den Palisaden hervorzutreten.
    Ich tue ja nichts Unrechtes, sagte sie sich immer wieder.
    Der Morgen graute, und Nebel schwebte wie ein Geist über dem ruhigen Wasser in der Bucht. Die Kanus zu ihrer Rechten unten am sandigen Anlegeplatz waren kaum zu erkennen, ihre Umrisse verschwammen im dichten Dunst. Oberhalb der Kanus lagen die Gärten jetzt brach, Mais und Bohnen waren schon geerntet, die Pflanzen kahl und welk. Hie und da standen einzelne strohgedeckte Häuser zwischen den Feldern. Aus den Rauchlöchern in den Dächern kräuselten sich blaue Rauchfahnen empor. Jenseits der Gärten, am Fuß der Baumbestandenen Hügelkette, gingen die stoppeligen Maisfelder in dichten Wald über.
    Rote Schlinge blickte nach Flache Perle zurück. Die Langhäuser, das Haus der Toten und die Lagerbauten standen schweigend in der Dämmerung; ihre runden Formen erinnerten sie an buckelige Ungeheuer.
    Der braunweiß gefleckte Hund von Großmutter Jagender Falke beobachtete sie mit gespitzten Ohren.
    Der Hund litt Schmerzen und hatte geschwollene Gelenke - er war genauso altersschwach wie seine Herrin. Er stolperte ein paar Schritte heran und betrachtete Rote Schlinge mit sanfter Neugier.
    Seltsam, dachte Rote Schlinge. An einem so kühlen Morgen hielt Jagender Falke den alten Hund sonst immer nahe am Bett. Warum lief der Hund hier draußen herum? Vielleicht erging es ihm ebenso wie den anderen Dorfbewohnern, und er war einfach gereizt und ungeduldig.
    Rote Schlinge überlegte, welchen Pfad sie nehmen sollte.
    Die Zeit wurde knapp. Sie hob den Kopf und lauschte. Von den Häusern hinter ihr drang kein Laut zu ihr, und auch aus dem dunstverhangenen Wald, der das Dorf und die Felder umgab, war kein Laut zu hören. Doch bald würden die Wintervögel zu singen beginnen, das Dorf würde erwachen, und die verehrten Gäste würden vor dem Aufbruch noch ein Frühstück bekommen.
    Die Gäste - nur ihr zu Ehren waren sie nach Flache Perle gekommen. Entschlossen biss sie die Zähne zusammen. Die endlosen Ermahnungen ihrer Großmutter hallten immer noch in ihren Ohren. Ehre!
    Pflicht!
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