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Vorstoß in die Schattenzone

Vorstoß in die Schattenzone

Titel: Vorstoß in die Schattenzone
Autoren: Ernst Vlcek
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genommen. Und er fragte sich plötzlich, ob beide auch ein so schreckliches Ende genommen hätten, wenn er damals zu ihnen gestanden hätte…
    Da war der Tisch mit dem unordentlichen Haufen abgegriffener Seekarten, dort der Waffenschrank. Durch die Reihe der buntbemalten Fenster im Hintergrund fiel Tageslicht und ließ die Farben des Glases förmlich sprühen. Die einzelnen Scherben vereinten sich zu einem Bild, das ein nordisches, herrschaftliches Paar zeigte. Eine junge Frau und einen Jüngling. Der Jüngling stellte Nigomir dar, die Frau die von ihm erdolchte Stiefschwester Karen. An Stelle ihres Kopfes war ein Loch im Fenster.
    »Ich frage mich, ob Nigomir allein an Bord ist«, sagte Mythor. »Wo ist seine Mannschaft geblieben? Wie könnte er allein dieses große Schiff steuern?«
    »Er braucht es nicht zu steuern, die Goldene Galeere fährt mit ihm auf einem vorbestimmten Kurs«, erwiderte Vangard. »Erst durch unsere Anwesenheit und Cherzoons heben die Kräfte einander auf…«
    »Ich weiß«, unterbrach Mythor ihn und winkte ab. Er legte den DRAGOMAE-Kristall auf den Kartentisch und entledigte sich dann auch des Sonnenschilds und des Helmes der Gerechten. »Was wolltest du mir erzählen, Vangard?«
    »Möchtest du wissen, woher ich stamme, Mythor?«
    »Du sagtest, aus dem tiefen Süden«, meinte Mythor nachdenklich. »Demnach also aus einem Land, das nunmehr zur Düsterzone gehört?«
    »Noch weiter im Süden«, sagte Vangard. »Du warst im Grabmal des Lichtboten und müsstest nun wissen, dass Gorgan nicht die ganze Welt ist; die Welt geht hinter dem Ring der Schattenzone weiter.«
    Mythor sah wieder die Welt als Kugel, die von dem Ring der Schattenzone in zwei Hälften geteilt wurde, wie es ihm am Grabmal des Lichtboten gezeigt worden war.
    »Von dort stammst du?«
    »Ja.« Vangard machte eine bedeutungsvolle Pause, bevor er fortfuhr: »Ich habe dir verraten, dass ich in meinem Land ein angesehener Magier war. Ich habe durch meine Kunst viel dazu beigetragen, dass die dämonischen Mächte auf unsere Welt keinen Einfluss nehmen konnten. Doch das ist lange her… und wer weiß, wie es heute aussieht. Wie auch immer, durch die Abwehr der Dunkelmächte von unserer Hälfte der Welt habe ich ungewollt dazu beigetragen, dass sie sich auf der Nordwelt ausbreiteten. Als ich das, reichlich spät, wie ich zugeben muss, erkannte, da wollte ich meinen Fehler wiedergutmachen. Ich bestieg ein Luftschiff und flog durch die Schattenzone nach Gorgan. Die Dunkelmächte konnten mir nichts anhaben, doch klingt es wie ein Hohn des Schicksals, dass ich an den Splittern des Lichtes Schiffbruch erlitt. Ich konnte nicht viel mehr als einige Wrackteile retten, die ich zur Erinnerung an meine Heimat behielt. Ebenso wie die Pläne für den Bau eines Luftschiffs, das mich eines Tages zurückbringen sollte. Aber das zählt nun nicht mehr.
    Unter dem wenigen, das ich besaß, war auch das Bildnis von Fronja, der Tochter des Kometen…«
    »Fronja!« rief Mythor schuldbewusst aus, als er nun an sie erinnert wurde und erkannte, wie lange er schon nicht mehr ihrer gedacht hatte. Er ergriff den kleinen Magier an den dünnen Oberarmen und verlangte: »Du musst mir alles über sie erzählen, was du weißt. Halte mich nicht mehr länger hin.«
    »Gemach«, sagte Vangard. »Fronja ist für die Südwelt das, was für die nördliche Hälfte der Sohn des Kometen ist – aber eigentlich sogar noch viel mehr. Während in Gorgan der Sohn des Kometen nur eine Legende war, so war Fronja ein Wesen aus Fleisch und Blut. Machenschaften, wie sie sich die Großen zuschulden kommen ließen, wären auf unserer Welt nicht möglich gewesen.«
    »Und wo ist Fronja?« fragte Mythor. »Welches Leben führt sie? Wie kann man zu ihr gelangen?«
    »Sie ist das bestgehütete Lebewesen der Südwelt«, antwortete Vangard. »Und dennoch bin ich in Sorge um ihre Sicherheit. Das bin ich schon seit damals, als mir der Steinmann über deine Erlebnisse in der Verbotenen Stadt Lo-Nunga berichtete.«
    »Du meinst, meinen Kampf gegen den Dhuannin-Deddeth, der meinen Körper haben wollte?« fragte Mythor. »Aber was hat das mit Fronja zu tun?«
    »Du hast damals den Dhuannin-Deddeth trotz der Hilfe durch die vergeistigten Rafher nicht vernichten können«, erklärte Vangard. »Er entschwand – und gleichzeitig erlosch auch Fronjas Bildnis auf deiner Brust. Es wurde dir aus dem Körper gerissen, und zurück blieben nur Narben.«
    »Du meinst…« Mythor vermochte den Satz nicht zu
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