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Vorstoß in die Schattenzone

Vorstoß in die Schattenzone

Titel: Vorstoß in die Schattenzone
Autoren: Ernst Vlcek
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in den Untergang…«
    Die letzten Worte wurden vom Wind zerrissen, der Druck an Mythors Arm gab nach. Als er in Vangards Richtung blickte, sah er, wie der kleine Magier fortgewirbelt wurde.
    »Fronja!« Diesen Namen verstand Mythor noch ganz deutlich, bevor Vangard in die Fluten stürzte und von ihnen verschlungen wurde.
    *
    Die Goldene Galeere krachte und knarrte, als könne sie jeden Augenblick auseinanderbrechen. »Prinz Nigomir!« erscholl es nun vom Bug.
    »Prinz Nigomir!« rief der Dämon Cherzoon lauter aus Drudins Mund. »Du kannst alles haben. Deine Freiheit! Dein Leben! Alle Reichtümer der Nordwelt. Gorgan könnte dir gehören – wenn du zu meinen Gunsten entscheidest.«
    Dieser fast flehentliche Aufruf des Dämons führte Mythor deutlich vor Augen, dass Nigomir tatsächlich die Macht hatte, ihnen die Rettung oder den Untergang zu bringen.
    Mythor kämpfte sich mit übermenschlicher Anstrengung die Treppe zum Heck empor. Das Geländer barst und wurde von einem orkanartigen Windstoß weggerissen, als wäre es ein Stück Leinen. Mythor lehnte sich auf die andere Seite.
    Da sprang Prinz Nigomir vom gebrochenen Seitenruder und kam mit ausgebreiteten Armen auf ihn zu. Er umarmte Mythor und drückte ihn an sich.
    »Mein Freund, lass uns zusammen hinabsinken zum Grund der Welt und in ein neues, besseres Dasein aufsteigen.«
    Mythor wollte sich von dem Verdammten losreißen, aber dieser entwickelte auf einmal übermenschliche Kräfte und klammerte sich wie mit einem Dutzend Fangarmen an ihn.
    In diesem Augenblick brach die Goldene Galeere auseinander. Mythor hing immer noch in Nigomirs Griff, als er den Halt verlor und ins Wasser eintauchte.
    Er sank in eine Welt der Stille und des Friedens. Hier unten war nichts mehr vorn Toben der Elemente zu merken. Mythor war, als schwebe er. Rings um sich sah er die Wrackteile sinken und manche von ihnen nach einiger Zeit wieder nach oben treiben.
    Nigomirs Seekarten segelten wie Quallen vorbei. Die Ankerkette entrollte sich unter dem Gewicht des absackenden Ballasts. Bunte Glassplitter umtanzten ihn wie Schmetterlinge.
    Drudin nahm nahe ihm denselben Weg, wurde kleiner und schrumpfte, was nur bedeuten konnte, dass er endgültig in seinen Dämon einging. Aber es schien Mythor auch, als würde sich das knorrige Ding, das einmal der oberste Dämonenpriester der Caer gewesen war, voll Wasser saugen und aufquellen.
    Mythor versuchte sich Nigomirs Umklammerung zu entwinden. Dabei verlor er den Helm der Gerechten, wollte nach ihm greifen und wurde sich bewusst, dass er den DRAGOMAE-Kristall längst nicht mehr hatte.
    Da breitete Nigomir die Arme aus, so dass Mythor loskam. Es schien, als wolle der Verdammte das Meer umarmen, das ihn verschlang, und als spreche er zu ihm, denn er öffnete weit den Mund und bewegte die Lippen – allerdings ohne eine einzige Luftblase von sich zu geben. Er war schon tot, obwohl sein Körper noch die Kraft besessen hatte, sein Opfer festzuhalten.
    Mythor spürte, wie ihm die Luft knapp wurde, und strampelte mit den Beinen, um nach oben zu gelangen. Gleichzeitig streifte er den Sonnenschild ab, der ihm doch nur hinderlich war.
    Was nützten ihm das Gläserne Schwert Alton, der Sternenbogen und Mondköcher im Kampf gegen das nasse Element? Um zu überleben, musste er sich dieses hinderlichen Ballastes entledigen. Er tat es und war nun endlich frei in seiner Bewegung, als etwas Dunkles an ihm vorbei in die Tiefe sank.
    Es war der Schwarzstein aus stong-nil-lumen, in dem der Dämon Cherzoon sich eingenistet hatte, der, sich überschlagend, an ihm vorbei zum Grund des Meeres sank. Mythor glaubte in dem dunklen Gestein eine Reihe von Gesichtern zu sehen, die einander in rascher Folge abwechselten, aber alle die gleiche Verzweiflung zeigten.
    Der Dämon würde dort unten nicht den Tod finden, aber für lange, lange im nassen Grab ruhen, hoffentlich für eine Ewigkeit. Er würde zum Wächter der Waffen des Lichtboten werden…
    Mythor tauchte aus dem Wasser auf und schnappte gierig nach Luft, sank zurück und schluckte Wasser, kämpfte sich wieder an die Oberfläche und atmete in raschen Zügen, bis sich seine Benommenheit gelegt hatte.
    Um ihn trieben Wrackteile der Goldenen Galeere. Er schwamm mit einigen kräftigen Stößen zu einem Balken, an dem noch einige Planken hingen, und klammerte sich erschöpft daran fest. Dann erst hielt er Ausschau in der schwachen Hoffnung, irgendwo Vangards Körper treiben zu sehen. Er entdeckte ihn nicht. Er war der
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