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Vorsicht, Zickenzone

Vorsicht, Zickenzone

Titel: Vorsicht, Zickenzone
Autoren: Christine Koller , Claudia Rieß
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abbekommen, berichtete sie mir. Als Vertreterin der These, Kindern möglichst viele Freiheiten einzuräumen und sie so lange wie möglich Kind sein zu lassen, bekam sie von anderen oft eins auf den Deckel mit Aussagen wie: »Na, du lässt dir ja von deinen Mädels ganz schön auf der Nase rumtanzen!« oder »Wie, die spielen nur? Müssen die dich nicht im Haus unterstützen? Die frechen Gören sollen mal lernen, was es heißt, Verantwortung zu übernehmen!«
    Aber natürlich gab es auch damals echte, wahre Frauenfreundschaft. Ohne Gezicke. Mit Unterstützung und vielen offenen Ohren. Und auch heute noch tauschen sich diese Mütter über Freud und Leid ihrer Kinder und Enkelkinder aus. Sie dienen als Feedbackschleife für die andere und kennen in ihren Runden eines nicht: Zickenkriege.

Tatort »Kindergarten«

Meine Freunde, deine Freunde!
    Â» D ie Demokratie darf nicht so weit gehen, dass in der Familie darüber abgestimmt wird, wer der Vater ist«, sagte unser ehemaliger Kanzler Willy Brandt einmal. Doch genau das spielt sich zurzeit in deutschen Familien ab: Mitbestimmung der Kleinsten auf allen Ebenen, sobald sie die ersten Worte sprechen können (siehe auch »Die große Verunsicherung«). Die Zeiten, in denen Eltern die Richtung vorgaben und Kinder mitgemacht haben, ohne alles zu hinterfragen, sind vorbei. Entscheidungen werden nicht mehr zu zweit getroffen, sondern ausnahmslos im Familienverbund, mit Handzeichen und Mehrheitsvotum. Vor allem wir Mamas wollen uns absichern, daher wird jedes noch so kleine Detail bis ins Letzte diskutiert: Möchte der Kleine lieber die langen oder die kurzen Nudeln? Die Unterhose mit den Streifen oder die mit dem Feuerwehrauto? Sollen wir die Hausaufgaben erst machen und danach spielen – oder umgekehrt?
    Â»Die autoritäre Erziehung wurde im Zuge der Emanzipation durch eine aufgeweichte Kuschelpädagogik ausgetauscht, bei der das Kind vom ersten Tag an gruppendynamisch mitdiskutieren und sich frei entfalten darf, während die Mutter hechelnd hinterherdackelt«, schreibt Cornelie Kister in ihrem Buch Mütter, euer Feind ist weiblich . Alles wird besprochen, abgewogen, verhandelt, erklärt – bis unseren Kids die Ohren glühen. Nur in einem Punkt verstehen wir keinen Spaß. Da ist es vorbei mit der Demokratie. Vorbei mit der Selbstbestimmung, die sonst von Pädagogen und Erziehungswissenschaftlern so dringend gefordert wird: bei der Wahl der Freunde. Schließlich müssen wir uns stundenlang auf den Spielplätzen unterhalten oder, noch schlimmer, in stickigen Wohnungen sitzen, in denen wir vielleicht aufgebrühten Filterkaffee trinken statt unseren gewohnten »Café-Latte«. Das geht zu weit, da wollen wir schon selbst entscheiden, mit wem wir unsere Zeit vergeuden. Und vor allem: mit wem unser Kind Umgang hat. Klingt altmodisch? Entspricht aber der traurigen Wahrheit. Bei mir fing es im Kindergarten an: Mein Sohn war glücklich, dass sein alter Krippen-Kumpel mit ihm in denselben Kindergarten kam. Die Jungs verstanden sich prächtig, sie wohnten nur ein paar Schritte voneinander entfernt und ich hatte mit der Mutter keine Probleme. Sie allerdings mit mir. Um es auf den Punkt zu bringen, machte sie mir folgende Dinge zum Vorwurf: Ich hatte nach der Geburt meines zweiten Kindes mein normales Gewicht schnell wieder erreicht (mit Sport und freundlichen Genen!). Mein Mann kam nachmittags früh nach Hause (er steckte zu der Zeit mitten in einem Jobwechsel und arbeitete seinen Resturlaub mit einem früheren Feierabend ab). Unsere Wohnung war für ihren Geschmack zu groß und zu aufgeräumt. Wir hatten eine Putzfrau. Mit anderen Worten: Ich besaß genau die Dinge, die sie wollte, aber momentan nicht bekam. Bemerkbar machte sich das daran, dass sie jeden zweiten Satz mit »Hast du es gut« anfing.
    Sollte ich mich permanent schuldig fühlen? Dass bei uns nicht immer alles glatt lief, meine Kinder oft dreimal nachts aufwachten, sich wochenlang nur von Nudeln mit Butter und Gummischlangen ernährten, meine Schwiegermutter sehr krank war – all das blendete sie einfach aus. Von einem Zusammenhalt unter Müttern, einer gegenseitigen Unterstützung keine Spur. Stattdessen Gestänker und Gezicke, wo es nur ging. Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass ich dieselben Probleme wie sie hatte. Auch ich wollte doch nur mit jemandem Tricks austauschen, wie man
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