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Vorsicht, Zickenzone

Vorsicht, Zickenzone

Titel: Vorsicht, Zickenzone
Autoren: Christine Koller , Claudia Rieß
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rief mir über die Absperrung zu: »Kannst du bitte deine Kinder wieder zurückholen, das ist doch hier kein öffentlicher Spielplatz!«
    Wir duzen uns seit einem gemütlichen Schluck Birnenschnaps über den Gartenzaun an einem lauen Sommerabend. Ihre Kinder steigen öfter über den Zaun, fast unbemerkt, und brechen ein paar Zweige von unseren Büschen ab, um daraus Pfeil und Bogen zu basteln. Das finde ich nicht schlimm, Kinder sollten so etwas dürfen. Das wird nicht gepetzt, wo kommen wir denn da hin. Auch zum Spielen sind die Kinder von nebenan schon manchmal zu uns rübergeklettert. Heimlich, ohne große Einladung vorher. Das war kein Problem für mich, nur einmal sollte mein Sohn noch schnell seine Hausaufgaben fertig machen. Das haben die Kinder schnell besprochen, unter sich, und damit war die Sache geregelt und niemand vor den Kopf gestoßen. Warum aber dieser raue Ton? Es ging hier um eine Runde Trampolinspringen, um das Dulden anderer Kinder auf dem eigenen Grün für rund 15 Minuten, um jede Menge Spaß auf allen Seiten! Was war daran verkehrt?
    Auch an einen anderen Vormittag erinnere ich mich noch genau. Wir Eltern wollten kurz zum Einkaufen und die Kinder hatten wie immer keine große Lust auf eine Rundreise durchs Sortiment von »Kaiser’s Tengelmann«. Also fragte ich freundlich die Nachbarsmama, ob meine zwei Jungs kurz zu ihnen zum Spielen dürften.
    Â»Ja, klar«, kam die unerwartet offene, freundliche und prompte Antwort. Alle Kinder waren glücklich und wollten zusammen ein Zelt aus Stöcken bauen. Ich steuerte vorher noch eine Tüte Kekse für die hungrigen Bauarbeiter dazu. Als wir nach einer knappen Stunde zurückkamen, es war gegen 11:30 Uhr, saßen unsere Söhne alleine auf unserer Terrasse. Drüben, einmal über den Zaun, saßen unsere Nachbarn in trauter Runde beim Mittagessen. Was war passiert? Gab es Streit? Hatten sich meine Jungs schlecht benommen? Ich stellte meine Männer zur Rede. Nichts von all dem war passiert, die Jungs wurden nur nachdrücklich gebeten, das Essens-Feld zu räumen – nach dem Motto: Eure hungrigen Mäuler kann ich nicht auch noch stopfen. Pünktlich zur deutschen Mittagessen-Stunde wurde hübsch eingedeckt und mächtig aufgetischt. Ja, die Landluft macht eben hungrig. Statt einer Einladung auf ein Butterbrot und ein Glas Sprudel erhielten meine Söhne die prompte Aufforderung, sich doch bitte auf ihr eigenes Grundstück zurückzuziehen. Schließlich ist doch jetzt Mittagszeit, da werden die Eltern schon bald heimkommen. Das taten sie auch – und erhielten Blicke, die signalisierten: Pech gehabt, hättet ja früher kommen können. Oder wie verlottert macht ihr das in der Big City?

War früher alles besser?
    B eim Recherchieren und Schreiben dieses Buches zwang sich mir unweigerlich diese Frage auf und ich rief meine Mutter an. »Sag mal, wie war das denn unter euch Mamas, so vor 40 Jahren? Gab’s da auch schon Zicken?«
    Und sofort sprudelte es aus ihr heraus: »Na, Zicken gibt es wohl schon, seit es Frauen und Männer gibt«.
    Als meine Eltern kurz nach der Geburt meiner Schwester und mir umzogen und meine Mutter auf der Suche nach Spielkameraden für uns Mädels von Spielplatz zu Spielplatz schlich, erging es ihr ähnlich wie mir heute: abschätzende Blicke, Grüppchenbildung, kaum ein Wort wurde mit der »Fremden« gewechselt. Und mit Vorsicht beobachteten die umstehenden Erzeugerinnen, ob sich die neuen Kinder nicht zu nah an die eigenen wagten.
    Â»Wir lebten ja nicht hinter dem Mond, lasen Brigitte und wollten uns nach dem neusten Trend kleiden. Und auch damals gab es das Spiel mit dem Einordnen und Dazugehören – zu den anderen Mamas. Das war dann der Freifahrtschein für den Zutritt und Eintritt der eigenen Kinder in die neue, fröhliche Kinderrunde. Mir gelang das nicht immer, ich passte nirgends so recht dazu. Aber geschadet hat es weder mir noch euch«, hörte ich von meiner Mama.
    Â»Und die Besserwisserinnen?«, wollte ich wissen.
    Â»Das waren unter den Eltern schon damals ganz klar die Mütter. Von Papas hast du weder was gesehen noch gehört. Dafür wussten die Mamas schon zu meiner Zeit ganz genau, was richtig und falsch ist für alle Kinder dieser Welt«, erklärte sie mir.
    Und schon damals taten sie ihr umfangreiches Wissen lauthals kund. Meine Mutter hat dabei oft ihr Fett
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