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Vorkosigan 10 Grenzen der Unendlichkeit

Vorkosigan 10 Grenzen der Unendlichkeit

Titel: Vorkosigan 10 Grenzen der Unendlichkeit
Autoren: Lois McMaster Bujold
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dem Grab des alten Mannes reichten. Schließlich hatte er sich für diese private und traditionelle Zeremonie entschieden, ganz nach alter Sitte. Genau zwischen den beiden Extremen.
    »Also, Großvater«, murmelte er zuletzt. »Da sind wir nun endlich. Bist du jetzt zufrieden?«
    All das Chaos der Abschlußzeremonien, die jetzt hinter ihm lagen, all die verrückten Anstrengungen der letzten drei Jahre, aller Schmerz liefen auf diesen Punkt zu; aber das Grab sprach nicht, sagte nicht: Gut gemacht, du kannst jetzt aufhören. Die Asche gab keine Botschaft von sich, im aufsteigenden Rauch erschien keine Vision. Das Zeug in dem Feuerbecken brannte allzu schnell nieder.
    Vielleicht war es nicht genug gewesen.
    Er stand auf und staubte die Knie ab, schweigend im Sonnenschein. Was hatte er denn erwartet? Beifall? Warum war er hier, letztendlich? Um die Träume eines alten Mannes zu Ende zu
    träumen – wem diente sein Dienst wirklich? Großvater? Ihm selbst?
    Dem bleichen Kaiser Gregor? Wen kümmerte das?
    »Nun, alter Mann«, flüsterte er, dann schrie er: »BIST DU
    ENDLICH ZUFRIEDEN?« Das Echo hallte von den Steinen.
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    Hinter ihm räusperte sich jemand. Miles wirbelte herum wie eine Katze, die sich verbrüht hatte. Sein Herz pochte.
    »Ah … Mylord?« sagte Pym vorsichtig. »Verzeihen Sie, ich
    hatte nicht vor, Sie bei … irgendwas zu unterbrechen. Aber Ihr Vater, der Herr Graf, möchte, daß Sie ihm Gesellschaft leisten, oben im Pavillon.«
    Pyms Gesicht war vollkommen ausdruckslos. Miles schluckte
    und wartete darauf, daß die scharlachrote Hitze nachließ, die er im Gesicht spürte. »Ja, danke«, sagte er mit einem Achselzucken.
    »Das Feuer ist fast aus. Ich werde später aufräumen. Lassen Sie es … niemand anderen anrühren.«
    Er marschierte an Pym vorbei und blickte nicht zurück.
    Der Pavillon war ein einfaches Bauwerk aus verwittertem silbergrauem Holz, nach allen vier Seiten offen, um die Brisen einzufangen – an diesem Morgen einige schwache Windstöße aus dem Westen. Am Nachmittag würde man vielleicht auf dem See gut segeln können. Von dem kostbaren Heimaturlaub waren nur noch zehn Tage übrig, und Miles wollte noch soviel tun, unter anderem mit seinem Cousin Ivan nach Vorbarr Sultana fahren, um dort seinen neuen Leichtflieger auszusuchen. Und dann würde er erfahren, wohin seine erste Abkommandierung ihn führte – zum Dienst auf einem Raumschiff, betete er insgeheim. Er hatte die große Versuchung unterdrücken müssen, seinen Vater zu bitten, er solle sicherstellen, daß es Schiffsdienst war. Er würde jede Stelle annehmen, die ihm das Schicksal zuteilte, das war die erste Regel des Spiels. Und er würde mit dem Blatt gewinnen, das man ihm gab.
    Nach dem hellen Sonnenlicht draußen war es im Pavillon schattig und kühl. Hier standen bequeme alte Sessel und Tische, von denen einer die Überreste eines noblen Frühstücks trug. Miles wählte sich in Gedanken zwei einsame Ölkuchen aus, die auf einem mit Krümeln übersäten Tablett lagen. Seine Mutter hielt 25
    noch eine Tasse in der Hand und lächelte ihm über den Tisch hinweg zu.
    Miles’ Vater saß in einem abgenutzten Armsessel, leger gekleidet in Shorts und einem Hemd mit offenem Kragen. Aral Vorkosigan war ein kräftiger, grauhaariger Mann mit einem schweren Kinn, buschigen Augenbrauen und einer Narbe im Gesicht. Ein Gesicht, das sich für grimmige Karikaturen anbot – Miles hatte einige davon gesehen, in der Presse der Opposition, in den historischen Berichten über die Feinde von Barrayar. Man mußte nur eine einzige Linie zeichnen, um diese scharfen durchdringenden Augen als stumpf darzustellen und so die allgemeine Parodie eines Militärdiktators zu schaffen.
    Und wie sehr wird er von Großvater heimgesucht? fragte sich Miles. Er zeigt es nicht sonderlich. Aber schließlich muß er auch nicht. Admiral Aral Vorkosigan, Meisterstratege im Weltraum, Eroberer von Komarr, Held von Escobar, sechzehn Jahre lang Kaiserlicher Regent und oberste Macht in Barrayar, außer dem Titel nach. Und dann hatte er allem noch die Krone aufgesetzt, hatte die Historiker und alle selbstsicheren Zeugen widerlegt und noch mehr Ehre und Ruhm aufgehäuft als zuvor, indem er freiwillig zurückgetreten war und Kaiser Gregor bei dessen Volljährigkeit die Befehlsgewalt übergeben hatte. Natürlich hatte der Posten des Premierministers den Rücktritt vom Amt des Regenten bestens vorbereitet, und er zeigte noch keinerlei Anzeichen, daß er auch von diesem Amt
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