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Vorkosigan 10 Grenzen der Unendlichkeit

Vorkosigan 10 Grenzen der Unendlichkeit

Titel: Vorkosigan 10 Grenzen der Unendlichkeit
Autoren: Lois McMaster Bujold
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überlegte, ob der Mann vielleicht auf die Idee verfallen wäre, sie einer Leibesvisitation zu unterziehen, wenn seine Anwesenheit ihn nicht daran gehindert hätte. Der Wächter demonstrierte ausgiebig, wie wach19
    sam, gewissenhaft und loyal er war, schließlich öffnete er das Torschloß, gab die Transaktion zusammen mit der Netzhautaufnahme der Frau in den Computer ein, trat zur Seite und nahm in ziemlich pointierter Grundstellung Haltung an. Miles mußte grinsen über diesen stummen Kommentar, dann führte er die ungepflegt wirkende Frau durch das Tor und die gebogene Auffahrt hinauf.
    Bei der ersten Gelegenheit zuckte sie vor seiner Berührung zurück, machte jedoch immer noch keine abergläubische Geste, sondern beäugte ihn mit einer eigenartigen und hungrigen Neugier.
    Es hatte einmal eine Zeit gegeben, da hätte er über eine so offen zur Schau gestellte, angewiderte Faszination ob der Eigentümlichkeiten seines Körpers mit den Zähnen geknirscht; jetzt konnte er sie mit einer gelassenen Amüsiertheit hinnehmen, in die nur wenig Bitterkeit gemischt war. Sie würden es lernen, sie alle.
    Sie würden es lernen.
    »Dienen Sie Graf Vorkosigan, Kleiner?«, fragte sie vorsichtig.
    Miles dachte einen Augenblick lang nach. »Ja«, antwortete er schließlich. Die Antwort stimmte, alles in allem, auf jeder Bedeutungsebene, außer auf der, nach der die Frau gefragt hatte. Er unterdrückte die Versuchung, ihr zu sagen, er sei der Hofnarr.
    Nach ihrem Aussehen zu schließen, waren ihre Probleme viel schlimmer als seine eigenen.
    Trotz ihrer hartnäckigen Entschlossenheit am Tor hatte sie offensichtlich nicht ganz geglaubt, daß ihr Gerechtigkeit widerfahren würde, denn als sie jetzt ungehindert ihrem Ziel entgegenstiegen, ließ eine aufsteigende Panik ihr Gesicht noch mehr in die Länge gehen und noch mehr erbleichen. »Wie… wie rede ich ihn an?« keuchte sie. »Soll ich einen Knicks machen…?« Sie blickte an sich hinab, als würde sie sich zum erstenmal bewußt, wie schmutzig, verschwitzt und verwahrlost sie aussah.
    Miles unterdrückte den Wunsch, sie an der Nase herumzuführen und zu sagen: Knien Sie nieder und schlagen Sie Ihre Stirn dreimal auf den Boden, bevor Sie sprechen, so macht es der Generalstab; statt dessen sagte er: »Stellen Sie sich einfach aufrecht hin und 20
    sagen Sie die Wahrheit. Versuchen Sie, sich klar auszudrücken. Er wird Ihnen glauben. Schließlich«, Miles Lippen zuckten, »fehlt es ihm nicht an Erfahrung.«
    Sie schluckte.
    Vor hundert Jahren war der Sommersitz der Vorkosigans eine Wachkaserne gewesen, Teil der Außenbefestigungen der großen Burg auf dem Felsen über dem Dorf Vorkosigan Surleau. Die Burg war jetzt eine ausgebrannte Ruine, und die Kaserne war in ein komfortables, niedriges Wohnhaus aus Stein umgebaut worden, mehrfach modernisiert, mit einer kunstvollen Gartenlandschaft, umgeben von leuchtenden Blumen.
    Die Schießscharten waren zu großen Glasfenstern erweitert
    worden, die auf den See hinausgingen; auf dem Dach ragten Antennen auf. Verborgen zwischen den Bäumen am Fuß des Abhangs gab es eine neue Wachkaserne, aber sie hatte keine Schießscharten.
    Als Miles mit der seltsamen Frau im Schlepptau sich der Residenz näherte, kam ein Mann in der braunsilbernen Livree der persönlichen Gefolgsmänner des Grafen aus der Vordertür. Es war der neue Mann. Wie war sein Name? Ach ja, Pym.
    »Wo ist der Herr Graf?«, fragte Miles ihn.
    »Im oberen Pavillon, er nimmt mit Mylady das Frühstück ein.«
    Pym warf der Frau einen Blick zu und wartete in einer Haltung höflicher Neugier auf eine Erklärung.
    »Ach so. Nun, diese Frau hier ist vier Tage gegangen, um beim Bezirksrichter einen Einspruch einzulegen. Der Richter ist nicht hier, aber der Graf, und deshalb hat sie jetzt vor, die Mittelsmänner zu übergehen und sich direkt an die Spitze zu wenden. Mir gefällt ihre Art. Bringen Sie sie hinauf, ja?«
    »Während des Frühstücks? « , sagte Pym.
    Miles reckte den Kopf in Richtung der Frau. »Haben Sie schon gefrühstückt?«
21
    Sie schüttelte stumm den Kopf.
    »Das habe ich mir doch gedacht.« Miles drehte die Handflächen nach außen und übergab die Frau symbolisch dem Gefolgsmann.
    »Jetzt, ja.«
    »Mein Vater ist im Miltärdienst gestorben«, wiederholte sie schwach. »Es ist mein Recht.« Dieser Satz schien jetzt sie selbst ebenso sehr zu überzeugen wie alle anderen.
    Wenn auch Pym nicht aus den Bergen stammte, so war er doch im Bezirk geboren. »So ist es«, seufzte
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