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Vorhofflimmern

Vorhofflimmern

Titel: Vorhofflimmern
Autoren: Johanna Danninger
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„Und, du solltest duschen
gehen.“
    Okay, das war jetzt peinlich. Aber es wirkte!
    Wie der Blitz verschwand ich im Badezimmer.
     
    Kurze Zeit später saßen wir uns
gegenüber im Café Scarlett und hatten beide einen riesigen Cheeseburger vor
uns.
    Ich fühlte mich ein wenig seltsam, so als wäre ich nach einer
heftigen Grippe das erste Mal wieder draußen. Irgendwie stimmte das ja auch.
    Franks Bitte, mich ihm gegenüber zu verhalten wie immer, war
leicht zu erfüllen. Die meiste Zeit war es, als hätte nie etwas zwischen uns
gestanden. Wir unterhielten uns prächtig über meist belanglose Dinge und ich
konnte sogar wieder richtig lachen, obwohl ich das niemals für möglich gehalten
hätte. Nur ab und zu glaubte ich ein schmerzerfülltes Aufleuchten in seinen
Augen zu erkennen, wenn er mich ansah. Allerdings waren diese Momente genauso
schnell wieder vorbei, wie sie gekommen waren, darum war ich mir hinterher nie
sicher, ob ich mir das vielleicht nur eingebildet hatte.
    Im Scarlett herrschte reger Betrieb und das erinnerte mich
daran, dass das Leben außerhalb meiner Wohnung fröhlich weiter ging. Draußen
war es mehr als herbstlich, mit nasskaltem Wind und wolkenverhangenem Himmel,
darum drängten sich viele hier herein, um sich nach einem Sonntagsspaziergang
durch die Stadt ein wenig aufzuwärmen. Wir hatten einen kleinen Tisch gleich in
der Nähe des Eingangs ergattert, was kein sehr beliebtes Plätzchen war, weil
jedes Mal, wenn die Tür aufging, ein eisiger Zug an uns vorbeiwehte.
    Trotzdem genoss ich den kleinen Ausflug mit Frank sehr. Das
dauernde Gemurmel der anderen Gäste beruhigte mich irgendwie und es tat gut,
einfach mal wieder so zu tun, als wäre alles in bester Ordnung. Außerdem war
ich kurz vor dem verhungern gestanden, ohne es zu bemerken.
    Zufrieden kreuzte ich meine Hände über meinem gefüllten Bauch
und lauschte Franks Meinung bezüglich eines neuen Industriegebiets der Stadt.
    „Ich weiß aus sicherer Quelle, dass bereits zwei große
Geschäfte wegen eines Bauplatzes angefragt haben, aber die Schlaumeier von der
Gemeinde wollen keinen Einzelhandel dort. Ja, was wollen sie denn? Glauben die,
dass irgendeine wichtige Fertigungsfirma hierher baut, wenn es nicht einmal
eine Autobahn in der Nähe gibt?“
    Ich fand es toll, wie Frank sich über solche Dinge aufregen
konnte. „Du solltest dich nächstes Jahr für die Gemeinderatswahl aufstellen
lassen“, schlug ich schmunzelnd vor.
    „Weißt du was? Genau das werde ich tun!“ Er klatschte in die
Hände. „Dann werde ich den alten Deppen einmal gehörig in den Arsch treten!“
    „Darf ich deine Wahlkampagne leiten?“
    „Sehr gerne.“
    Ich kicherte ausgelassen. „Oh ja! Wir machen Flyer und so
kleine Buttons mit deinem Gesicht drauf. Und du brauchst einen Slogan. Sowas
wie: Keine Macht den alten Säcken!“
    Er nickte zustimmend. „Das hört sich doch schon mal nicht
schlecht an.“
    Während ich noch über einen erneuten Spruch nachdachte, wurde
Frank von etwas hinter meinem Rücken abgelenkt.
    „Dein Doc ist hier“, sagte er leise.
    Ich verlor augenblicklich sämtliche Farbe aus meinem Gesicht.
„Was?“
    „Ruhig bleiben, Lena. Er kommt auf die Tür zu, aber er hat
uns noch nicht gesehen.“
    Verkrampft hielt ich mich an der Tischplatte fest, damit ich
nicht in Versuchung kam, mich zu ihm umzudrehen.
    „Willst du mit ihm sprechen?“, fragte Frank.
    „Ich kann nicht“, flüsterte ich heiser.
    Mein entsetztes Gesicht schien ihn zu überzeugen. „Okay.“
    Er tat so, als müsste er sich am Kopf kratzen und verbarg
somit erfolgreich sein Antlitz. Ich spürte die Kälte, als die Tür aufging und
die wohltuende Wärme, als sie wieder ins Schloss fiel.
    Erleichtert atmete ich auf und sah automatisch aus dem
Fenster.
    Da war er.
    Desiderio ging mit zwei mir unbekannten Typen über den
Parkplatz. Er trug einen knielangen Mantel, der seine Silhouette perfekt in
Szene setzte. Seine Hände waren in den Taschen vergraben und er zog den Kopf
ein, um dem schneidenden Wind zu entgehen. Seine pechschwarzen Haare wirbelten
herum und sogar aus dieser Entfernung konnte ich seine feinen Gesichtszüge
erkennen. Sein Anblick schockierte mich zutiefst.
    Er sah unglücklich aus.
    Ich kämpfte gegen den Drang, einfach zu ihm zu gehen und ihn
in meine Arme zu schließen.
    Inzwischen waren die drei Männer bei ihrem Auto angelangt.
Desiderio öffnete bereits die Beifahrertür, um einzusteigen. Plötzlich hob er
den Kopf und sah mich direkt an, als
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