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Vorhofflimmern

Vorhofflimmern

Titel: Vorhofflimmern
Autoren: Johanna Danninger
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ganz so glatt,
wie sonst. Allerdings wusste ich von der Nachtschwester, dass die Schicht ruhig
verlaufen war, woraus folgte, dass er nicht von der Arbeit vom Schlaf
abgehalten worden war.
    Hatte er sich meinetwegen Sorgen gemacht?
    Weil ich nicht antwortete, atmete er lautstark ein und sprach
weiter: „Ich habe ehrlich keine Ahnung, was ich getan haben soll, um dich
derart wütend zu machen. Du hast gestern gesagt, ich würde dir nur weitere
Lügen erzählen. Lena, ich habe dich niemals angelogen. Kein einziges Mal. Das
schwöre ich dir.“ Ich biss mir auf die Lippen und wollte mich gerade von ihm
abwenden, doch er hielt mich am Arm fest. „Nein, hör mir zu. Ich möchte wissen,
was passiert ist. Gott, ich möchte dich nicht verlieren!“
    In seinem Blick lag ein verzweifeltes Flehen, das mir die
Sicht vernebelte. Schon spürte ich die ersten Anzeichen von Reue in meinem
Innersten.
    Nein, ich war hier nicht der Bösewicht. Er war es. Er hatte
mich betrogen und eine Geliebte zu sich nach Hause eingeladen!
    Das Bildnis, wie sie ihm über seine dichten Haare wuschelte,
tauchte vor mir auf und vertrieb den verhängnisvollen Schleier meiner
Hörigkeit.
    Bestimmt schüttelte ich seine Hand von mir ab und reckte
stolz das Kinn.
    „Du willst mich nicht verlieren? Nun, Desiderio, das hast du
bereits.“
    Mit erhobenem Kopf stolzierte ich davon. Als ich in einen
Quergang bog, konnte ich nicht anders, als einen letzten Blick auf ihn zu werfen.
    Desiderio stand noch auf der gleichen Stelle und starrte
abwesend vor sich hin. Er wirkte nahezu schockiert, was mich sofort wieder
reumütig werden ließ.
    Jetzt aber mal halblang!
    Er hatte mir mein Herz herausgerissen und ich hatte nun ein
schlechtes Gewissen, weil ich ihm nicht mehr als Betthäschen zur Verfügung
stehen wollte?
    Oh Nein, so durfte das hier nicht laufen!
    Aber warum sah er so verdammt traurig aus?
     
    Das Wochenende verbrachte ich
ausnahmslos auf der Couch. Ich fühlte mich erschlagen und antriebslos. Nicht
einmal für eine kurze Dusche hatte ich den nötigen Elan.
    Handy und Telefon waren nach wie vor ausgeschaltet.
    Bis auf einen kurzen Besuch von Vera, verlief mein Samstag
absolut ereignislos.
    Der Sonntag schien sich ähnlich zu entwickeln.
    Ungewaschen dümpelte ich auf meinem Sofa vor mich hin und zog
mir dämliche Soaps rein, während ich vor Sehnsucht beinahe einging.
    Desiderio fehlte mir so sehr, als wäre ein Teil meines Selbst
abhandengekommen.
    Derart verloren war ich mir nicht einmal nach der Sache mit
Marek nicht vorgekommen. Damals war ich über alle Maßen enttäuscht gewesen.
Mein Vertrauen in die Menschheit war bis aufs Mark erschüttert worden, doch
diese tiefe Leere, die sich nun langsam in mir ausbreitete, war noch um einiges
schlimmer.
    Wie sollte ich nur als halbe Person weiterleben können?
    Nein, Selbstmord war für mich keine Option. Viel
wahrscheinlicher war es, dass ich in meinem Seelenschmerz eines Tages einfach
aufhören würde zu atmen, weil mein Körper es nicht mehr ertragen konnte.
    Die Türklingel schrillte und riss mich aus meinen
trübsinnigen Gedanken.
    Wer war das?
    War das Desiderio? Wollte er nochmals mit mir sprechen?
    Ich sprang auf und schritt völlig hysterisch im Kreis herum.
    Jemand klopfte lautstark an die Wohnungstür.
    Ich verharrte und lauschte angespannt.
    „Lena? Ich bin es. Frank.“
    Oh mein Gott.
    Überfordert begann ich an der Innenseite meiner Wange zu
kauen.
    Warum war er hier?
    „Komm schon, ich weiß, dass du da drin bist! Lass mich bitte
rein, ich möchte mit dir reden.“
    Reden? Über was?
    Über uns?
    Langsam wanderte ich hinüber zur Tür und lugte durch den
Spion. Keine roten Rosen in Sicht. Nur Frank, der geduldig darauf wartete,
eingelassen zu werden.
    Ich atmete tief durch und öffnete ihm.
    „Hi“, grüßte er zwanglos.
    „Hallo.“
    „Du siehst schrecklich aus.“
    „Danke. Du übrigens auch.“
    Das stimmte. Er sah blass aus und erschöpft. Trotzdem
lächelte er sanft.
    „Darf ich reinkommen?“
    Ich nickte und machte ihm den Weg frei. Ohne lange auf ihn zu
achten, schloss ich die Tür und begab mich umgehend zurück auf meine Couch.
Frank setzte sich mit gebührendem Abstand auf einen freistehenden Sessel. Mir
fiel auf, dass er unablässig mit einem Faden spielte, der sich aus dem Saum
seiner Jacke gelöst hatte. Er war sichtlich nervös und ich wurde langsam ungeduldig,
weil ich endlich wissen wollte, was er zu sagen hatte.
    „Sorry, aber ich weiß nicht so recht, wie ich
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