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Vorerst gescheitert – Wie Karl-Theodor zu Guttenberg seinen Fall und seine Zukunft sieht

Vorerst gescheitert – Wie Karl-Theodor zu Guttenberg seinen Fall und seine Zukunft sieht

Titel: Vorerst gescheitert – Wie Karl-Theodor zu Guttenberg seinen Fall und seine Zukunft sieht
Autoren: Karl-Theodor zu Giovanni; Guttenberg di Lorenzo
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es dazu? Sie haben es doch immer so gut verstanden, mit den Medien und der Öffentlichkeit umzugehen!
    Es war eine Zeit, in der ohnehin relativ hoher politischer Druck herrschte, und die Wucht dieser Welle hat |37| mich voll getroffen. Plötzlich bekam ich die volle Breitseite ab, auch von denjenigen, die mich schon immer attackieren wollten und es jetzt konnten. Überraschung und Ohnmacht haben sicherlich dazu geführt, dass ich teilweise völlig falsch reagiert habe. Eigentlich habe ich in diesen Tagen immer die falsche Option gewählt.
    Wie haben Sie die Chronologie der Affäre in Erinnerung?
    Ich war auf Dienstreise in Polen und bekam mittags eine Meldung von meinem Sprecher. Es hieß, es seien Unregelmäßigkeiten in meiner Doktorarbeit aufgetaucht, die Süddeutsche Zeitung räume mir bis 15   Uhr Zeit für eine Stellungnahme ein. Das war ein Ultimatum, das zumindest grenzwertig war: Auf einer Dienstreise in so kurzer Zeit auf so etwas zu reagieren, ist schlicht unmöglich.
    Waren Sie beunruhigt?
    Nein, ich habe mir keine weiteren Gedanken gemacht. Ich dachte, im Zweifel ist das jetzt so eine Revolver-Geschichte. Wie gefährlich die Sache war, habe ich erst am nächsten Tag verstanden, als die Geschichte lang und breit auf der Seite zwei der Süddeutschen Zeitung aufgemacht war. Das war am Mittwoch, dem 16.   Februar. Da befand ich mich gerade kurz vor der Abreise nach Afghanistan.
    Diese Reise war schon länger geplant gewesen?
    Ja, diese Reise war schon länger geplant. In Afghanistan wurde mir dann immer wieder berichtet, wie sich die Geschichte der SZ zum Selbstläufer entwickelte. Als ich hörte, dass auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung aufgesprungen war und online über die Sätze von Frau Zehnpfennig im ersten Absatz meiner Einleitung berichtete, |38| war ich wie vom Donner gerührt. Da habe ich gedacht, das kann doch nicht wahr sein, in welchem falschen Film befinde ich mich hier eigentlich? Das hat mich dazu gebracht, mich unmittelbar nach meiner Rückkehr mit der Bundeskanzlerin in Verbindung zu setzen.
    Es war Ihr Wunsch, sich mit ihr zu treffen?
    Ja. Ich habe ihr in diesem Gespräch meinen Rücktritt angeboten. Das war am Donnerstagabend, einen Tag, nachdem diese Vorwürfe öffentlich wurden.
    Warum wollten Sie zurücktreten, wenn Sie sich doch keiner Schuld bewusst waren?
    Weil ich das Gefühl hatte, dass die Sache eine Dynamik bekommt, der ich nach all den Angriffen der vorangegangenen Wochen nicht mehr gewachsen sein würde und ich auch meine Familie aus der Schusslinie nehmen wollte. Ich war mir nur zu bewusst, dass dieser Fall, wie man im Medienjargon so schön sagt, ein unglaublicher Aufreger ist und dass er wahrscheinlich eine lange Spur ziehen wird. Ich hatte das Gefühl, da kulminiert jetzt alles, was in den Monaten zuvor vorgefallen ist, Kundus, Gorch Fock, der Druck wegen der Bundeswehrreform, da folgt jetzt ein Vorwurf auf den anderen. Mein Rücktrittsangebot wurde aber abgelehnt.
    Hat Frau Merkel Ihnen Mut gemacht?
    Ja, und sie hat mein Angebot mit sehr klaren Worten abgelehnt.
    Wann haben Sie sich das erste Mal auf die Vorwürfe konzentriert und in Ihre Doktorarbeit geschaut?
    Erst danach. Ich hatte ja in Berlin gar kein Exemplar |39| meiner Dissertation zur Hand und musste erst mal schauen, wo ich eins herbekomme. Ich habe gleich am Mittwoch jemanden beauftragt, mir meine Arbeit zu schicken, aber ich hatte erst Donnerstagabend, nach dem Gespräch mit der Kanzlerin, die Chance, die Vorwürfe zu sichten.
    Und trotzdem kam es am Freitag dann zum nächsten kommunikativen GAU?
    Ja, ich wollte an diesem Freitag vor die Presse treten und meine damalige Sicht der Dinge schildern, die allerdings sehr rudimentär war, weil ich mich wirklich noch nicht richtig mit der Doktorarbeit befassen konnte und mir meiner Fehler noch nicht bewusst war. Ich hatte morgens Termine und bin gegen zehn, halb elf ins Ministerium gefahren. Dort wurde mir mitgeteilt, dass auf der anderen Seite des Gebäudes eine Pressebelagerung stattfindet. Daraufhin habe ich gesagt, gut, dann gebe ich jetzt eine Stellungnahme zur Doktorarbeit im Ministerium ab. Ein paar Minuten später kam die schreckliche Meldung herein, dass in Afghanistan bei einem Anschlag auf einen Posten der Bundeswehr mindestens ein deutscher Soldat gefallen ist und mehrere schwer verwundet worden sind. Zwei weitere deutsche Soldaten erlagen wenig später ihren Verletzungen. Wenige Stunden vorher hatte ich die Männer und Frauen dieser Einheit noch im
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