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Vorerst gescheitert – Wie Karl-Theodor zu Guttenberg seinen Fall und seine Zukunft sieht

Vorerst gescheitert – Wie Karl-Theodor zu Guttenberg seinen Fall und seine Zukunft sieht

Titel: Vorerst gescheitert – Wie Karl-Theodor zu Guttenberg seinen Fall und seine Zukunft sieht
Autoren: Karl-Theodor zu Giovanni; Guttenberg di Lorenzo
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Aufmerksamkeit auf seiner Doktorarbeit ruht? Unter diesen Bedingungen können Sie Ihr Amt nicht mehr ausführen.
    Ist Ihnen niemals in den Sinn gekommen, dass Sie den Eindruck erwecken könnten, hier instrumentalisiert jemand die Soldaten, um von der Doktorarbeit abzulenken?
    Nein, im Gegenteil. Dieser Vorwurf ist, wenn man mich kennt, bodenlos. Ich habe mir gesagt, wenn ich |43| noch eine Aufgabe habe, dann ist es die, den Anschlag auf die Soldaten anständig aufzuarbeiten, mich darum zu kümmern, dass man sie würdevoll zu Grabe trägt, und dafür zu sorgen, dass dieses Ereignis nicht überlagert wird von einer Debatte über den Minister. Und es war mir wichtig, in dieser Woche, in der die Trauerfeier für die Soldaten stattfinden sollte, die Würde des Amtes zu wahren.
    Wer hat Sie in diesen Tagen beraten?
    Wahrscheinlich gab es zu viele Ratschläge, die sich zum Teil diametral widersprochen haben. Einige rieten mir, stehen zu bleiben und mich überhaupt nicht auf die Debatte mit der Doktorarbeit einzulassen; andere meinten, ich solle den Doktortitel sofort niederlegen und unbedingt weitermachen; wieder andere hielten einen Rücktritt für die beste Lösung. Das war alles gut gemeint, aber es hat nicht dazu beigetragen, dass es für mich leichter wurde.
    Sie waren überfordert?
    Ich habe enorm unter Druck gestanden und fühlte mich in dieser Situation ohnmächtig. Man kann sagen: Jemand, der nicht in der Lage ist, einen solchen Druck auszuhalten, ist auch für das politische Geschäft nicht gemacht. Ich räume das trotzdem offen ein. Der Druck hat mich überwältigt, ich hatte am Ende nicht mehr die Kraft, um weiterzukämpfen.
    Noch mal zurück zu Ihrem Auftritt in Kelkheim. Sie haben da nicht nur von der Tanne gesprochen, Sie haben auch der »Hauptstadtpresse« einen mitgegeben und ein bisschen Sympathie erkennen lassen für Thilo Sarrazin – was hat Sie da geritten?
    |44| Der Auftritt ist vor dem Hintergrund des riesigen Drucks, unter dem ich stand, zu sehen. Er war sicher kein glücklicher, aber ein kämpferischer Auftritt. Vielleicht kann man das als ein nochmaliges Aufbäumen verstehen – das Aufbäumen einer bereits angefällten oberfränkischen Tanne.
    Was hat Ihnen Ihre Frau in dieser Phase geraten?
    Meine Frau war für mich fraglos die größte Stütze, die ich hatte. Aber sie war ähnlich hin- und hergerissen zwischen den verschiedenen Ratschlägen wie ich. Am Ende ging es darum, ob ich bereit gewesen wäre, mich nur wegen des Amtes auf persönliche Kompromisse einzulassen, die ich nicht für richtig gehalten hätte.
    Was meinen Sie damit?
    Ich hätte ja eine Formulierung finden können, die unterwürfig genug erscheint, um im Amt bleiben zu können. Solche Vorschläge gab es auch.
    Wenn Sie also zum Beispiel gesagt hätten: »Ich gebe zu, das Ganze ist ein Plagiat«?
    Ja, es gab Leute, die gesagt haben, dramatisier’ doch das Ganze und sag einfach ganz offen: »Selbstverständlich habe ich absichtlich abgeschrieben, etwas Dümmeres ist mir in meinem ganzen Leben nicht passiert.« Dann hätte ich sagen können, ich bin jetzt in Sack und Asche gegangen und werde mein Amt weiter ausführen. Aber das hätte für mich an Selbstverrat gegrenzt. Es war nicht weniger dumm, was ich gemacht habe mit der Doktorarbeit, aber es war komplexer als ein bloßes Abschreiben.
    |45| Am Mittwoch mussten Sie dann im Bundestag Rede und Antwort stehen. Wie haben Sie das erlebt?
    Manches ist wie im Film an mir vorbeigezogen. Das war einer der erniedrigendsten und bittersten Momente, die ich bisher erleben musste. Auch wegen der Art der Auseinandersetzung war es unglaublich schwierig, ruhig zu bleiben. Die Angriffe haben ein Ausmaß angenommen, wie man es selten im Bundestag hört. Es war nicht leicht zu akzeptieren, dass das Präsidium nicht eingeschritten ist.
    Sie fühlten sich unfair behandelt?
    Ja. Aber ich habe mir in diesem Moment auch noch mal gesagt, dass ich offen Stellung nehmen muss zu dem, was ich falsch gemacht habe. Deshalb habe ich mich auch vor dem Bundestag entschuldigt. Aber das ist ebenfalls untergegangen in der Berichterstattung.
    Gibt es Abgeordnete, denen Sie an diesem Tag etwas bleibend übel genommen haben?
    Ich habe mir darüber noch keine Gedanken gemacht. Ich weiß, dass ich im Zweifel nie so mit Kollegen umgehen würde, wie es einige mit mir gemacht haben. Ich bin aber grundsätzlich kein nachtragender Mensch.
    Dietmar Bartsch hat gesagt: »Früher wusste der Adel, was an so einer Stelle zu tun
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