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Vor Vampiren wird gewarnt

Vor Vampiren wird gewarnt

Titel: Vor Vampiren wird gewarnt
Autoren: Charlaine Harris
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gewesen wäre, dass du schuld bist an Claudines Tod, hätte ihn nichts aufgehalten.«
    »Ich hätte ihn aufgehalten«, sagte da jemand anderes, und Jason trat aus dem Wald. Nein, es war mein Großonkel Dermot.
    »Aha, du hast also das Messer geworfen«, rief ich. »Danke, Dermot. Geht's dir gut?«
    »Ich hoffe...« Dermot sah uns flehend an.
    »Colman hat ihn verhext«, sagte Claude. »Wenigstens glaube ich das.«
    »Er hat mir, so deutlich er konnte, zu erzählen versucht, dass er unter einem magischen Bann steht«, erwiderte ich. »Und weil er sagte, dass du kaum noch magische Kräfte hast, dachte ich auch, dass der andere Elf, dieser Colman, ihn verhext hätte. Aber müsste der magische Bann jetzt, da Colman tot ist, nicht gebrochen sein?«
    Claude runzelte die Stirn. »Dann war es gar nicht Colman, der dich verhext hat, Dermot?«
    Dermot sank vor uns zu Boden. »So viel länger«, sagte er rätselhafterweise. Ich dachte einen Augenblick darüber nach.
    »Er meint, dass er schon sehr viel länger verhext ist«, erklärte ich und spürte, wie mein Herz doch noch vor Aufregung pochte. »Willst du sagen, dass du schon vor Monaten verhext wurdest?«
    Dermot ergriff meine Hand mit seiner Linken und die Claudes mit seiner Rechten.
    »Er meint wohl, dass es schon sehr viel länger andauert. Jahrzehntelang«, sagte Claude.
    Tränen rannen Dermot über die Wangen.
    »Ich könnte wetten, dass es Niall war«, sagte ich. »Niall hatte vermutlich seiner Ansicht nach gute Gründe dafür. Hm, Dermot könnte es verdient haben, weil - ich weiß nicht - er mit seinem Elfenerbe haderte oder so was.«
    »Mein Großvater ist sehr liebevoll, aber nicht sehr ... tolerant«, bestätigte Claude.
    »Weißt du, wie man einen magischen Bann im Märchen löst?«, fragte ich.
    »Ich habe schon gehört, dass Menschen sich Märchen über Elfen erzählen«, erwiderte Claude. »Dann sag du mir mal, wie man einen Bann löst.«
    »Im Märchen mit einem Kuss.«
    »Kein Problem«, meinte Claude. Und als hätten wir schon wochenlang Synchronküssen geübt, beugten wir uns beide vor und küssten Dermot auf die Wangen.
    Und es funktionierte. Erst zitterte er am ganzen Körper, dann sah er uns an, und Vernunft schoss ihm in die Augen, aber auch Tränen. Dermot begann tatsächlich zu weinen. Nach einer Weile kniete Claude sich neben ihn und half ihm auf. »Wir sehen uns später«, sagte er noch zu mir, ehe er Dermot ins Haus führte.
    Jetzt waren Eric und ich allein. Eric hatte sich etwas abseits der drei Leichen auf den Boden gehockt.
    »Das hat wahrlich Shakespeare'sche Ausmaße«, sagte ich, als ich all die Toten und all das in den Grund sickernde Blut betrachtete. Alexejs Leiche war bereits zu Asche geworden, aber sehr viel langsamer als die seines uralten Schöpfers. Da Alexej nun seinen endgültigen Tod gefunden hatte, würden auch die albernen Vampirknochen aus dem Grab in Russland verschwinden. Die Leiche des Elfen hatte Eric auf den Kies gelegt, wo sie wie alle toten Elfen zu Staub wurde. Dieser Vorgang unterschied sich sehr von der Auflösung der Vampire, war aber genauso praktisch. Leichen würde ich wenigstens keine verstecken müssen, dachte ich. Ich war so erschöpft von diesem wirklich entsetzlichen Tag, dass mir dieser Moment wie der glücklichste der vergangenen Stunden erschien. Eric sah aus wie einem Horrorfilm entstiegen und roch auch so. Unsere Blicke trafen sich. Er sah zuerst weg.
    »Ocella hat mir alles über das Vampirleben beigebracht«, sagte Eric sehr leise. »Er brachte mir bei, wie man sich ernährt und versteckt, und wann es ungefährlich ist, sich unter Menschen zu mischen. Er brachte mir bei, wie man Sex mit Männern hat, und dann gab er mich frei, und ich hatte Sex mit Frauen. Er beschützte und liebte mich. Er hat mir Schmerz bereitet, jahrzehntelang. Er hat mir das Leben geschenkt. Mein Schöpfer ist tot.« Er sprach, als könnte er es selbst kaum glauben und wüsste nicht, welche Gefühle er empfinden sollte. Sein Blick verweilte auf den flockigen Ascheresten, die einst Appius Livius Ocella gewesen waren.
    »Ja.« Ich versuchte, nicht allzu glücklich zu klingen. »Das ist er. Und ich habe es nicht getan.«
    »Aber du hättest es getan«, sagte Eric.
    »Ich habe es in Erwägung gezogen«, gab ich zu. Es hatte keinen Sinn, es zu leugnen.
    »Worum wolltest du ihn bitten?«
    »Ehe Colman ihn erstach?« Obwohl »erstechen« kaum das richtige Wort dafür war. »Durchbohren« traf es besser. Ja, »durchbohren«. Mein Hirn
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