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Voodoo Holmes: Botschafter der Nacht

Voodoo Holmes: Botschafter der Nacht

Titel: Voodoo Holmes: Botschafter der Nacht
Autoren: Berndt Rieger
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Nachspiel dieses denkwürdigen Tages stellte sich heraus, dass die Königin durch einen Traum vor einer Verschwörung gegen ihr Leben gewarnt worden war und sich über Nacht in einem unbekannten Ort versteckt hatte. Der Traum hatte folgend ausgesehen: Es waren drei unbekleidete Männer in das Schloss eingedrungen, von denen einer große Flügel hatte, die Schwingen eines Engels, und der andere statt normaler Ohren kleine Flügel, die aus seinem Kopf herauswuchsen. Diese drei waren auf sie zugelaufen, um sie während des Schlafs zu erwürgen. Dann aber hatte sie einen jungen Mann gesehen in einem Anzug, der vor ihrem Bett stand und sie ruhig und beruhigend angesehen hatte, und sie hatte sofort verstanden, dass es darum ging, den Atem möglichst flach zu halten. Denn nur mit der Geschwindigkeit des Atems konnten sich die Angreifer bewegen. Je ängstlicher man atmete, desto schneller liefen sie auch und desto gewalttätiger schienen sie. Nun aber, als die Königin den Atem anhielt, blieb das Bild stehen und die Angreifer konnten sich nicht rühren, froren zu Statuen ein. Der junge Mann war ein Hypnotiseur, er schien gar nicht zu atmen, und er rührte sich auch nicht, und das über Stunden und auch die Königin, gebannt von seinem Blick und wie ein einem Schlaf, atmete kaum, bis der Morgen kam und die Angreifer, die eben noch lebendige Glieder gehabt hatten, die mehr und mehr zu Wachs geronnen, verwandelten sich in Stein. Zuletzt lächelte der Hypnotiseur, der ihr das Leben gerettet hatte, faltete die Hände und verabschiedete sich mit einer Verbeugung. Das war ihr Traum. Sie hatte ihn am Tag vor ihrer Flucht geträumt und deshalb war sie auch in der vergangenen Nacht nicht hier gewesen und hatte, ohne dass der Hofstaat überhaupt davon wusste, die Gefahr aus einem „Aberglauben“ heraus, wie sie sagte, eigenständig abgewehrt.
     
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    „ Dann haben Sie die Königin nicht persönlich gesprochen?“ fragte Dr. Watson, als er spät am Abend aus der Klinik kam und mit Holmes eine Tasse Tee auf der Dachterrasse einnahm. Es standen hier Liegestühle um ein kleines Tischchen herum und beide hatten sich in Decken eingehüllt und schauten hinauf auf den Sternenhimmel.
    „ Nein, Ihre Majestät stand nicht zur Verfügung. Aber ich habe eine Ehrenmedaille erhalten und durfte mir ein Geschenk aussuchen“, sagte Voodoo gleichmütig.
    „ Das ist ja ein starkes Stück. Schließlich haben Sie das Imperium gerettet, Holmes.“
    „ Papperlappapp“, sagte Voodoo fröhlich. „Aber es war schön, dass ich mein Geschenk selbst wählen durfte, denn Sie können sich vorstellen, dass es mir ein Anliegen war, die Figürchen im Britischen Museum ein wenig voneinander zu trennen. Ich glaube, ihr unheimliche Kraft entwickelten sie vor allem in der gemeinsamen Enge des Raums, in denen man sie abgestellt hatte.“
    „ Sie sprechen von den Oneiroiden, nicht wahr?“
    „ Morpheus, Icelos und Phantasos, richtig. Gefährliche Brüder, Watson. Ich glaube, man konnte sie nur bezwingen, indem man seinem Instinkt folgte. Denn dagegen sind sie offensichtlich machtlos. Der menschliche Instinkt geht über Traumbilder hinaus und kann ihn bezwingen, denn er macht uns unabhängig und stark, zumindest sofern wir ihm folgen.“
    „ Darüber weiß ich nichts, Holmes, oder zumindest sehr wenig. Ich bin als wissenschaftlich ausgebildeter Mann eher das, was man einen Verstandesmenschen nennt. Ich kann mit all dem, was Sie mir erzählt haben, nur bedingt etwas anfangen. Aber ich glaube Ihnen, dass die Ereignisse im Buckingham Palace für alle Beteiligten überaus eindrucksvoll gewesen sein müssen und dass man Ihren Instinkt bewundert hat, der Sie dazu brachte, alle Fallen, die man der Königin gestellt hatte, aufzudecken.“
    „ Da sind Sie aber doch allzu bescheiden, wenn Sie sich einen Verstandesmenschen nennen“, sagte Holmes.
    „ Wie bitte?“
    „ Ich meine, wenn Sie sich überhaupt einen Menschen nennen, Watson.“
    „ Ich verstehe nicht, was Sie meinen?“
    „ Ich meine, dass Sie zwar die äußere Gestalt eines Menschen angenommen haben, der mir sehr nahe ist. Aber Sie vergessen, dass ich meinen Instinkt habe, und mein Instinkt ist wichtiger als jede Oberfläche.“
    In dem Augenblick lächelte Watson, und dann verschwamm das Bild, und als man noch einmal näher hin sah, lag eine wunderschöne junge Frau auf der Liege, die eben noch der behäbige Körper des Arztes eingenommen hatte.
    „ Sie sind es also“, meinte Voodoo, „Morpheus
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