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Voodoo Holmes: Botschafter der Nacht

Voodoo Holmes: Botschafter der Nacht

Titel: Voodoo Holmes: Botschafter der Nacht
Autoren: Berndt Rieger
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meinte Holmes streng.
    „ Tatsache ist, dass ich Ihre Hilfe brauche. Und der Zweck heiligt die Mittel.“
    „ Gut, wenn Sie das so sehen, Watson. Was ist denn mit der Dame?“
    „ Nun, Sie haben sie doch gesehen, Holmes. Was halten Sie von ihr?“
    „ Ein würdiges Exemplar. Ein kapitaler Bock von einer Adeligen, Watson.“
    „ Ist das alles?“
    „ Worauf wollen Sie hinaus?“
    „ Nun, vielleicht sollte ich Ihnen erzählen, was ich weiß“, schlug Dr. Watson vor. „Wo soll ich anfangen? Vielleicht mit dem Tag, als ich vom Hofmarschall Ihrer Majestät gerufen wurde. Ob die Königin selbst überhaupt über den Fall informiert ist, kann ich nicht sagen. Jedenfalls wurde ich gegen sieben Uhr morgens in den Palast gebeten und trat an das Krankenbett der Gräfin, die eine der hinteren Kammern bewohnt. Eine einfache Behausung. Sie saß dort auf einem Stuhl, und viel mehr gibt es in dieser Kammer nicht, ein Bett, ein Stuhl, nun ja, und den Geruch nach einer alten Frau und etwas von der Bitterkeit dieser Jahre. Der Hochadel lebt doch recht bescheiden, Holmes, es gibt dort noch mehr solcher Räume, und überall steckt ein alter entfernter Verwandter darin und wird bedient und gepflegt, bis es mit ihm zu Ende ist. So ein Zimmer bewohnt auch die Gräfin. Sie saß auf ihrem Stuhl, aufrecht wie eine Krähe, in einem schwarzen Kleid. Ich begrüßte sie und sie war durchaus huldvoll. Der Hofmarschall aber machte mir die Mitteilung, dass sie seit einigen Nächten sehr unruhig wäre. Nachts würde sie wach von Gespenstern. Man hatte sie für Einbrecher gehalten, weil sie geschrien und von Schatten gesprochen hatte. Aber man hatte niemanden gesehen oder gefunden und es war auch nichts beschädigt oder verschwunden, kurzum: Man hielt die Sache für einen Ausdruck von Verwirrtheit. Irgendwie war es dann der Gräfin gelungen, in einer der folgenden Nächte ein Beil zu akquirieren. Es ist noch nicht ganz klar, woher es stammt, ob aus dem Garten oder der Küche. Und mit diesem Beil ging sie dann auf die Schatten los und hat dann beinahe damit einen der Diener, der herbei eilte, erschlagen. Und deshalb kam ich dann ins Spiel. Als ich mich mit der Gräfin über die Episode unterhielt, antwortete sie mir völlig klar. Man hatte nicht den Eindruck, dass sie verwirrt war. Aber vielleicht war sie es gewesen, als sie von Stimmen erwacht war. Stimmen vor der Tür ihrer Kammer. Als sie die Augen aufgeschlagen hatte, war da eine Gestalt gewesen, in der Ecke neben der Tür. Ein Mann, offensichtlich. Sie hatte ihn im scharfen Ton angesprochen, und als er nicht reagierte, war sie aus dem Bett gesprungen und hatte sich auf ihn gestürzt, indem sie den Stuhl packte und mit den Stuhlbeinen voran auf ihn los ging. Da war er verschwunden. Und das mit dem Beil erklärt sie so, dass ihr das Beil am Abend in die Kammer gelegt worden sei. Sie habe es dann, damit sich keiner verletzte, mit ins Bett genommen, um es am folgenden Morgen zurückzugeben. Dann sei sie sehr froh gewesen, denn als sie in der Nacht erwachte, sei sie von drei Männern umgeben gewesen, die gelächelt hätten. Nein, nicht drei Männern, so korrigierte sie sich dann, sondern zwei Frauen und einem Mann, und eine der Frauen hätte sich zu ihr ins Bett legen wollen. Da habe sie das Beil herausgezogen, sei zwischen die Gestalten hindurch aus dem Bett geschlüpft und habe dann begonnen, auf sie einzuschlagen. Die Gestalten waren ausgewichen. Es sei ihr gelungen, sie gegen die Tür zu drängen. Einer habe die Tür dann geöffnet, und dann sei im Türspalt ein anderer Schatten erschienen. Nachträglich habe sich dann herausgestellt, dass sie Tür von außen von einem Bedienten geöffnet worden war. Und das war dann die Person, der die Gräfin beinahe mit ihrem Beil das Haupt gespalten hat.“
    „ Wusste sie, als Sie mit ihr sprachen, dass diese Person kein Geist gewesen war?“
    „ Ja, durchaus. Sie lächelte darüber, schien sich auch zu schämen. Es sei ihr sogleich klar geworden.“
    „ Und die Schatten?“
    „ Diese hätten sich versteckt.“
    „ Nun, was ist Ihre Diagnose, Watson?“
    „ Ein halluzinatorisches Zustandsbild, Holmes. Zweifellos. Eine Psychose. Eine schizophrene Bewusstseinsstörung, womöglich aufgrund des Alters. Das kann ich nicht sagen. Ich bin noch nicht so alt gewesen, aber man hört, dass die letzten Jahre ein Massaker sein sollen.“
    „ Und doch gibt es genug Menschen, denen bis zuletzt Klarheit beschieden ist“, meinte Voodoo und winkte dem Barmann, der
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