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Voodoo Holmes: Botschafter der Nacht

Voodoo Holmes: Botschafter der Nacht

Titel: Voodoo Holmes: Botschafter der Nacht
Autoren: Berndt Rieger
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jungen Holmes gestattet wurde, alle Barrieren des Buckingham Palastes zu durchbrechen und zur Gräfin vorgelassen zu werden. Erst durch eine schriftliche Intervention seines älteren Bruders Sherlock wurde ihm schließlich von Seiten der Palastverwaltung ein Pass ausgestellt, der ihm den Zutritt zum Schloss für einen Zeitraum von zwei Wochen gewährte. Am Abend des folgenden Tages war es dann soweit. Man hatte die alte Dame in einem großen Saal auf einen Stuhl gesetzt, der sonst keine Möbel aufwies. Der Stuhl stand vor einer Tür, die von zwei Bedienten flankiert wurden, ganz so, als würde die Gräfin eine etwaige Flucht in Erwägung ziehen, wenn sich der junge Holmes in irgendeiner Weise despektierlich verhalten würde. Er war nämlich allein gekommen. Das war das Problem der letzten Tage gewesen - dass Holmes darauf bestand, ohne die Begleitung des Leibarztes der Gräfin von Hohenfels aufzutauchen, und das noch dazu einem langen, schwarzen Frack, wie das vielleicht Totengräber tragen, die einmal ein Bestattungsunternehmen geleitet haben und jetzt im Alter nur mehr für Hilfsdienste zur Verfügung stehen. So altmodisch und abgeschabt und in gewisser Weise unheimlich sah das Habit aus, das Voodoo hier trug, und kaum hatte er den Saal betreten, spürte er auch gleich, dass die Gräfin ihn fürchtete und vielleicht sogar mit den Schatten in Verbindung brachte, die ihre Nachtruhe störten.
Holmes verneigte sich und blieb dann stehen und wartete, bis man die Rede an ihn richten würde. „Ich habe gehört, dass er Deutsch spricht“, begann die Gräfin dann übergangslos in dieser Sprache.
    „ Ja, das ist richtig. Ich beherrsche diese deutsche Sprache einigermaßen.“
„Er beherrscht sie nicht im Geringsten“, widersprach die Gräfin mit ihrer kratzigen, etwas heiseren Stimme. „Er spricht sie wie ein Österreicher.“
    „ Ja, das ist richtig. Ich habe mich einige Jahre in Wien aufgehalten, Euer Ehren.“
    „ Dann hätte er lernen müssen, dass man eine Person meines Ranges mit Exzellenz anspricht.“
    „ Das mag sein, Exzellenz“, sagte Holmes, „aber ich bezweifle, dass uns Formalitäten in dieser Angelegenheit dienlich sind.“
    „ Ich verstehe ihn nicht.“
    „ Ich meine wegen der Angelegenheit, wegen der Sie ich gerufen haben.“
    „ Er möge deutlicher sprechen.“
    „ Die Angelegenheit, die Sie mit Dr. Watson besprochen hatten.“
    „ Wer ist Dr. Watson? Ich kenne diese Person nicht“, sagte die Gräfin.
    Dann drehte sie sich um winkte den Dienstboten. Zuerst reagierten die nicht, sahen einander nur an. Dann zogen sie sich zurück. Aber man hatte den Eindruck, dass sie lauschen würden.
    Die Gräfin stand auf. Sie bestand nur aus Haut und Knochen, aber es stimmte, was Dr. Watson gesagt hatte. In ihr war ein stählerner Wille, dem der Körper immer noch folgte. Sie kam im Kleid mit ihrer am Boden streifenden Schleppe auf Holmes zu und sagte dann halblaut: „Wir gehen in den Park. Hier kann man nicht reden.“
    Ihr Blick fiel auf die Schleppe, und Holmes verstand. Er hob die Schleppe auf und ging dann, während sie mit einem entschiedenen Schreiten zur Tür strebte, halb neben halb hinter ihr nach.
    So kamen sie in den Park. Der Tag war etwas kühler, aber immer noch heiß, mit wenigen dicken Wölkchen am Himmel zwischen den Schatten spendenden Baumkronen.
    „ Ich weiß, wer Sie sind, Mr. Holmes“, sagte sie nach einer Weile halblaut, und ging dabei langsam weiter, ohne ihn anzusehen, „Sie werden den Auftritt von eben entschuldigen. Aber es ist nie ein Fehler, seine Umgebung zu täuschen. Die Leute glauben, dass ich an Altersstarrsinn leide und sehr vergesslich bin, aber zumindest in meiner eigenen Wahrnehmung bin ich die Frau, die ich ein Leben lang gewesen bin.“
    „ Sie machen auf mich einen jugendlichen Eindruck, Exzellenz", sagte Holmes.
    „ Papperlapapp. Übrigens, nennen Sie mich Agnes. Ich bin eine einfache Frau, nichts sonst. Das von eben war nur ein Täuschungsmanöver. Und ich wollte Ihnen auch sagen, dass Ihr Deutsch ausgezeichnet ist.“
    „ Vielen Dank.“
    „ Sie sind ein außergewöhnlicher junger Mann, Mr. Holmes. Ich habe natürlich von dem Fall mit den Rätselköpfen gehört und darauf bestanden, dass man diesen Quacksalber holt, diesen Watson. Weil ich diese Gelegenheit als meine einzige Chance sah, um mit Ihnen in Verbindung treten zu können. Wegen einer Sache, die Ihnen Dr. Watson sicherlich schon mit Worten angedeutet hat.“
    „ Ja, tatsächlich. Aber es
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