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Von wegen Liebe (German Edition)

Von wegen Liebe (German Edition)

Titel: Von wegen Liebe (German Edition)
Autoren: Kody Keplinger
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vollen Flur entlanggingen.
    »Wo studiert er denn?«, fragte ich.
    »Am Oak Hill Community College.« Sie klang ein bisschen verlegen, wahrscheinlich weil Community Colleges in den Hochschulranglisten etwas weiter unten standen, und fügte hastig hinzu: »Aber er macht dort nur sein erstes Diplom und will dann an der Uni weiterstudieren. Außerdem ist das OHCC kein schlechtes College.«
    »Überhaupt nicht. Ich will auch aufs Oak Hill«, sagte Jess. »Ich möchte nicht zu weit von zu Hause weg.«
    Jess und ich waren so grundverschieden, dass es manchmal fast schon absurd war. Was die eine unbedingt wollte, das wollte die andere mit hundertprozentiger Sicherheit auf keinen Fall. Wie auch jetzt wieder: Im Gegensatz zu ihr wollte ich so schnell wie möglich weg aus Hamilton und konnte es kaum erwarten, den Highschool-Abschluss zu machen und zum Studieren nach New York zu gehen.
    Aber die Vorstellung, so weit weg von Jess zu sein – nicht mehr täglich Zeit mir ihr zu verbringen oder ihr lustiges Geplapper über Partys und schwule Jungs zu hören –, machte mir plötzlich Angst. Ich war mir nicht ganz sicher, wie ich damit klarkommen würde. Sie und Casey glichen mich irgendwie aus, und ich wusste nicht, ob jemand anderes außer ihnen in der Lage wäre, meinen beißenden Zynismus zu ertragen.
    »Wir müssen uns beeilen, wenn wir es noch rechtzeitig in Chemie schaffen wollen, Jess.« Angela schüttelte sich ihren langen schwarzen Pony aus den Augen. »Du weißt, wie ätzend Mr Rollins wird, wenn man zu spät kommt.«
    Sie machten sich ins Labor auf und ich ging weiter den Flur entlang zu meinem Leistungskurs Politik. Meine Gedanken wanderten in eine Zukunft ohne meine besten Freundinnen, die für meine Stabilität sorgten. Es war das erste Mal, dass ich darüber nachdachte, und es machte mich ziemlich nervös. Ich wusste, dass sie mich damit aufziehen würden, aber ich würde einen Weg finden müssen, ständig mit ihnen in Kontakt zu bleiben.
    Wahrscheinlich war kurzzeitig die Verbindung zwischen meinem Sehorgan und meinem Gehirn unterbrochen, denn das Nächste, was ich bewusst wahrnahm, war, dass ich frontal in Wesley Rush hineinlief.
    Es war das Ende meiner guten Laune.
    Ich taumelte rückwärts und alle meine Bücher knallten auf den Boden. Wesley packte mich an den Schultern und hielt mich mit seinen riesigen Händen fest, bevor ich über meine eigenen Füße stolpern und der Länge nach hinschlagen konnte.
    »Immer hübsch langsam«, sagte er, ohne mich loszulassen.
    Er stand viel zu dicht vor mir. Ich hatte das Gefühl, eine Armee Käfer würde unter meine Haut krabbeln, und zwar genau an der Stelle, an der seine Hände mich berührten. Es schüttelte mich vor Abscheu, was er allerdings völlig falsch interpretierte.
    »Wow, Duffy«, sagte er und schaute mit einem dreisten Grinsen auf mich herunter. Er war wirklich groß, das hatte ich vergessen, als ich Freitagabend im Nest neben ihm saß. Wesley war einer der wenigen Jungs in der Schule, die größer waren als Casey – also mindestens einen Meter neunzig. Fast dreißig Zentimeter größer als ich. »Bekommst du in meiner Nähe etwa weiche Knie?«
    Ich stieß ein verächtliches Schnauben aus und befreite mich aus seinem Griff, dabei war ich mir vollkommen im Klaren darüber, dass ich mich wie Alicia Silverstone in Clueless benahm, aber das war mir egal. Ich kniete mich auf den Boden, um meine Bücher einzusammeln, und hätte mich beinahe übergeben, als Wesley sich zu mir herunterbeugte und mir half. Alles klar – er spielte den barmherzigen Samariter. Wahrscheinlich hoffte er, einer der heißen Cheerleader, zum Beispiel Casey, würde zufällig vorbeikommen und ihn für den perfekten Gentleman halten. Was für ein Scheißkerl.
    »Spanisch …«, murmelte er, als er auf die Arbeitsblätter schaute, die er gerade eingesammelt hatte. »Kannst du irgendetwas Interessantes auf Spanisch sagen?«
    »El tono de su voz me da ganas de estrangularme.« Ich stand auf und streckte ungeduldig die Hand nach meinen Unterlagen aus.
    »Klingt sexy«, sagte er, richtete sich ebenfalls auf und reichte mir meine Spanisch-Mitschriften. »Was heißt das?«
    »Der Klang deiner Stimme weckt den Wunsch in mir, mich zu erhängen.«
    »Abgefahren.«
    Ohne ein weiteres Wort riss ich ihm die Blätter aus der Hand, steckte sie zwischen die Seiten eines meiner Bücher und stapfte in meinen Kurs. Nur weg von diesem hirnamputierten Weiberhelden, und zwar so schnell und so weit wie möglich.
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