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Von Menschen und Monstern

Von Menschen und Monstern

Titel: Von Menschen und Monstern
Autoren: William Tenn
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Häuptling sein Amt los.«
    »Der Häuptling?« fragte Eric verwirrt. »Was hat der mit meinem Raubzug zu tun?«
    Wieder musterte sein Onkel prüfend beide Enden des Korridors. »Was ist die wichtigste Aufgabe unseres Lebens, Eric? Wozu sind wir da?«
    »Das ist leicht«, erwiderte Eric. »Das weiß jedes Kind. Rächt euch an den Bestien «, zitierte er. »Vertreibt sie von unserem Planeten. Erobert die Erde wieder für die Menschheit. Vor allem aber: Rächt euch an den Bestien!«
    »Richtig. Und wie haben wir das bisher getan?«
    Eric der Einzige sah seinen Onkel aus runden Augen an. Diese Frage stand nicht in seinem Katechismus. Bestimmt hatte er sich verhört.
    Monoton leierte er das zweite Gebot herunter: »Das erreichen wir, indem wir das Wissen und die Methoden unserer Väter zurückerobern. Dereinst war der Mensch die Krone der Schöpfung. Sein Wissen und seine Methoden gaben ihm Überlegenheit. Sie brauchen wir, um uns gegen die Bestien zu wehren.«
    »Erkläre mir gefälligst, was du unter Methoden verstehst«, sagte sein Onkel.
    »Methoden – Methoden ...«, stotterte Eric. »Man braucht sie für Wasserstoffbomben oder ökonomische Kriegführung oder ferngesteuerte Raketen und all die fürchterlichen Waffen unserer Väter.«
    »Und haben diese Waffen ihnen etwas genützt? Gegen die Bestien, meine ich. Konnten sie sich damit gegen die Bestien behaupten?«
    Eric machte ein dummes Gesicht. Dann aber rettete er sich flink in seinen Katechismus: »Der überraschende Angriff ...«
    »Hör auf mit dem Unsinn«, befahl sein Onkel. »Hätten die Bestien unsere Vorfahren besiegen können, wenn sie wirklich die Krone der Schöpfung gewesen wären? Merk dir eines: Unsere Väter waren unfähig, sich von der einmal erlittenen Niederlage zu erholen, also kann es mit ihrem Wissen und ihren Methoden nicht weit her gewesen sein. Mit anderen Worten« – dabei sah er Eric fest in die Augen –, »die Weisheit unserer Väter war im Kampf gegen die Bestien damals genauso wertlos, wie sie es heute wäre.«
    Eric der Einzige erbleichte. Das war Lästerung!
    »Onkel Thomas«, flüsterte Eric mit bebender Stimme, »seit wann bist du ein Fremdgläubiger? Wann bist du aus der Kirche der Väterweisheit ausgetreten?«
    Thomas der Fallensprenger ließ die Finger liebkosend über seine Lanze gleiten, ehe er antwortete.
    »Wann?« fragte er schließlich. »Als ich deinem Vater begegnete. Er war bei einer anderen Truppe, und ehe er meine Schwester heiratete, sahen wir einander kaum. Gehört hatte ich natürlich schon von ihm, denn er war ein berühmter Dieb. Nachdem er mein Schwager geworden war, lernte ich eine Menge von ihm; wie man Schlösser öffnet, Fallen entschärft – und was der Fremdglaube ist. Er selbst war seit Jahren fremdgläubig. Er hat deine Mutter dazu bekehrt. Und mich.«
    Eric der Einzige wich zurück. »Nein!« schrie er entsetzt. »Niemals! Meine Eltern waren anständige Leute. Man hat ihnen zu Ehren eine Totenfeier gehalten. Sie starben beim Versuch, die Weisheit unserer Väter zu vertiefen ...«
    Sein Onkel hielt ihm den Mund zu.
    »Sei still, du Narr, oder wir sind beide verloren! Natürlich waren deine Eltern anständige Leute. Was meinst du denn, wie sie starben? Hast du je gehört, daß eine Frau ihren Mann bei einem Raubzug begleitete? Und ihr Kind mitnahm? Glaubst du, es war nichts weiter als ein üblicher Einbruch bei den Bestien? Sie waren Fremdgläubige und dienten ihrer Überzeugung, so gut sie konnten. Sie gaben ihr Leben dafür.«
    Über die Hand hinweg, die seine untere Gesichtshälfte bedeckte, starrte Eric in die Augen seines Onkels.
    Bisher war ihm nie aufgefallen, wie sonderbar es war, daß seine Eltern sich gemeinsam ins Revier der Bestien gewagt hatten.
    Langsam zog ihm sein Onkel die Hand vom Mund. »Bei welchem Raubzug wurden meine Eltern getötet?«
    Thomas sah ihn prüfend an. Das Ergebnis schien ihn zu befriedigen. »Bei dem gleichen, den du dir vornimmst. Falls du deines Vaters Sohn und Manns genug bist, sein Werk fortzusetzen. Bist du das?«
    Eric wollte nicken, zuckte aber nur kraftlos mit den Schultern und ließ schließlich den Kopf hängen. Er wußte nicht, was er sagen sollte. Sein Onkel – nun ja, sein Onkel war sein Vorbild und Führer, und er war kräftig und klug und schlau. Und natürlich wollte er seinem Vater nacheifern, aber schließlich handelte es sich um seine Jünglingsweihe, und die war gefährlich genug.
    »Ich will's versuchen. Aber ich weiß nicht, ob ich es
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