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Von Kühlschrankdrachen, Superhelden, Feen und anderen Normalitäten des Lebens

Von Kühlschrankdrachen, Superhelden, Feen und anderen Normalitäten des Lebens

Titel: Von Kühlschrankdrachen, Superhelden, Feen und anderen Normalitäten des Lebens
Autoren: Sissi Kaiserlos
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nicht.
     
    Es kostete sie nur eine Stunde, das Geschmiere aufzuwischen und den Drachen von der Salami und dem übrigen Kram zu befreien. Am schlimmsten waren Wolfgangs Protestschreie, als sie ihn unter die Dusche schob und mit einer Bürste abrieb.
    „Daf kitfelt“, kreischte der Drache und wand sich wie ein Aal.
    Inzwischen ging er Sinja schon bis zur Hüfte.
Mein Gott
! Wenn er so weiter wuchs, würde er bald ihre Wohnung sprengen. Streng bestand Sinja darauf, dass er sich die Hinterpfoten gründlich wusch. Wolfgang schmollte und kam daraufhin fast zehn Minuten nicht aus dem Bad.
    Als er sich endlich bequemte in der Küche zu erscheinen und auf einen Stuhl krabbelte, jammerte er: „Daf ift Krallenpflege. Total fiftig für Drafen.“
    Sinja nickte grimmig und warf die Spielkarten auf den Tisch.
    „Wer heute verliert, darf morgen kein Schönheitsbad mit Salami und Co nehmen.“
    Wolfgang grinste verschlagen.
    „Laff unf Ftrippoker fpielen…“, sagte er und wickelte seinen Schwanz ab, bis er damit Sinja über die Wange streichen konnte, „Liebling...“
    Verdammt! Dieser Drache entwickelte sich zu einer Verführungsmaschine.
Ungläubig starrte Sinja Wolfgang an und schluckte. „Aber – du hast gar nichts zum Ausziehen.“
    Wolfgang sah an sich herunter und zuckte zusammen.
    „If bin – nackt“, keuchte er erschrocken und zog den Schwanz zwischen seinen Beinen hindurch, presste ihn gegen seine Brust. „Verdammt! If bin völlig nackt. Wiefo fagt mir daf niemand?“
    Sinja verschränkte ihre Arme vor der Brust und lächelte grimmig ob dieses Schauspiels. „Wolfgang?“
    Der Drache hob den Blick, immer noch die Blöße mit seinen Pfoten und Schwanz bedeckend. „Waf ift?“
    „Laff daf!“
    „Of menf! Nifts darf man“, maulte Wolfgang und ließ seinen Schwanz los.
    Dann setzte er ein listiges Grinsen auf. „Fir fpielen um diefef föne Kleidungftück mit den Drafen drauf, okay?“
    Sinja schluckte. Ihr Lieblingspyjama. „Meinetwegen. Aber ich leihe ihn dir nur. Wenn du mich wieder verlässt, musst du ihn hierlassen. Einverstanden?“
    Der Drache nickte abwesend und mischte die Karten. Er war jetzt im vollen Skatmodus, als ob er den Pyjama unbedingt haben wollte.
     
    Sinja hatte keine Chance gegen den vor Erregung vibrierenden Superskatdrachen. Sie verlor haushoch und warf erschüttert ihre Karten auf den Tisch.
    „Du bist ein Profi. Ich bin im Eimer“, erklärte sie.
    Wolfgang nickte und bebte vor Erwartung des Gewinns. Es schien so, als wäre es ihm egal, dass Sinja in einen Eimer kriechen wollte.
    „Fo ift mein Gewinn?“, hechelte er gierig.
    „Den muss ich erst waschen. Der riecht noch nach mir“, meinte Sinja und packte die Karten zusammen.
    So schnell konnte sie gar nicht gucken, wie der Drache vom Stuhl sprang und in ihr Schlafzimmer rannte. Dort griff er nach dem Pyjama und krabbelte einfach hinein. Es sah zum Piepen aus, wie Wolfgang in dem viel zu großen Teil stolz vor dem Spiegel stand und an sich herumzupfte. Er schnupperte an dem Stoff und miaute genussvoll.
    „Daf rieft naf dir. Fo lecker!“
    Sinja, die ihm ins Schlafzimmer gefolgt war, errötete leicht. Hm, war vielleicht in Ordnung, wenn ein Drache ihren Geruch lecker fand. Hunde schoben Menschen ja auch ihre Nase zwischen die Beine.
    „Schlafenszeit“, verkündete sie und dirigierste den murrenden Wolfgang ins Badezimmer.
    Als er es sich in der Badewanne so richtig gemütlich gemacht hatte, spitzte er hoffnungsvoll die Lippen. „Gutenaftkuff?“
    Sinja schüttelte lächelnd den Kopf und machte das Licht aus.
    „Fade“, erklang es aus der Dunkelheit.
     
    Sinja traf sich nicht nur am nächsten Tag mit Tim in der Kantine, sondern auch am übernächsten und darauf folgenden. Sie traf sich jeden Tag mit ihm und bedauerte, dass sie sich abends um Wolfgang kümmern musste, der mit jedem Glas saurer Gurken zu wachsen schien. Nach einer Woche reichte er ihr inzwischen bis zum Kinn.
    Vielleicht sollte sie ihm keine sauren Gurken mehr geben
, überlegte Sinja,
bevor er eines Tages ihre Wohnung sprengt
. Dafür passte er inzwischen recht gut in ihren Pyjama.
    Am Wochenende stahl sich Sinja dann doch eine Verabredung mit Tim zum Essen. Wolfgang war nicht begeistert, nickte dann aber verständnisvoll.
    „Du follft dif auf mit deinefgleifen treffen“, hatte er gesagt und dabei nur ganz leise geschnieft.
    Sinja hatte ihm mit schlechtem Gewissen eine Pizza bestellt und seinen Lieblingsfilm, James Bond, ‚Sag niemals nie‘, aus der
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