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Von dir verfuehrt

Von dir verfuehrt

Titel: Von dir verfuehrt
Autoren: Anya Omah
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Weltgeschichte und lass‘ mich dabei auch noch filmen, als die Wahrheit zu sagen? Du hast mich zu diesem Scheißvideo überredet. Es war deine verdammte Idee“, schrie ich ihn an, bohrte meinen Zeigefinger dabei in seine Brust. „ Du wolltest vor der Hochzeit unbedingt diesen Kick erleben. Ich ließ dich in meinem Arsch kommen. Und jetzt lässt du mich so hängen? Lässt alle glauben ich sei eine notgeile Schlampe?“
    Stefan zuckte bei den letzten Worten zusammen, bat mich um Ruhe, was mich nur noch zorniger werden ließ. „Hannah, bitte. Beruhige dich. Natürlich will ich nicht, dass man so von dir denkt, aber du kannst das nicht nachvollziehen … Du weißt nicht, wie es ist, in das enttäuschte Gesicht seiner Eltern zu blicken und …“
    Noch bevor er den Satz zu Ende gesprochen hatte, landete meine flache Hand schallend auf seiner Wange und hinterließ dort einen rot en Abdruck.
    „Dass meine Mama mich ins Heim gegeben hat , gibt dir noch lange nicht das Recht, mich so zu behandeln. Und ich weiß sehr wohl, was es heißt, enttäuscht zu werden. Dank dir.“ Tränen liefen mir übers Gesicht. Den Finger, von dem ich den Verlobungsring streifte, erkannte ich nur verschwommen.
    „Hier . Den will ich nicht mehr.“ Ich blickte in seine feuchten Augen und hielt ihm den Ring hin. Doch er nahm ihn nicht an. Also stopfte ich ihn in seine Hosentasche und unterdrückte ein Schluchzen. Mit zittrigen Händen zog ich mich an und verfrachtete alles, was mir gehörte in meine Tasche. Ich musste hier weg. Und der Gedanke ihn zu verlassen war genauso unerträglich und schmerzhaft, wie der, es nicht zu tun. Ohne ein Wort zu sagen, ohne mich zum Bleiben zu überreden, ließ Stefan mich gehen.
    Hinter der Tür zu seinem Zimmer, holte ich tief Luft und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. Mit schlotternden Beinen nahm ich die Treppe hinunter zum Wohnzimmer. Bei dem Gedanken, seinen Eltern unter die Augen zu treten, wurde mir speiübel. Auf der Hälfte der Treppe bemerkte ich, dass kein Licht brannte. Der sonst so lebhafte Wohnbereich war totenstill. Unten angekommen betrat ich ein leeres, wie ausgestorbenes Wohnzimmer. Mein Herz krampfte sich schmerzhaft zusammen, als mir klar wurde, dass ich verstoßen worden war - erneut. Ein letztes Mal sog ich den heimischen Geruch von Holz, Essen und Sylvias süßlichen Parfüm ein, bevor ich die Tür ins Schloss fallen ließ und alles, was mir je etwas bedeutet hatte, hinter ihr verschwand.

Eins
    Sechs Jahre später…
     
    Hannah
    M iesgelaunt und noch schlaftrunken tastete ich mich das Geländer der Holztreppe hinab, die von meiner kleinen Wohnung aus ins Caféstübchen führte. Das Licht ließ ich aus, um meinen müden Augen noch ein Weilchen die Illusion der Nacht zu gönnen. Unten angekommen, zog ich die Rollläden hoch, den Vorhang der Eingangstür zur Seite und blinzelte nach draußen. Kölns Altstadt war einmal tief in einen Topf voll grauer Farbe getaucht und anschließend mit einem Bottich schmutzigem Wasser abgespült worden. Gesenkte Köpfe huschten an meinem Café vorbei. Schienen sich vor der grauen Novembernässe in Sicherheit bringen zu wollen. Ich zog meinen Morgenmantel enger um die schmale Taille und beschloss, den heutigen Tag einfach zu verschlafen.
    Erschrocken fuhr ich zusammen. Vor der Fensterscheibe meines Cafés stand ein großgewachsener Mann. Grinsend und wild gestikulierend bedeutete mir der Fremde, ihm Einlass zu gewähren. Der Regen hatte wohl sein Gehirn geflutet, dachte ich und zeigte ihm den Vogel. Obwohl er mit seinem braunen, mittellangen Haar, das ihm triefend in die Stirn fiel und seinen hellgrünen Augen nicht schlecht aussah, zog ich ihm den Vorhang vor der Nase zu. Männer, die vormittags nichts Besseres mit sich anzufangen wussten, als Frauen zu Tode zu erschrecken, fielen für mich ganz klar in die Kategorie Freak. Und die mussten leider draußen bleiben, egal wie gut sie aussahen.
    Heute hatte ich es scheinbar mit einem besonders hartnäckigen Exemplar zu tun. Ich ignorierte dessen Klopfen an der Fensterscheibe und trat den Gang zurück in meine Wohnung an. Auf halber Treppe hielt ich inne. Da rief doch jemand meinen Namen oder hatte ich mich verhört? Ich horchte - und vernahm tatsächlich ein gedämpftes „Hannah, ich bin‘s“. Der Rest des Satzes wurde durch das laute Poltern meiner Füße auf dem Holzdielenboden verschluckt.
    Es war die reine Neugierde, die mich zurück zum Eingang laufen ließ. Ich drehte den Schlüssel im Schloss
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