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Von dir verfuehrt

Von dir verfuehrt

Titel: Von dir verfuehrt
Autoren: Anya Omah
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Ausdruck, der mir Vertrautheit vermittelte oder der Andeutung eines Lächelns. Ich fand nichts, nur weit aufgerissene Augen und diese Hand, die immerzu unheilvoll über sein toternstes Gesicht rieb.
     
    Minutenlang verharrten wir in dieser Position. Ich, vor dem vollgekotzten Papierkorb sitzend und Stefen neben mir kniend. Wir hüllten uns in Schweigen, in stiller Hilflosigkeit. Stefan und ich hatten uns so an die Stille gewöhnt, dass der schrille
    Ton seines Handys uns erschrocken zusammenzucken ließ. Er holte tief Luft, stand auf und nahm sein Handy vom Kopfkissen.
    „Es ist da“ , sagte er mit belegter Stimme.
    „Das Video?“
    Er nickte und setzte sich auf die Bettkante. Obwohl ich merkte, wie erneut Übelkeit in mir hochkam, gesellte ich mich zu ihm. Gebannt starrten wir auf den Bildschirm, dann drückte Stefan auf ‚Play‘.
    Sehen konnte man noch nichts, dafür aber hören. Mein lautes Stöhnen und Wimmern. Das rhythmische aufeinander Klatschen von Haut sowie das Quietsc hen eines Bettes. Das nun einsetzende Bild erinnerte an eine Sequenz eines Pornofilms. Schockiert schlug ich meine Hände über den Kopf zusammen. Man sah einfach alles. Wie er mit seinem Steifen meine Schamlippen teilte, mich weitete, in mich eindrang und sich zurückzog. Meinen Körper mit seinen harten Stößen erschütterte, die mich immer wieder lustvoll aufschreien ließen. Von hinten glitt er vorsichtig in die runzlige Öffnung. Ich erinnerte mich, wie fremd er sich anfangs angefühlt hatte. Wie mich das Gefühl überkam, von innen aufgerissen zu werden, zu bersten und mir der Schmerz in die Augen schoss. Aber er hatte mich darum gebeten und ich wollte ihm diese Erfahrung schenken, weil ich ihn so sehr liebte.
    Noch sah man lediglich zwei Körper, die es wild miteinander trieben. Doch dann drehte ich den Kopf zur Seite und blickte in die Linse der Kamera. Meine vollen Lippen formten „ Ahs “ und „ Oh s“. Sekunden später sah man, wie sich Stefans linke Hand um meine Brust legte, an der Spitze zwirbelte und zog, während die andere Hand sich in mein blondes, langes Haar krallte. Keuchend beugte er sich vor, es fehlten nur wenige Zentimeter, bis auch sein Gesicht deutlich zu sehen sein würde. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, wie Stefan unruhig auf der Bettkante hin und her rutschte. Ich spürte, wie er neben mir verkrampfte, ahnend, dass man ihn gleich sah. Doch dazu kam es nicht, weil das Video kurz vorher stoppte. Überrascht blickte ich ihn an. Hatte er es angehalten? Es hätte sehr viel länger sein müssen. Und wieso sah man ihn nicht? Als hätte Stefan seit einer Ewigkeit die Luft angehalten, stieß er geräuschvoll den Atem aus und sank erleichtert ins Bett. Ich verstand die Welt nicht mehr, und eine furchtbare Vermutung drängte sich mir auf. Das Video war eindeutig manipuliert worden und außer uns beiden wusste keiner von dessen Existenz. Nein, das würde er niemals tun. Innerlich schüttelte ich den Kopf, als könne ich diesen schrecklichen Verdacht auf diese Weise vertreiben. Aber der Gedanke hatte sich bereits so tief in mein Gehirn gefressen, dass ich nicht anders konnte, als ihn laut auszusprechen: „Hast du das Video geschnitten und ins Netz gestellt?“
    Ruckartig richtete Stefan sich auf. Inzwischen war die Farbe in sein Gesicht zurückgekehrt.
    „Was? Hannah, nein. Wie kommst du denn auf so was? Meinst du ernsthaft, ich möchte, dass irgendwer außer mir dich, meine Verlobte, so sieht? Sich wohlmöglich noch daran aufgeilt? Wieso sollte ich das tun?“
    „Vielleicht aus demselben Grund aus dem du dieses Video überhaupt erst machen woll test. Der letzte Kick bevor wir uns das Jawort geben.“
    „Spinnst du nun völlig? Das Video war für uns allein bestimmt. Außerdem warst du damit einverstanden. Ich kann doch auch nichts dafür, dass …“
    „D ie ganze Welt nun sehen kann, wie du mir das Hirn rausvögelst?“, fiel ich ihm ins Wort. „Dass all unsere Freunde, deine Eltern und Geschwister, einfach alle sehen können, wie du mich in den Arsch fickst? Ach ja, dich sieht man ja gar nicht. Wie praktisch!“, schrie ich. Mein Kopf glühte und pochte, drohte beinahe zu platzen. Ich zitterte am ganzen Leib.
    „Wenn du weiterhin so schreist, wissen meine Eltern und die Nachbarn es auch ohne das Video gesehen zu haben“, herrschte er zurück.
    Ich spürte, wie mein e Nase zu kribbeln und meine Augen zu brennen begonnen. Tränen der Verzweiflung, Hilflosigkeit und Angst strömten heiß über meine
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