Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Von den Sternen gekuesst

Von den Sternen gekuesst

Titel: Von den Sternen gekuesst
Autoren: Amy Plum
Vom Netzwerk:
mich denn das erste Mal gesehen?«, fragte ich, um mich abzulenken und nicht dort am Ufer der Seine zusammenzubrechen. »Damals im Café Sainte-Lucie?«
    Nein. Er lachte. Du bist mir lange vor dem Treffen im Café aufgefallen. Unsere Wege hatten sich schon über Wochen gekreuzt, bevor du mich überhaupt bemerkt hast. Und ich war neugierig, wer du bist und warum du so gequält gewirkt hast, so schwermütig. Ständig habe ich gehofft, dass deine Schwester oder deine Großeltern mal deinen Namen sagen. Wir haben dich immer nur das traurige Mädchen genannt.
    »Wer ist ›wir‹?«, fragte ich und wurde langsamer.
    Ambrose, Jules und ich.
    »Dann müssen die mich ja wiedererkannt haben damals, im Café«, sagte ich, verwundert über diese neue Version unserer Geschichte.
    Sein Schweigen deutete ich als Zustimmung. Du hast mich von Anfang an fasziniert. Und du faszinierst mich noch. Du bist einfach anders. Ich wollte den Rest deines Lebens damit verbringen herauszufinden, wer du bist. Doch jetzt … Der Satz verebbte. Als ich seine Stimme wieder hören konnte, lag Entschiedenheit in ihr.
    Kate, ich verspreche dir, ich werde einen Weg finden, mich von Violette zu befreien und zu dir zurückkehren. Auch wenn es für uns beide zu spät ist, sollst du wissen, dass ich immer in deiner Nähe sein werde. Ich werde immer auf dich aufpassen.
    Fassungslos erstarrte ich. »Was meinst du damit, dass es für uns beide zu spät ist?«, fragte ich. Es fühlte sich an, als hätte mir jemand in den Bauch geboxt.
    Kate, in ein paar Minuten wird es meinen Körper nicht mehr geben. Von nun an kann ich nur noch dafür sorgen, dass dir nichts passiert. Eine Sterbliche und ein Revenant – das war schon eine ziemliche Herausforderung. Aber eine Sterbliche und ein Geist? Mon amour, das würde ich nicht mal meiner …
    Das war’s. Das waren Vincents letzte Worte, bevor er verschwand und mich am Ufer der Seine zurückließ. Allein, mit keinem anderen Geräusch als dem Rauschen des Winterwindes und dem Plätschern der Wellen.

I ch rannte und hatte das Gefühl, der Fluss wäre über die Ufer getreten und unsichtbare Wellen würden gegen meine Fesseln schlagen. Nach wenigen Sekunden war mir, als würde ich mich unter Wasser fortbewegen und müsste gegen einen starken Strom ankämpfen, um mich der Revenantresidenz überhaupt zu nähern.
    Irgendwann stand ich vor dem Tor, tippte den Code ein und flog nur so durch den Innenhof. Mit aufkeimender Übelkeit riss ich die Haustür auf und sah mich gehetzt um.
    Gaspard und Arthur kamen gerade die Treppe hinunter, den Blick auf ein großes Buch gerichtet, das sie zwischen sich hielten. Als sie mich sahen, blieben sie wie angewurzelt stehen. Gaspard schob das Buch ganz zu Arthur und kam die verbleibenden Stufen zu mir hinuntergeeilt. Er fasste mich bei den Schultern. »Was ist passiert, Kate?«, fragte er.
    »Vincent«, keuchte ich, nach Atem ringend. »Er war bei mir, aber jetzt ist er fort.«
    »Fort? Wohin denn?«, drängte er.
    »Verbrannt«, platzte ich heraus. »Er ist aufgewacht, kam volant zu mir und hat mir erzählt, dass Violette ein großes Feuer und ein Ritual vorbereitet. Und dann war seine Stimme auf einmal weg.«
    Gaspard hakte sich bei mir unter und nahm meine Hand fest in seine. »Hol die anderen«, befahl Gaspard. Arthur war weg wie der Blitz und trommelte die paar Dutzend Pariser Revenants zusammen, die sich in La Maison aufhielten, um keinen neuen Hinweis auf Vincents Aufenthaltsort zu verpassen.
    Gaspard führte mich durch das Wohnzimmer in den riesigen Saal. »Deine Hände sind eiskalt, meine Liebe«, sagte er, als er mich vor das prasselnde Kaminfeuer setzte und mir eine Decke um die Schultern legte.
    Trotz Decke konnte ich nicht aufhören zu zittern. Wegen der Flammen musste ich nämlich an ein anderes Feuer denken, das ein paar Fahrtstunden südlich von hier loderte. Flammen, die mir Vincent genommen hatten. Für immer.
    Von hinten näherten sich schnelle Schritte und schon fand ich mich in einer festen Umarmung wieder, umklammert von mehreren Kilo reiner Muskelmasse. »Katie-Lou, alles in Ordnung mit dir?«, fragte Ambrose, seine Stimme heiser vor Sorge. Er hielt mich gerade weit genug von sich weg, um mir prüfend ins Gesicht schauen zu können. Ich schüttelte nur benommen den Kopf und schon nahm er mich wieder fest in den Arm.
    So verharrte ich, bis sich alle um uns versammelt hatten. Jean-Baptiste ließ sich auf einem der Holzstühle vor dem Kamin nieder, Gaspard stellte sich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher