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Von den Sternen gekuesst

Von den Sternen gekuesst

Titel: Von den Sternen gekuesst
Autoren: Amy Plum
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jeden dazu zwingen, dir zu folgen, dafür werden sie dich niemals respektieren oder lieben.« Ich hole aus, doch Violette antizipiert meine Bewegung und schlägt mir das Schwert aus der Hand. Es landet auf dem Boden, ich will es aufheben, da hat sie schon wieder ausgeholt und ist viel zu nah. Also trete ich ihr lieber unbewaffnet gegenüber, als beim Versuch, wieder an das Schwert zu kommen, zerstückelt zu werden.
    »Liebe ist für Schwächlinge«, sagt Violette, Verachtung dringt ihr aus jeder Pore. Mit einem Ächzen schwingt sie die Klinge zum Todesschlag. Mein Instinkt will, dass ich mich wegducke, doch ich zwinge mich, nicht von der Stelle zu weichen.
    Das ist deine Chance , Louis , sage ich. Jetzt kannst du dein Schicksal selbst in die Hand nehmen. Metall blitzt auf und Violette taumelt rückwärts. Schnell dreht sie sich, lässt das Schwert fallen und streckt die Arme aus, um nicht mit dem Gesicht zuerst im Schmutz zu landen.
    Zitternd vor Anstrengung drückt sie sich vom Boden ab und schaut so zornig zu Louis, dass dieser förmlich an ihrem Blick abprallt und sie entsetzt ansieht. Violette zieht sich den Dolch aus der Brust und mustert ihn so eindringlich, als hätte sie noch nie zuvor so eine Waffe gesehen. Überall ertönen Schlachtrufe, doch niemand wagt es, sich zu nähern.
    Während ich zwischen Louis und Violette hin- und herblicke, begreife ich mit plötzlicher Klarheit, dass meine Vermutung stimmte. Die überragende Stärke der Meisterin ist keine körperliche Fähigkeit. Es ist eine mentale. Meine innere Stärke spornt andere zur Loyalität an. Und genau diese Fähigkeit wird mir helfen, meine Anverwandten wieder auf den Weg zu bringen, den Revenants beschreiten sollten, bevor sie anfingen, unter den Anforderungen zu leiden, die das Schicksal an sie stellte.
    Die Gabe der gesteigerten Wahrnehmung – die Fähigkeit, an einer Aura nicht nur das Schicksal abzulesen, das einen Numa wie Louis ereilt hat, sondern auch zu erkennen, dass er die Möglichkeit in sich trägt, die Seiten zu wechseln – bringt mich auf einen ganz neuen Gedanken. Vielleicht bin ich ja nicht nur die Meisterin der Bardia, sondern aller Revenants.
    Und dann bin ich mit einem Mal unumstößlich davon überzeugt. »Weißt du, was, Violette?«, sage ich, hebe mein Schwert auf und nehme die leicht geduckte Grundhaltung ein. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich hier bin, um das alles zu ändern.«
    Das Feuer hinter ihr hat seinen höchsten Stand erreicht, die Wut in ihren Augen hallt in den lodernden Flammen nach. Mit einer Geste erregt sie die Aufmerksamkeit eines Numa, der ganz in der Nähe steht, zeigt dann auf Louis und schreit: »Töte ihn!«
    Ich mache einen Schritt auf sie zu, das Schwert gesenkt, bereit zum Angriff. Violette macht eine blitzschnelle Bewegung, etwas Glitzerndes saust durch die Luft. In der Klinge spiegeln sich die goldenen Flammen des riesigen Feuers, bevor sie tief in mich eindringt. Ich umfasse das Heft des Schwerts umso fester mit der rechten Hand, ignoriere den Dolch, der in meiner linken Schulter steckt, hole mit aller Macht aus und ziele auf Violettes Hals.
    Im gleichen Moment höre ich ein Zischen und Louis fällt zu Boden, ein Pfeil steckt ihm mitten in der Stirn.
    Um uns tobt die Schlacht in gewaltiger Lautstärke los. Schreie, fuchtelnde Körperteile und das Klirren von Schwertern dröhnen aus allen Richtungen, doch mein Blick bleibt starr auf meine Gegnerin gerichtet. Der heiße Schmerz in meiner Schulter gibt mir den nötigen Anstoß, das zu tun, was ich tun muss. Das Schwert trifft auf ihren Hals, trennt ihn säuberlich durch und schon bricht Violette in sich zusammen, tot.

W ie gebannt und gelähmt von Entsetzen und Erleichterung starre ich auf den blutigen Haufen, der einst Violette war. Dabei kann ich mir den Luxus einer solchen Pause nicht leisten, eine Streitaxt saust auf mich zu. Ich springe aus dem Weg und spüre, wie starke Hände nach mir greifen. Ich wehre mich, doch dann höre ich Vincent: »Ich bin’s.« Er nimmt meine Hand und zusammen sprinten wir zum Rand der Arena, fort aus dem ärgsten Getümmel.
    Wir hocken uns hinters Feuer, der Kampflärm ist ohrenbetäubend. Ich lasse das blutige Schwert auf den Boden fallen. Vincent dreht mich zu sich, nimmt meinen Kopf in beide Hände und gibt mir einen schnellen, festen Kuss. Ich hätte nie gedacht, dass Schweiß und Rauch so gut schmecken können.
    »Das musste sein«, sagt er mit dem Anflug eines Lächelns. Vorsichtig sieht er sich
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