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Vom Kämpfen und vom Schreiben

Vom Kämpfen und vom Schreiben

Titel: Vom Kämpfen und vom Schreiben
Autoren: Carla Berling
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»Rattenfang« sind erst für den Herbst geplant, ich muss also nicht hetzen und gönne mir ein paar freie Tage.
    Ich überlege, wie ich noch mehr Schreibzeit gewinnen kann. Meinen Newsletter stelle ich ein. Ich bitte die 1.531 Empfänger, demnächst auf meiner Webseite ab und zu nachzusehen, was es Neues gibt.
    Auch den Blog lege ich weitgehend still. Was bisher über meine Arbeit dort zu lesen war, möchte ich ausführlich in dem neuen Buch erzählen.
    Ich lese kurz nacheinander in Bochum, drei Mal in Frankfurt am Main und in Köln. Manchmal kommen siebzig Zuschauer, manchmal elf. Manchmal verkaufe ich fünfzig Bücher, manchmal drei. Jetzt, im Frühjahr, muss ich bereits dafür sorgen, dass ich im Herbst wieder genug Lesungen habe.
    Die Agentur, bei der ich den Vertrag über das Booking zu »Jesses Maria« unterschrieben habe, meldet sich nie wieder bei mir. Schade, denn noch immer habe ich manchmal das Gefühl, ich müsse mich vierteilen, um alles zu schaffen. Ich wünsche mir Hilfe, hätte gerne eine andere Agentur, aber ich weiß nicht, wie ich eine finden soll.
    In der Pause einer Lesung in Frankfurt kommt jemand zu mir, der sich als ehemaliger Mitarbeiter eines großen Verlags ausgibt. Karl Klausen stellt sich als erfolgreichen Künstlermanager vor. Zum Beispiel habe er seinerzeit die berühmte Schriftstellerin Anke Müller entdeckt, er kenne sich also im Business absolut aus.
    Und mich, sagt Herr Klausen, mich sehe er in großen Hallen, in ausverkauften Theatern, vor riesigem Publikum. Denn ich, ich sei etwas ganz Besonderes, ich habe Stimme und Charisma und könne lesen und sei so unglaublich hübsch und elegant. Ich würde meine Texte regelrecht schauspielern, und er wolle mich managen, mich fordern und fördern.
    Ich bin geschmeichelt. Er erzählt nichts von sich, wie so viele Menschen, die nach einer Lesung zu mir kommen, sondern er lobt mich und schmeichelt mir und hört damit gar nicht mehr auf.
    Herr Klausen sagt, er habe eigentlich in der Pause gehen wollen, weil er noch einen wichtigen Termin gehabt hätte – abends um elf, so ein fleißiger Mann! —, aber nun habe er telefonisch alles abgesagt, um mich auch im zweiten Teil zu erleben. Es sei so ein Genuss, mich zu sehen, und er habe große Pläne mit mir, ununterbrochen fiele ihm etwas zu mir ein, denn so ein Talent, das gehöre gecoacht und gemanagt, und das werde er nächste Woche in Köln mit mir besprechen.
    »Ich bin zufällig in Köln und dann setzen wir uns zusammen«, sagt Herr Klausen.
    Spontan möchte ich sagen: »Verstehe. Sie bringen mich gannnz groooß raus«, aber ich reiße mich zusammen. Vielleicht meint er es wirklich ernst. Wäre zu schön, um wahr zu sein, wenn es endlich jemanden gäbe, der mir die Büro- und Akquisearbeit abnähme. Herr Klausen bleibt bis nach der Lesung. Er kauft ein Buch und lässt es sich signieren. Mir fällt auf, dass er Kette raucht und dass sein unruhiger Blick meinem nicht standhält. Er fragt nach meinen Kontakten bei Facebook, es sind um die viertausend: Das seien doch sicher alles Männer, die sich mit mir treffen wollen? Was für eine alberne Idee, denke ich. Immerhin bin ich fünfzig.
    »Nein, mich hat noch keiner wegen eines Treffens gefragt und ich glaube, es sind mehr Frauen als Männer in meinem Netzwerk«, sage ich. Herr Klausen guckt skeptisch.
    Ich solle, bitte bitte, ganz ganz vorsichtig sein bei Facebook, ganz vorsichtig, denn grade da seien so viele Borderliner, die sich mit den tollsten Tricks an Frauen ranmachen würden, und das könne sehr, sehr böse enden. Ganz hinten in meinem Kopf klingelt etwas. Ich sähe da keine Gefahr, sage ich, denn ich kommuniziere über meine Familie und Mann und Kinder, da könne niemand etwas falsch verstehen.
    »Ja, aber trotzdem«, sagt Herr Klausen.
    Und dann fragt er, was ich alles schon gemacht hätte, um an Lesungen heranzukommen. Ich erzähle treuherzig von den knapp zweitausendfünfhundert Mails an Landfrauen-und andere Verbände, Theater, Kliniken, Hotels und Restaurants, die ich allein in den letzten Monaten verschickt habe. Herr Klausen fragt, was genau in meinen Anschreiben stehe. Jetzt klingelt es schon ganz laut in meinem Kopf.
    »Och, weiß ich gar nicht, ganz unterschiedlich«, weiche ich aus.
    Herr Klausen sagt: »Gut. Das klären wir dann alles nächste Woche. Ich muss ja wissen, wo ich mit den Aktivitäten ansetzen kann. Am besten treffen wir uns bei dir zu Hause, im Café rumhängen, das ist unprofessionell, so fangen wir gar nicht
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