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Vom Internet ins Ehebett (German Edition)

Vom Internet ins Ehebett (German Edition)

Titel: Vom Internet ins Ehebett (German Edition)
Autoren: Sophie Berg
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mehr tanzengewesen. »Gern«, ich versuchte meine Aufregung zu unterdrücken.
    »Was hältst du vom ›Davis‹?« Er gab Michi ein Handzeichen, dass wir zahlen wollten. Ich zückte die Geldtasche.
    »Du bist mein Gast.« Ich wehrte ab. »Ehrlich, Rosi bitte, lass mich dich einladen. Du zahlst das nächste Mal.«
    Das freute mich. Vor allem freute mich die Tatsache, dass er schon ein nächstes Mal im Auge hatte. Obwohl ich nicht wirklich daran gezweifelt hatte. Allerdings wusste ich auch nicht genau, woran ich bei ihm war.

    Das »Davis« entpuppte sich als Jazzkeller im Künstlerviertel der Stadt. Ich folgte Greg die dunklen, verwinkelten Stufen nach unten. »Hilfe«, dachte ich, »ich will hier weg! Ich gehöre nicht hierher!« Nur zu deutlich hatte ich meinen letzten Barbesuch ganz in der Nähe in Erinnerung. Der zum Großteil darin bestanden hatte, auf der Toilette zu sitzen und meinen Freundinnen zu lauschen. Ich war zu alt für solche Lokale. Ich war zu bieder. Ich war ganz und gar unpassend. Das musste Greg doch erkennen! Warum führte er mich dann hierher? Es war schummrig und überfüllt. Als sich meine Augen an das warme, dunkelgelbe Licht gewöhnt hatten, blickte ich mich um. Das Alter der Gäste war dreißig aufwärts. Vielleicht waren ein paar Zwanzigjährige darunter. Zum Ausgleich war der Pianist sicher schon an die siebzig. Mit Begeisterung ließ er seine Finger über die Tasten gleiten. Dazu der Bass, die Drums und natürlich ein Saxophon.
    »Das Saxophon ist das erotischste Instrument, das ich kenne«, flüsterte Greg dicht an meinem Ohr. Seine Stimme klang warm, lockend, vielversprechend. Ich spürte, wie ein kleiner, wohliger Schauer von meinem Nacken hinab die Wirbelsäule entlangrieselte. Diese Musik, diese Atmosphäre und vor allem: dieser Mann. Ich war in dem Lokal genaurichtig. Und instinktiv wusste ich, mit diesem Mann würde ich überall richtig sein.
    Ich erwartete, dass wir uns einen Platz suchen würden, doch Greg umfasste meine Hüften mit beiden Händen. Wie von selbst legte ich ihm meine Arme um den Hals. Wie hatte ich je aufgeben können, diesen Mann zu spüren?
    Eine schwarze Sängerin betrat die Bühne und ergriff das Mikrofon. Sie begann »Somewhere over the rainbow« zu singen. Ja, da waren wir jetzt. Irgendwo über dem Regenbogen. Weit weg von der Wirklichkeit. Im Einklang mit der Musik. Zwei Menschen im Gleichklang. Ich spürte seine Erregung. Ich spürte meine Erregung. Ich spürte seine Hände, die meine Hüften gegen seine drückten. Unsere Körper bewegten sich im gleichen Rhythmus. Niemand beachtete unseren intensiven Kuss. Die meisten anderen Pärchen gaben sich ebenfalls der Musik hin. Ein paar vereinzelte Gäste saßen an der Bar und tranken Whisky oder Cola mit Rum. Rauchschwaden zogen durch die Luft. Ich hätte ewig so weitertanzen können. Ich hätte ewig so weiterküssen können. Doch noch viel lieber hätte ich diesem Mann die Kleider vom Leib gerissen und wäre mit ihm ins nächste Bett gestiegen. Greg merkte sicher, dass er mich heiß machte – aber er machte keine Anstalten, den von mir herbeigesehnten nächsten Schritt zu tun. So blieben wir bis kurz nach halb zwei. Wir tranken nicht viel – wir waren auch so trunken.
    Greg blickte auf die Uhr. »Ist es dir recht, wenn ich dich jetzt nach Hause bringe? Ich muss morgen früh raus. Ich habe einen wichtigen Termin.«
    »Morgen!«, fiel es mir siedend heiß ein. Morgen war Huberts Hochzeit! Mit einem Schlag war ich aus meiner Traumwelt wieder aufgetaucht. Ich hatte es nicht geschafft, mir einen Begleiter zu organisieren. Und ich würde schrecklich aussehen nach nur fünf Stunden Schlaf!
    Greg brachte mich nach Hause. Ein kleiner Kuss. Kein »Zu mir oder zu dir?«, wie ich es insgeheim erhofft hatte. Auch kein »Wann sehen wir uns wieder?« Als er keine Anstaltenmachte zu fragen, fragte ich. Schließlich war ich eine moderne, emanzipierte Frau. Seine Untersuchungen in der Praxis waren abgeschlossen. Wenn ich jetzt nicht die Initiative ergriff, wer wusste, wann wir uns wieder begegneten. »Wann sehen wir uns wieder, Greg?«
    Zu meinem Erstaunen und zu meiner Beunruhigung sagte er zuerst einige Zeit gar nichts. Und dann folgte ein leichthin gesagtes »Na, wir werden uns schon wieder über den Weg laufen.«
    Ich war wie vor den Kopf geschlagen. Nach so einem Abend so eine Antwort? Hatte ich an diesem Abend etwas falsch gemacht? Ich konnte mir keinen Reim auf Gregs Verhalten machen. Außer dem, dass ihn mein
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