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Vom Ego zum Selbst: Grundlinien eines spirituellen Menschenbildes

Vom Ego zum Selbst: Grundlinien eines spirituellen Menschenbildes

Titel: Vom Ego zum Selbst: Grundlinien eines spirituellen Menschenbildes
Autoren: Sylvester Walch
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Glücksgefühle auslöst, werden wir davon überwältigt. Jeder Akt der Heilung wird durch diese Güte des All-Einen vollständig.
    In einer Gruppe sprach eine Frau voller Schmerz über die von ihr veranlasste Abtreibung. Im Geiste nahm sie mit dem Ungeborenen Kontakt auf und erzählte ihm, weshalb sie damals nicht anders konnte. Als sie sich dafür entschuldigte, entstand plötzlich eine andachtsvolle Stimmung, von der alle anderen Gruppenmitglieder erfasst wurden. Jemand verdunkelte spontan das Licht und zündete eine Kerze an. Auch am Ende von holotropen Atemsitzungen, wenn die meisten nach getaner Arbeit, begleitet von spiritueller Musik, noch entspannt ihre Bilder malen, breitet sich eine feierliche Atmosphäre aus. In diesen Momenten der Gnade ist die universale Weisheit so präsent, dass die Nebengeräusche in den Hintergrund treten und ein Zustand vollkommener Ordnung entsteht.
    Sogar in Bedrängnis kann die Gnade durchscheinen. Als ich diesen Textabschnitt zum ersten Mal verfasste, stürzte der Computer ab, und die Seiten, die ich in den vergangenen Stunden geschrieben hatte, konnten nicht mehr wiederhergestellt werden. Zunächst war ich wie gelähmt und ohnmächtig vor Ärger. Mein Kopf war leer, und ich erinnerte mich an nichts mehr, was ich vor wenigen Minuten geschrieben hatte. Als ich innehielt, wurde mir klar, dass ich mich dem Thema »Gnadenakte in Problemsituationen« widmete. Ich begann, innerlich zu lächeln, denn es blieb mir nichts anderes übrig, als diese Lektion zu akzeptieren. Nach einem kurzen Spaziergang setzte ich mich wieder vor den Computer, und es entstand ein anderer Text. Am nächsten Morgen fühlte ich mich vollkommen frei.
    Wird das Leben von der Anmut des Göttlichen erfüllt, wird alles, was geschieht, davon erleuchtet. Nichts mehr ist sinnlos, unnötig oder überflüssig. Ich kann dem, was mir begegnet, vollkommen vertrauen, denn es ist zum Besten für mich und für die anderen. Rückschläge, Hindernisse oder gar Krankheiten stehen dazu nicht im Widerspruch, denn sie fokussieren mich auf die zu bewältigenden Aufgaben. Das eigene Bemühen ist die Voraussetzung, dass die Frucht der Situation hervorkommen kann. Dazu gehört natürlich auch die Frage, ob man selbst gerade das Bestmögliche tut. Da jeder Augenblick kostbar ist, sollte man jetzt mit dem beginnen, was man erreichen möchte, und es nicht verschieben. Damit helfen wir nicht nur uns selbst, sondern auch der Menschheit. So wie uns auch bei der individuellen Bearbeitung von Problemen kollektive Lösungen zur Verfügung stehen. Wenn wir unsere Aufgaben mit ganzem Herzen erfüllen – jeder in seiner Zeit und an seinem Ort –, ist uns die Gnade sicher, denn auf einer tieferen Ebene strebt alles zur Ganzheit. Es ist wie in einem großen Gewebe, in dem jede Masche ihren Teil zum Ganzen beiträgt und gleichzeitig von den anderen profitiert. Verankert in diesem transzendentalen Feld, eingebettet in die Liebe Gottes, wächst der Mensch über sich hinaus und zu sich selbst hin. In dieser Resonanzschwingung wird die Liebe zu einer Haltung dem Werden gegenüber und Mitgefühl zu einer Antwort auf Verstrickung.
    Deshalb soll die durchströmende kosmische Liebe weitergegeben werden, denn Selbstverwirklichung ist keine persönliche Angelegenheit. Die empathische Beteiligung am Seinsganzen ist die treibende Kraft einer umfassenden psychospirituellen Evolution.
    So ist Liebe in jeder Situation die beste Lösung. Eine Erweiterung unseres inneren Horizonts ist aber notwendig, wenn wir die Liebe transzendieren und auf eine universelle Perspektive hin ausdehnen wollen. Im geistigen Wesensgrund fundierte Liebe ist ganzheitlich und durchdringend, nicht an Erwartungen, nicht an Bedingungen, nicht an zeitliche oder räumliche Beschränkungen gebunden, Liebe zum Wesenskern, zum Mittelpunkt des Seins, zur Schöpfung und zu allen Menschen. Liebe ist somit die universelle Matrix und zugleich der kleinste gemeinsame Nenner. Sie ist die Grundstruktur des Universums und hat die Tendenz, sich im Leben zu verwirklichen. Im Alltag erleben wir dies zum Beispiel als Mitgefühl zu fremden Menschen vor allem dann, wenn uns tragische Einzelschicksale berühren oder wenn wir unter dem Eindruck von Katastrophen stehen. Wir öffnen unser Herz und sind bereit zu helfen, ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten. Die segensreiche Wirkung des Mitgefühls strahlt dann auf uns selbst zurück, da wir im Nächsten auch jenen spirituellen Grund würdigen, aus dem
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