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Vom Baum Der Erkenntniss

Titel: Vom Baum Der Erkenntniss
Autoren: Karl Gutzkow
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ihrer beschleunigten Bewegung ziehen sie alles mit sich abwärts.
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    Wenn sich unedle Naturen endlich entschließen müssen, ihre Verbindlichkeiten zu erfüllen, so pflegen sie gewöhnlich hintennach noch ein Extrastückchen ihres Charakters, irgend etwas Gemeines, als unverlangtes Agio draufzugeben.
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    Kein Tod ist so tragisch, wie der des Gecken.
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    Um sich mit den Mängeln dieser Welt auszusöhnen, muß man das Behagen beobachten, wie selbst eine Gruppedes Elends das nächste physische Athmen, das Leben und Weben und Sein in der Luft, die allen zugetheilt ist, genießt. Auch Kranke und Krüppel gewöhnen sich glücklicherweise mit der Zeit, die schwachen Fäden, mit denen sie am Leben hängen, so auszuspinnen, als wären sie vom reinsten Golde. Da will man sagen – die Strafe der ewigen Gefangenschaft wäre härter als die Todesstrafe!
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    Die Liebe ist uns gegeben, den Tod willkommen zu heißen. Wir gehen so gern, löscht eine Kerze nach der andern aus.
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    Die letzte Stunde wünsche ich mir nicht zu frühe und wünsche sie mir nicht zu spät.
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    Nur Begeisterung hilft über die Klippen hinweg, die alle Weisheit der Erde nicht zu umschiffen vermag.

Das innere Gesetz
    Wer sich seine Lebensschicksale selbst zu bestimmen weiß, ist in der Regel doch nur ein Egoist.
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    Das Gefallen an der Lüge schleicht sich beim Menschen unter den mannichfaltigsten Beschönigungen und Entschuldigungen ein. Bald heißt es, die Unwahrheit der andern Menschen zwänge uns, diese ebenso zu bedienen; bald ist sie wol gar nur eine bloße Geistesübung, um die langweilige Anwendung der Wahrheit angenehm zu unterbrechen. Besonders gibt es junge Mädchen und Frauen, die zur Gewöhnung an die Wahrheit erst durch eine herbe Lektion des Schicksals gelangenkönnen. Die Lüge wirbelt sie Tag ein Tag aus, vom Erwachen bis zum Schlafengehen, im immer gleichen Kreise um.
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    »Wie? Ich sollte mich nicht so geben, wie ich bin?« Gewiß! Prüfe dich aber erst, ob du auch so, wie du bist, sein darfst!
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    Wir werfen uns zuweilen Fehler vor und gestehen es sogar Andern ein, daß wir deren eine große Anzahl haben. Näher aber betrachtet, haben wir dabei die geheime Absicht, aus diesen sogenannten Fehlern gerade einige unsrer schönsten Tugenden hergeleitet zu sehen. Ach, ich bin so außerordentlich zerstreut, so unordentlich, so vergeßlich! Es soll heißen: Nicht wahr, ich bin eine poetische Natur?
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    Was du dir Charakter nennst, nenne dir doch viel lieber Trotz!
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    Die Tugend soll dich glücklich, aber nicht hochmüthig auf dich selbst, am wenigsten neidisch auf Andere machen, neidisch wol gar auf solche, die der Tugendhafte nur zu meiden, zu bemitleiden hat. Oft ist es, als wenn nur darum die Tugendhaften so verdammungssüchtig sind, weil sie sich ärgern über die Annehmlichkeiten, die sie sich um ihrer Tugend willen im Vergleich mit Andern müssen entgehen lassen. Den kirchlichen Zeloten sieht man geradezu den Zorn um die Entbehrungen an, die ihre Scheinheiligkeit ihnen auferlegt.
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    Wer in seiner Jugend ein starkes Gedächtniß hatte und in seinen spätern Jahren es verliert, der merke wol auf, wie es mit seinem Herzen steht. Denn vielleicht hat nicht der Geist da nachgelassen, sondern nur eine Saite des Herzens. Je stolzer und von sich eingenommener man wird, desto mehr verliert sich jene Innigkeit der Seele, die aufmerkt und behält. Schwaches Gedächtniß kann auch armes Gemüth sein.
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    Die Kunst des Lebens fängt da an, wo dessen Natürlichkeit aufhört. Doch nur denjenigen Lebenskünstler kann man rühmen, der die spröden Stoffe der Charaktere und Situationen deshalb beherrscht und deshalb vermittelt und an einander sich aufreiben, spielend von sich abgleiten läßt, um zuletzt doch wieder der Natur die Ehre zu geben.
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    Euripides bezeichnete das unausgesprochene Einverständnis der gesitteten Welt über dasjenige, was der Anstand mit sich bringt, mit dem schönen Ausdruck: »die ungeschmiedeten Ketten der Sitte.«
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    Wer sich nicht früh gewöhnen wollte, ein noch so kleines, zuviel empfangenes Geldstück zurückzugeben, ein gegebenes Versprechen, obschon uns daran Niemand mehr erinnert, dennoch zu lösen und sich in ähnlicher Strenge gegen sich selbst zu üben, der würde bald auch in größern Dingen verlernen, sich und Andern gerecht zu werden.
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    Urtheile nicht zu rasch über sogenannte Gemüthlosigkeit! Kannst du es denn wissen, ob jener so kalt und streng erscheinende Mann nicht auch
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