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Vollidiot

Vollidiot

Titel: Vollidiot
Autoren: Tommy Jaud
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Und jetzt gibt es da keine leckeren Quesadillas mehr, sondern nur noch irgendwelchen Chocolate Fudge Macadamia Nudge Matsch. Phil kann natürlich nicht ansatzweise verstehen, dass ich das »Babe« noch nicht klargemacht habe.
    »Mensch, Simon, da musste reingehen und sie fragen, was sie nach Feierabend macht, ist doch klar, oder? Oder?«
    »Ich geh da nicht rein, und du weißt genau, warum!«, entgegne ich, um unsere Unterhaltung zu entsexualisieren. »Ahhh ... vergiss die Food Station doch mal. Das Leben geht weiter. Kauf dir 'nen Kaffee und einen Keks!«
    »Ich kauf mir keinen Ami-Kaffee!«
    »Echt nicht? Das ist ja interessant! Und warum nicht?«
    »Auf der ganzen Welt machen die Amis Ketten auf mit Sachen, von denen sie keine Ahnung haben! Pizza Hut zum Beispiel. Hab ich da irgendwas verpasst, oder ist Pizza nicht zufällig italienisch? Ich gehe ja als Deutscher auch nicht in die USA und eröffne 'ne Crepes-Kette mit fünfhundert Filialen! «
    Ich nehme einen Schluck Bier. Phil schaut mich an wie ein Auto.
    »Könntest du aber!«
    »Ja, genau!«
    »Hey, Simon, ich hab ja nur gesagt, dass du da reingehen sollst, einen Kaffee trinken und die Gute fragen, was sie nach Feierabend macht. Kann mich nicht erinnern, dass das Wort Kulturrevolution gefallen ist!«
    »Ich kann da nicht rein! Der Kaffee schmeckt wie Rattengift, und rauchen darf man auch nicht. Außerdem sitzen immer dreißig Mütter mit schreienden Kleinkindern drin! Und die Mexican Food Station ...«
    Augen rollend stellt Phil sein Bier ab und beendet meinen Satz für mich.
    »... war besser, ich weiß. Okay, das mit dem Rauchen nervt echt. Aber ansonsten redest du totalen Scheiß! Es ist wirklich bedauerlich, wie Starbucks dein Leben zerstört hat! «
    Da haben wir's: Phil sitzt keine Viertelstunde neben mir, und ich fühl mich schon unwohl. Ich sollte die Klappe halten, doch ein innerer Rechtfertigungsdrang treibt mich weiter.
    »Hast du mal Nachrichten geschaut in den letzten Jahren? Stichwort Irak, Afghanistan, die Sanktionen gegen Kuba? Das kann ich doch nicht unterstützen!«
    »Sekunde mal, Simon. Lass mich das zusammenfassen: Du weigerst dich, Kaffee im Starbucks zu trinken wegen der Kubapolitik der USA?«
    »So sieht's aus!«
    »Und was denkst du, was passiert, wenn die Nachricht im Weißen Haus einläuft, dass Simon Peters das Starbucks in Köln boykottiert? Ohhh ... Mr. Präsident, wir müssen das Helms-Burton-Gesetz gegen Kuba revidieren, Simon Peters hat eine Kaffee- und Keksblockade gegen das Starbucks in der Kölner Altstadt angekündigt!«
    Ich weiß nicht, ob ich es schon erwähnt habe, aber manchmal hasse ich Phil regelrecht.
    »Du bist bekloppt!«
    »Und du ein Arsch!«
    Wir schweigen eine Weile, und ich lasse meinen Blick durch den Pub schweifen. Am Darts steht die übliche Bande versoffener Berufsjugendlicher und denkt, sie betreibe Sport. Eine dürre Studentin steckt sich vor dem Klo einen Fünfzigerpack Gratispostkarten ein, und die mollige Knubbelbedienung bringt gerade einen Korb Homebaked Irish Bread an den Nachbartisch. In Gedanken bin ich aber immer noch bei Starbucks.
    »Und es ist doch eine Kulturrevolution!«, zische ich Phil an. »Du wirst sehen, am Ende verkaufen die uns unsere eigenen Lebkuchen für zwei Euro das Stück!«
    »KEINER verkauft dir Lebkuchen für zwei Euro das Stück! «
    »DIE schon!«
    »Wie gesagt: Du bist bekloppt!«
    »Und du gehst mir auf den Sack!«
    »Noch ein Pint?«
    »Klar! «
    Kopfschüttelnd trinken wir unser Bier. Ich schau noch mal, ob im Pub nicht doch irgendwo Peter Kloeppel und Alexandra von der Groeben sitzen, mit denen ich über Sport oder Delphine sprechen könnte. Leider ist keiner von beiden da. Als uns gegen Mitternacht das dritte Mal »I can't get no satisfaction« aus den Lautsprechern ent-gegenquäkt, bestellen wir ein Taxi in den Wartesaal. Das ist so 'ne Disco, wo Phil angeblich zwei scharfe Schnecken am Start hat, die er von 'ner Party kennt. Weil ich ein Idiot bin, lade ich Phil auf die Biere ein, obwohl ich ihm gerade Kohle geliehen habe. Der irische Knubbel gibt uns noch einen Whiskey aus, dann rasen wir in Richtung Wartesaal.
    DER SAFTSCHUBSER-GENTLEMAN
    Phil kennt den Türsteher und kommt so rein. Denke ich zumindest zuerst. Als ich auf meinen Zwanziger nur ein müdes Lächeln zurückbekomme, wird mir klar, dass ich für ihn mitgezahlt habe. Gerissenes Arschloch! Wenigstens ist drinnen schon echt was los. Irgendein verpickelter »Resident DJ« mit Berlin-Mitte-Hornbrille
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