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Volle Kanne

Volle Kanne

Titel: Volle Kanne
Autoren: Janet Evanovich
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kastanienbraunen Pony, der dringend geschnitten werden musste, erinnerte sie Maggie an einen Hirtenhund. »Ich bin schon unterwegs.«
    Kurz darauf betrat Maggie den Röntgenraum, wo der sechsjährige Bobby Carmichael auf dem Edelstahltisch saß, schniefte und immer noch ein Papiertaschentuch gegen seine blutende Nase presste. Er war auf dem Spielplatz vor der Schule von einem Klettergerüst gefallen, und Maggie hatte Röntgenaufnahmen angeordnete, um festzustellen, ob er sich etwas gebrochen hatte. Seine Mutter saß neben ihm auf einem Stuhl und redete ihm gut zu.
    Alice hielt eine Röntgenplatte in die Höhe. »Bobby will sich nicht röntgen lassen.«
    Maggie schenkte dem Jungen ein Lächeln. »Was ist los, Bobby? Röntgen tut nicht weh. Bist du noch nie geröntgt worden?«
    »Doch, beim Zahnarzt«, brachte er schluchzend hervor. »Aber …«
    Die drei Frauen warteten.
    »Es tut bestimmt weh, wenn sie versucht, mir dieses große Ding in den Mund zu stecken.« Er deutete auf die Röntgenscheibe .
    »Ach, Schätzchen, Alice wird dir nichts in den Mund stecken.« Maggie wandte sich an ihre Assistentin. »Würden Sie bitte Bobby genau erklären, was auf ihn zukommt?«
    Queenie wartete an der Tür, bis Bobby sich beruhigt hatte, und winkte Maggie dann zu sich.
    »Unser bisher ungeschlagener Lieblingspatient Henry Filbert ist auf einen rostigen Nagel getreten«, berichtete sie. »Er sitzt im Behandlungsraum eins. Susie O‘Neal in Raum zwei ist stark erkältet, und Dee Dee Fontana wartet in Raum drei, um ihr sechs Monate altes Baby untersuchen zu lassen. Routinecheck.«
    »Ich hoffe, Dee Dee hat meinen Rat befolgt und sich wegen ihrer Hormonstörungen an ihren Gynäkologen gewandt«, flüsterte Maggie.
    »Jamie Swift-Holt begleitet sie«, erklärte Queenie. »Sie sind früh dran, also kannst du dir noch Zeit lassen.«
    »Ich werde mich zuerst um Henry kümmern, dann um Susie.« Maggie ging in den ersten Behandlungsraum. Der elfjährige Henry war über seinen Gameboy gebeugt und sah nicht auf, als sie hereinkam. Ebenso wenig wie seine Mutter, die ihre Nase in ein
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-Magazin vergraben hatte. »Was ist mit deinem Fuß passiert?«, erkundigte sich Maggie, während sie die Wunde untersuchte.
    »Ich bin auf einen rostigen Nagel getreten«, murmelte er und drückte auf die Tasten seines Gameboys, so schnell er konnte.
    »Und warum um alles in der Welt hast du das getan?«, neckte Maggie ihn.
    Er sah auf und betrachtete sie durch die Gläser seiner klobigen Schildpattbrille. Seine blonde Ponyfrisur bildete eine millimetergenaue Linie über seiner Stirn. »Was? Sie glauben, ich habe das mit Absicht getan?«
    Jetzt sah auch Mrs. Filbert auf. »Es war ein Unfall, Dr. Davenport«, erklärte sie und warf Maggie einen misstrauischen Blick zu.
    Der Junge runzelte die Stirn. »Ich bin doch nicht dumm«, erklärte er und wandte sich wieder seinem Computerspiel zu.
    Maggie machte sich nicht die Mühe, das Missverständnis aufzuklären, sondern säuberte und verband die Wunde, bevor sie ein Rezept ausstellte. Henry mochte nicht dumm sein, aber er war verzogen und ausgesprochen unhöflich, dank seiner reichen Eltern, die ihn über alle Maßen verwöhnten. Sie blätterte in seiner Patientenakte. »Wie ich sehe, hat Henry seinen letzten Diphterie-Polio-Tetanus-Impfschutz im Alter von vier Jahren bekommen. Üblicherweise frische ich die Tetanusimpfung im Alter von zwölf Jahren auf. Um sicherzugehen, könnten wir Henry die Spritze bereits jetzt geben.«
    »Hmm.« Mrs. Filbert hatte ihren Blick bereits wieder auf die Zeitschrift in ihrer Hand geheftet.
    »Gut, dann werde ich die Spritze vorbereiten.« Als sie keine Antwort erhielt, zuckte Maggie die Schultern und verließ das Behandlungszimmer.
    Queenie klebte im Vorzimmer gerade einen Notizzettel an eine Karteikarte. »So etwas habe ich noch nie erlebt«, meinte sie. »Die Schule hat erst vor knapp zwei Wochen wieder begonnen, und schon ist die Hälfte der Kinder in der Stadt erkältet.«
    »Henry braucht eine Tetanusspritze«, erklärte Maggie.
    Queenie seufzte. »Und ich hatte gehofft, das würde ein guter Tag werden«, murmelte sie.
    Maggie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. Zehn Uhr dreißig, und das Wartezimmer war immer noch voll. Und das an einem Freitag, wo sie eigentlich die Praxis pünktlich schließen wollte, um ins Wochenende zu gehen.
    Susie O‘Neal war eine Zweitklässlerin mit Grübchen und Rattenschwänzchen. Meist trug sie Trägerkleider, die ihre Mutter für sie
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