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Voll im Bilde

Voll im Bilde

Titel: Voll im Bilde
Autoren: Terry Pratchett
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Knallkörner.«
    Silberfisch nahm noch eins. »Komisch, daß man immer mehr essen möchte. Man kriegt nicht genug davon. Knallkörner? Na schön. Nun, meine Herren… Drehen wir die Kurbel noch mal.«
    Lully spulte den Film in der Laterna unmagica zurück.
    »Du hast eben gesagt, daß du einen geeigneten Ort kennst«, erinnerte er den Präsidenten der Gilde. »Wo wir unser Projekt fortsetzen können, ohne Schwierigkeiten mit den Zauberern befürchten zu müssen?«
    Silberfisch stopfte sich Knallkörner in den Mund.
    »An der Küste«, antwortete er. »Eine hübsche Landzunge, zu der sich heutzutage kaum jemand verirrt. Dort gibt’s nur Wind, Wald, einen Tempel und Dünen.«
    »Einen Tempel?« wiederholte Peavie besorgt. »Götter können ausgesprochen sauer werden, wenn…«
    »Hör mal…«, brummte Silberfisch. »Die Gegend ist schon seit Jahrhunderten verlassen. Dort stören uns weder Götter noch irgendwelche Leute. Nur ödes Land und viel Sonnenschein, weiter nichts. Unsere große Chance, Jungs. Wir dürfen keine Magie anwenden, wir sind außerstande, Blei – oder sonst etwas – in Gold zu verwandeln, und wir können kaum unseren Lebensunterhalt verdienen. Deshalb schlage ich vor: Laßt uns bewegliche Bilder herstellen. Laßt uns mit einer neuen Ära beginnen!«
    Die Alchimisten lehnten sich zurück, und einige von ihnen lächelten.
    »Ja«, sagte Lully.
    »Meinetwegen«, pflichtete ihm Peavie bei.
    »Auf die beweglichen Bilder.« Sendivoge hob eine Handvoll Knallkörner. »Übrigens: Wie hast du von dem Ort an der Küste erfahren?«
    »Oh, ich…« Silberfisch unterbrach sich und runzelte verwirrt die Stirn. »Ich… ich weiß nicht. Kann mich nicht daran erinnern. Wahrscheinlich habe ich irgendwann mal davon gehört und es vergessen. Tja, und dann fiel’s mir wieder ein. Ihr wißt ja, wie das ist.«
    »Ja«, sagte Lully. »So erging’s mir auch mit dem Film. Ich hatte den Eindruck, mich zu erinnern, worauf es dabei ankommt. Das Gedächtnis kann einem seltsame Streiche spielen, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Und ob.«
    »Die Zeit war reif für eine solche Idee.«
    »Stimmt.«
    »Genau.«
    »Das ist die Erklärung.«
    Eine von vager Besorgnis geprägte Stille senkte sich auf den Tisch herab – das Geräusch von Gehirnen, die versuchten, konzentriert nachzudenken und herauszufinden, was sie beunruhigte.
    Die Luft schien zu glitzern.
    »Und wie heißt der Ort?« fragte Lully nach einer Weile.
    »Ich habe keine Ahnung, wie er früher hieß.« Silberfisch lehnte sich zurück und zog die Tüte mit den Knallkörnern näher. »Heute heißt er Heiliger Wald oder Holy Wood.«
    »Holy Wood«, murmelte Lully. »Klingt… vertraut.«
    Wieder folgte nachdenkliche Stille.
    Sendivoge beendete sie.
    »Also gut«, sagte er fröhlich. »Holy Wood, wir kommen.«
    »Ja.« Der Gildenpräsident schüttelte den Kopf, als wollte er auf diese Weise einen unangenehmen Gedanken daraus verscheuchen. »Seltsam. Ich habe das Gefühl, als… als wären wir schon die ganze Zeit über dorthin unterwegs.«
     
    Mehrere tausend Meilen unter Silberfisch glitt die Sternenschildkröte Groß-A’Tuin träge durch eine immerwährende Nacht.
    Die Wirklichkeit ist eine Kurve.
    Doch das Problem liegt woanders. Das eigentliche Problem läßt sich so beschreiben: Es gibt nicht soviel Wirklichkeit, wie es eigentlich geben sollte. Einige besonders mystische Texte in den Archiven der Unsichtbaren Universität…
    – sie ist das wichtigste Lehrinstitut für Zauberei auf der ganzen Scheibenwelt, und ihre Bibliothek enthält eine so riesige Menge magischer Bücher, daß sich dadurch Raum und Zeit krümmen –
    … weisen darauf hin, daß sich mindestens neun Zehntel der ursprünglich erschaffenen Wirklichkeit außerhalb des Multiversums erstrecken. Doch da das Multiversum per definitionem absolut alles enthält, erscheint hier zumindest Verwunderung angebracht.
    Außerhalb der Universen befindet sich die rohe, formlose Wirklichkeit, bestehend aus zahllosen Es-könnte-gewesen-sein und Vielleicht-kommt-es-einmal-so und Das-ist-völlig-ausgeschlossen. Gemeint sind wilde Ideen, im Chaos entstanden und vergangen, wie die Elemente im nuklearen Brodeln einer Supernova.
    Ab und zu, wenn die Wände der Welten an einer bestimmten Stelle dünn und durchlässig werden, können sie hereinsickern.
    Dann läuft ein Teil der Wirklichkeit aus.
    Der Effekt gleicht dem eines Tiefseegeysirs: In seiner Nähe finden sonderbare Geschöpfe genug Wärme und Nahrung, um eine Oase des
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