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Tareks Versprechen

Tareks Versprechen

Titel: Tareks Versprechen
Autoren: Natascha Artmann
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    Tarek lief wie ein Tiger im Käfig vor seinem Vater auf und ab. Seine Schritte hallten laut auf dem Marmorboden des Audienzsaales und erinnerten den jungen Mann daran, was es bedeutete, hierher zitiert worden zu sein. Hierher, wo der Scheich seine offiziellen Beschlüsse fasste und verkündete, nicht in die privaten Räume seines Vaters. Zwar hatte er ihm erspart, seine Befehle im Beisein von Zeugen zu erhalten, doch das machte es für Tarek nicht wirklich einfacher.
    Ihm war klar, dass, mit der Auswahl dieses Ortes, eine eindeutige Botschaft verbunden war. Zwar hatte er die Möglichkeit Einspruch gegen den Beschluss einzulegen, den sein Vater getroffen hatte, doch dem Befehl des Scheichs hatte er zu folgen.
    Dies hier würde kein Gespräch zwischen Vater und Sohn werden, sondern zwischen Scheich und Stammesmitglied. Und dem Wort des Scheichs war unter allen Umständen zu folgen.
    Sein Vater wollte ihm also von Anfang an klarmachen, dass es dieses Mal keinen Weg gab, sich seinen Wünschen zu widersetzen.
    Tarek war wütend genug, um nicht einmal zu versuchen, diese Tatsache zu verschleiern. Sein Vater sollte sehen, dass das, was er ihm aufzwang, mehr als nur sein Missfallen erregte.
    Zum wiederholten Male fuhr sich Tarek mit beiden Händen durch die Haare und brachte noch mehr Unordnung in die dunkle Mähne. Aber das kümmerte ihn nicht. Er versuchte weiterhin sein Temperament in Zaum zu halten. Denn sein Vater, nein, sein Scheich, wartete immer noch auf eine Antwort auf das, was er ihm eröffnet hatte.
    Antwort! Ha! Antwort bedeutete, dass man eine Frage gestellt bekam. Oder, dass man die Möglichkeit hatte, zwischen zwei Dingen zu wählen. Nur standen Tarek keine zwei Möglichkeiten zur Wahl. Und auch eine Frage wurde ihm nicht gestellt. Es gab kein Angebot, keinen Vorschlag, nur einen Befehl!
    Was sein Vater damit bezweckte, wusste Tarek durchaus. Eine Erklärung hätte es nicht gebraucht. Trotzdem begann sein Erzeuger damit, alle Gründe aufzuzählen, die ihn zu dieser Handlung bewogen hatten.
    „Du weißt, dass der Fortbestand unseres Clans gesichert werden muss, Tarek. Und es ist deine Pflicht, mit vielen Nachkommen dazu beizutragen. Du hast dich lange genug deiner Verantwortung entzogen. Aber ich kann das nicht mehr tolerieren.“
    Tarek blickte seinen Vater weiter wütend an. Und nur diese Wut brachte ihn dazu etwas zu sagen, was seiner nicht würdig war und schon fast einer Beleidigung seines Scheichs gleichkam.
    „Vielleicht habe ich das ja längst, für Nachkommen gesorgt. Schließlich muss man nicht verheiratet sein, um Kinder zu zeugen. Also, wer sagt dir denn, dass ich meine Pflicht nicht längst erfüllt habe?“
    Der Scheich wusste nur zu gut, dass nicht nur Ehefrauen Nachkommen zur Welt bringen konnten. Schließlich hatte er genügend Kinder, die nicht von einer seiner vier Ehefrauen geboren worden waren. Aber ebenso sicher war er sich, dass Tarek mit keiner Frau ein Kind gezeugt hatte. So eine Information hätte schon längst den Weg zu ihm gefunden. Darum konnte er die nächsten Worte an seinen Sohn richten, ohne sich über die Antwort große Sorgen zu machen.
    „Zeig mir ein Kind, das du gezeugt hast, Tarek, und du kannst dieses Gespräch zwischen uns vergessen.“
    Der Scheich wusste, dass sein Sohn dieser Forderung nicht nachkommen konnte. Ihm war bewusst, dass dieser seiner Söhne noch kein einziges Kind in die Welt gesetzt hatte. Er weigerte sich schlichtweg, diese Pflicht zu erfüllen.
    Tarek wurde bei den Worten seines Vaters noch wütender, wenn das überhaupt möglich war. Und doch musste er versuchen, diese Wut zu überwinden, wenn er die Chance haben wollte, gegen seinen Vater zu gewinnen. Er musste seine innere Ruhe finden, um mit den richtigen Argumenten eine Wende herbeizuführen. Und Argumente gab es genügend. Ein Gedanke, der ihn aufrichtete und Hoffnung schöpfen ließ.
    „Vater“, begann Tarek und stellte sich direkt vor den Scheich, der auf einem Podest auf dem Boden saß, und blickte ihm fest in die Augen. Er verdrängte seine Wut und versuchte mit Vernunft an die Sache heranzugehen.
    „Wie kannst du sagen, der Fortbestand unseres Clans müsste gesichert werden, wenn du selbst so viele Kinder hast, dass drei Handpaare nicht ausreichen, um sie zu zählen. Außerdem werden zwei deiner Konkubinen dir in absehbarer Zeit noch mehr Nachwuchs bescheren.“
    Diese Worte zu hören machte den Scheich nicht glücklich. Er kannte selbst die Anzahl seiner Kinder. Aber auch
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