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Voll im Bilde

Voll im Bilde

Titel: Voll im Bilde
Autoren: Terry Pratchett
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Lebens zu schaffen – obwohl in einer solchen Umwelt überhaupt kein Leben existieren dürfte.
    Die Idee von Holy Wood sickerte mit unschuldigem Enthusiasmus in die Scheibenwelt hinein. Wirklichkeit drang auf die andere Seite.
    Und wurde entdeckt. Dort draußen warten Dinge, die auf winzige Ansammlungen von Wirklichkeit noch schneller reagieren als Haie auf eine Blutspur im Wasser.
    Sie sammelten sich.
     
    Ein Sturm toste über die Dünen, doch als er den niedrigen Hügel erreichte, wichen die Wolken zur Seite. Nur einige wenige Regentropfen fielen auf den ausgedörrten Boden, und aus den heulenden Böen wurde eine sanfte Brise.
    Sie blies Sand über die Reste eines längst erloschenen Feuers.
    Weiter unten am Hang, neben einem Loch, das jetzt für einen Dachs groß genug war, löste sich ein Stein und rollte fort.
     
    Ein Monat rauschte vorüber. Er wollte nicht zuviel Zeit verlieren. Der Quästor klopfte respektvoll an die Tür des Erzkanzlers und öffnete sie.
    Ein Bolzen nagelte seinen Hut ans Holz.
    Ridcully ließ die Armbrust sinken und starrte den Besucher finster an.
    »Das war verdammt gefährlich, nicht wahr?« knurrte er. »Jemand hätte verletzt werden können. Du zum Beispiel.«
    Der Quästor stünde kaum dort, wo er jetzt stand – besser gesagt, wo er vor zehn Sekunden gestanden hatte, als ruhiger, selbstsicherer Mann, der nicht ahnte, daß ihn dicht hinter der Tür ein (wenn auch nur leichter) Herzanfall erwartete –, wenn er unfähig gewesen wäre, sich schnell von unliebsamen Überraschungen zu erholen.
    Er zog den Bolzen aus der mit Kreide an die Tür gemalten Zielscheibe und griff nach seinem Hut.
    »Mir ist nichts passiert«, sagte er. Keine Stimme konnte so ruhig klingen. »Und das Loch sieht man nur, wenn man genau hinguckt. Warum, äh, schießt du auf die Tür, Herr?«
    »Das fragst du noch, Mann? Draußen ist es dunkel, und die verdammten Mauern bestehen aus Stein. Soll ich etwa auf die verdammten Mauern schießen?«
    »Äh«, sagte der Quästor. »Äh, die Tür ist fünfhundert Jahre alt«, fügte er mit mildem Tadel hinzu.
    »So sieht sie auch aus«, brummte der Erzkanzler. »Ein verdammt großes und schwarzes Ding. Weißt du, was wir hier brauchen, Mann? Weniger Stein und Holz, dafür mehr Fröhlichkeit. Ein paar Jagdbilder. Die eine oder andere Verzierung.«
    »Das erledige ich gleich«, log der Quästor und erinnerte sich an das unter den Arm geklemmte Papierbündel. »In der Zwischenzeit könntest du vielleicht diese Dokumente unterzeichnen, Herr…«
    »In Ordnung.« Ridcully setzte seinen spitz zulaufenden Hut auf. »Guter Mann. Muß mich jetzt um einen kranken Drachen kümmern. Der arme kleine Kerl hat sein Teeröl schon seit Tagen nicht mehr angerührt.«
    »Zwei oder drei Unterschriften würden genügen…«, sagte der Quästor hastig.
    Der Erzkanzler winkte ab. »Kann mich nicht mit dem Kram aufhalten. Hier gibt’s nicht nur zuviel Stein, sondern auch zuviel verdammtes Papier. Und…« Er starrte den Quästor an, schien sich an etwas zu erinnern.
    »Heute morgen hab ich was Komisches gesehen«, fuhr er fort. »Auf dem Platz war ein Affe. Frech wie Oskar.«
    »Oh, ja.« Der Quästor nickte und lächelte. »Du meinst den Bibliothekar.«
    »Hält sich ein Tier, wie?«
    »Nein, nein, Herr, du hast mich falsch verstanden. Das Tier ist der Bibliothekar.«
    Ridcully musterte den Quästor, dessen Lächeln daraufhin verblaßte.
    »Der Bibliothekar hat die Gestalt eines Affen?«
    Es dauerte eine Weile, bis der Quästor alles genau erklärt hatte. »Soll das heißen, der Bursche hat sich durch Magie in einen Affen verwandeln lassen?« vergewisserte sich der Erzkanzler.
    »Ja. Ein Unfall in der Bibliothek. Eine magische Explosion. Im einen Augenblick war er ein Mensch, im nächsten ein Orang-Utan. Und er mag es nicht, wenn ihn jemand als Tier bezeichnet. Mit ›Affe‹ findet er sich ab, doch das T-Wort…«
    »Affen sind doch Tiere, oder?«
    »Äh, ja, ich denke schon. Aber der Bibliothekar wird sehr, äh, aggressiv, wenn ihn jemand ›Tier‹ nennt.«
    »Zeigt er einem etwa den Hintern?«
    Der Quästor schloß die Augen und schauderte. »Nein, Herr. Ich glaube, du meinst Paviane.«
    »Ah.« Ridcully dachte darüber nach. »Hier arbeiten doch keine von den Biestern, oder?«
    »Nein, Herr. Nur der Bibliothekar, Herr.«
    »Ich kann es nicht erlauben«, sagte der Erzkanzler fest. »Ich kann es auf keinen Fall erlauben. Große haarige Tiere, die hier herumschlurfen…« Er atmete tief
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