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Voll im Bilde

Voll im Bilde

Titel: Voll im Bilde
Autoren: Terry Pratchett
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vorher, aber eine ähnliche. Der Alte Tom, die stumme Glocke im Turm der Unsichtbaren Universität, hatte gerade zwölfmal lautlos geläutet.
    Regenwolken quetschten ihre letzten Tropfen über der Stadt aus. Ankh-Morpork breitete sich unter einigen feuchten Sternen aus, so real und massiv wie ein Ziegelstein.
    Ponder Stibbons, thaumaturgischer Student, ließ das Buch sinken und rieb sich die Augen.
    »Na schön«, sagte er. »Frag mich. Los. Frag mich alles ab.«
    Victor Tugelbend, ebenfalls Student der Zauberei, griff nach seiner zerfledderten Ausgabe des Nekrotelicomnicon für Studenten, mit praktischen Experimenten und blätterte darin. Er lag auf Ponders Bett. Besser gesagt: Seine Schulterblätter lagen auf Ponders Bett. Der Rest des Körpers reichte an der Wand nach oben. Diese Haltung ist völlig normal für einen jungen Zauberer, der sich zu entspannen versucht.
    »Also gut«, erwiderte er. »Also gut. Bist du soweit? Wie heißt das aus einer fernen Dimension stammende Ungeheuer, dessen Schrei wie ›Schnappdichschnappdichschnappdich‹ klingt?«
    »Yob Soddoth«, antwortete Ponder sofort.
    »Ja. Welche Methode benutzt das Monstrum Tshup Aklathep, die gräßliche Sternenkröte mit einer Million Jungen, um seine Opfer zu Tode zu foltern?«
    »Es… es… Nein, verrat’s mir nicht… Es hält sie fest und zeigt ihnen Bilder seiner Kinder, bis die Gehirne der Hilflosen implodieren.«
    »Stimmt. Habe mich immer gefragt, wie das möglich ist.« Victor blätterte wieder. »Ich schätze, wenn man zum tausendsten Mal ›Ja, es hat deine Augen‹ gesagt hat, sehnt man sich nach einer Möglichkeit, Selbstmord zu begehen.«
    »Du weißt enorm viel, Victor.« Bewunderung erklang in Ponders Stimme. »Ich staune, daß du immer noch Student bist.«
    »Äh, ja«, murmelte Victor. »Äh. Habe Pech bei den Prüfungen.«
    »Frag mich weiter«, bat Ponder.
    Victor öffnete das Buch an einer anderen Stelle.
    Einige Sekunden lang herrschte Stille.
    Dann: »Wo befindet sich Holy Wood?«
    Ponder schloß die Augen und klopfte sich an die Stirn. »Warte… warte… ich hab’s gleich…« Die Lider klappten auf. »Was soll das heißen, ›wo befindet sich Holy Wood‹?« entfuhr es ihm. »Ich kann mich nicht daran entsinnen, jemals etwas über Holy Wood gelesen zu haben.«
    Victor starrte auf die Seite. Nirgends wurde Holy Wood erwähnt.
    »Ich hätte schwören können… Hab’ scheinbar irgend etwas durcheinandergebracht«, sagte er verwirrt. »So was passiert, wenn man den ganzen Lehrstoff noch einmal durchkaut.«
    »Es ist wirklich sehr anstrengend, nicht wahr? Aber es lohnt sich auch, Zauberer zu sein.«
    »Ja«, bestätigte Victor. »Ich kann es gar nicht abwarten.«
    Ponder schloß sein Buch.
    »Es regnet nicht mehr«, stellte er fest. »Laß uns über die Mauer klettern. Wir haben den einen oder anderen kräftigen Schluck verdient.«
    Victor hob den Zeigefinger. »Nur ein Glas. Ich muß nüchtern bleiben. Morgen findet die Abschlußprüfung statt, und dafür brauche ich einen klaren Kopf.«
    »Natürlich«, sagte Ponder.
    Es ist immer wichtig, vor einer Prüfung nüchtern zu sein. Viele Karrieren als Straßenfeger, Obstpflücker und Gitarrenspieler-an-der-Ecke haben begonnen, weil diese bedeutsame Tatsache unberücksichtigt blieb.
    Doch für Victor gab es einen ganz besonderen Grund, um wachsam zu sein.
    Ihm durfte kein Fehler unterlaufen, der dafür sorgte, daß er die Abschlußprüfung bestand.
    Sein verstorbener Onkel hatte ihm ein kleines Vermögen hinterlassen, unter der Voraussetzung, daß er kein Zauberer wurde. Darauf lief es hinaus, obgleich der alte Mann etwas ganz anderes beabsichtigte, als er das Testament verfaßte. Er dachte, seinem Neffen einen Anreiz zu geben, damit er beim Studium gute Leistungen erbrachte. Aber Victor Tugelbend war auf seine Art ein intelligenter junger Mann, der sich folgendes überlegte:
    Welche Vor- und Nachteile hat ein Zauberer? Nun, man bekommt ein gewisses Prestige, aber man gerät häufig in gefährliche Situationen und riskiert dauernd, von einem anderen Magus umgebracht zu werden. Victor hielt es nicht für erstrebenswert, eine geachtete Leiche zu sein.
    Andererseits…
    Welche Vor- und Nachteile hat ein Student der Zauberei? Es mangelt ihm nicht an Freizeit, und niemand erhebt Einwände, wenn er viel Bier trinkt und unzüchtige Lieder singt. Ihm droht auch nicht die Gefahr, ermordet zu werden, sieht man einmal von den üblichen Risiken in Ankh-Morpork ab. Bei Victor kam ein Erbe
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