Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Vogelfaenger

Titel: Vogelfaenger
Autoren: Kristina Dunker
Vom Netzwerk:
er mit Ida sprach. »Duwarst geil auf mich. Du wärst auch gern mein Vögelchen.«
    Niemals. Das Wort bleibt mir in der Kehle stecken, als das kalte Metall des Messers meine Wange berührt.
    »Brust und Schenkel hast du ja auch, obwohl du so eine grobe Gans bist. Du wärst schon was, aber ich bin sehr wählerisch. Damit ich mich für dich interessiere, müsstest du mir schon etwas bieten.«
    Seine Hand umfasst meine linke Brust und jetzt endlich kann ich sprechen, spucken, speien, mit großer Kraftanstrengung stoße ich hervor: »Du armer Perverser!« Das ist wenig genug.
    Aber es reicht fürs Erste, denn er lässt von mir ab, tritt einen Schritt zurück, mustert mich von oben bis unten und sagt mit Todesverachtung: »Du hast doch gar keine Ahnung! Glaubst du, nur wegen etwas Sex würde ich mir solche Mühe mit meinem Täubchen und mit dir machen? Glaubst du, nur darum geht’s mir?« Er schüttelt den Kopf. »Nein. So einfach ist das nicht. Deine liebe Freundin Ida, dieses ach-so-unschuldige, arme Mädchen hat mir mein Leben zerstört, und wenn ich versuche, mir ein bisschen davon zurückzuholen, dann ist das mein gutes Recht.«
    »Red doch nicht«, rufe ich, plötzlich wieder der Sprache mächtig. »Wer hier anderen etwas zerstört, liegt ja wohl auf der Hand!«
    »Kleinigkeiten. Etwas Blut auf eurer Wäsche, na und?! Von dem kleinen Jungen, der viel Schlimmeres durchgemacht hat, hat sie dir nichts erzählt, was?«
    »Doch«, sage ich gedehnt und ahne, dass der Kampf nun in eine neue Runde geht, eine, bei der ich nicht weiß, aus welcher Richtung der Angriff kommt.
    »Sie hätte ihn schützen können, ganz leicht wäre das gewesen, aber sie hat es unterlassen.« Er bemerkt mein Erschrecken, grinst höhnisch und zeigt mit dem Finger auf Rocky, der sich vom Fußtritt erholt hat und im Radius seiner Schnürbandleine tapfer versucht, ihn von mir fernzuhalten. »Sag ihm, er soll brav sein, sonst stech ich ihn ab!«
    »Aus, Rocky!«, sage ich hastig und würde mir am liebsten auf die Zunge beißen, weil ich jetzt schon die Anweisungen dieses Kerls befolge. Aber er hat das Messer und damit die Macht. Da ich nach wie vor hoffe, dass es nur noch wenige Minuten dauern kann, bis die Jungs hier sind und mir helfen, versuche ich ihn mit Gerede hinzuhalten, wie es die Polizeipsychologen im Fernsehen tun.
    »Wie hätte denn ausgerechnet Ida den Jungen retten können?«, frage ich provozierend.
    »Wer denn sonst? Sie war doch die Tochter vom Chef. Täubchen Bärlauch konnte gut mit Kindern, sie hätte nur hingehen brauchen, ein paar mahnende Worte säuseln, die Gruppe wegscheuchen und dann schnell mit mir das Giftzeugs wegpacken. Aber sie hatte Angst, dass man sie erkennt und dass die Leute plötzlich Fragen stellen, was die Tochter des Starkochs draußen auf dem Feld mit dem Fleischabfall macht, dass die Polizei ihnen mit Verstoß gegen das Bundestierschutzgesetz kommt oder nochschlimmer mit Gefährdung der Öffentlichkeit. Das wäre eine verdammt schlechte Presse für die feinen Leute.«
    Es ist unübersehbar, dass Lars das Thema aufregt, sein Gesicht läuft rot an, seine Bewegungen werden fahrig. Vielleicht hab ich Glück und seine Konzentration lässt nach.
    »Dein Täubchen, der Bärlauch und du, was?!«, stichle ich und treffe damit anscheinend ins Schwarze.
    »Ob du’s glaubst oder nicht, ich war sein persönlicher Assistent und Vogelfänger«, sagt er und stiert mich dabei so hasserfüllt an, als hätte ich ihm diesen zweifelhaften Titel weggenommen. »Ich war sein Freund. Nur mich hat er mit dieser Aufgabe betraut. Füchse und Raubvögel zu vergiften, weil sie einem die Jagdbeute wegfressen, ist schließlich verboten. Mit diesem Job sind Markus und ich ein Team geworden; ich war Teil der Familie, ich gehörte dazu und ich war das junge Kochtalent. Ich hatte mir geschworen, ihn nicht zu enttäuschen, hab das astrein gekonnt mit den Ködern. Doch dann kamen diese verdammten Blagen …«
    Plötzlich wird mir klar, worum es in Idas und Lars’ gemeinsamer Geschichte eigentlich geht. Nicht um Leidenschaft und nicht um Vögel. »Du hast ein Kind vergiftet?«, frage ich fassungslos.
    Er schweigt. Es ist bedrohlich still im stickigen Bauwagen. Ida lässt sich nicht blicken und von den Jungs ist auch nichts zu sehen. Niemand kommt, um Rocky und mir zu helfen.
    »Nicht ich«, antwortet er nach einer Weile und betont jedes Wort einzeln, »nicht ich allein jedenfalls, wir alle drei sind dafür verantwortlich. Aber nur ich soll
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher