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Vogel-Scheuche

Titel: Vogel-Scheuche
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gesch o ben. Sie krabbelte ins Freie und purzelte zu Boden. Die dritte Herau s forderung war überwunden!
    »Hallo, D. Mentia«, sagte eine Stimme.
    Erschrocken sprang Mentia auf. Vor ihr stand eine ziemlich hübsche junge Frau. »Kenne ich dich?«
    »Ich denke, schon. Du hast doch im letzten Jahr Gary Wasserspeier hergebracht. Ich bin Wira, Humfreys Schwiegertochter.«
    »Aber ich bin doch noch nie im Schloß gewesen«, protestierte Mentia. »Wie hättest du mich da jemals sehen können?«
    Wira lachte. »Natürlich nicht mit meinen Augen. Aber Gary hat viel von dir erzählt.«
    Mentia hatte das Gefühl, daß ihr die Sache über den Kopf zu wachsen begann. »Metria! Wach auf! Wir sind im Schloß.«
    Metria gesellte sich zu ihr. »Ganz wie alte Zeitungen«, bemerkte sie, als sie sich umblickte.
    »Wie alte was?«
    »Zeitalter, Äonen, Epochen, Ären, Jahrhunderte…«
    »Ganz wie in alten Zeitungen?«
    »Was auch immer. Es ist schon an die neunzig Jahre her, seit ich mich hier einschleichen konnte.«
    »Hallo, D. Metria«, meinte Wira.
    Beide zuckten sie zusammen. »Woher kennst du mich?« wollte Metria wissen.
    »Vater Humfrey hat gesagt, daß du mit deinem anderen Selbst ko m men würdest. Jetzt will ich euch ins Schloß führen.«
    »Dieses Mädchen ist unheimlich«, brummte Mentia.
    »Sie muß irgendwelche anderen Sinne entwickelt haben«, pflichtete Metria ihr bei.
    »Stimmt«, bestätigte Wira.
    Die beiden Selbste beendeten ihr Zwiegespräch und folgten dem Mä d chen ins Schloß. Dort wurden sie von einer Frau unbestimmten Alters begrüßt. »Mutter MähreAnn, hier ist Metria und Mentia«, stellte Wira sie vor.
    »Mutter MähreAnn?« fragte eine von ihnen stumm.
    »Ich bin Humfreys fünfeinhalbte Ehefrau«, erklärte die Frau. »Ich habe gerade die Monatsschicht. Ich war seine erste Liebe und letzte Frau, aber das ist eine komplizierte Geschichte, die euch nicht interessieren dürfte. Mein Mann wird euch nun empfangen. Wira führt euch in seine Studie r kammer.«
    Vielleicht war eine halbe Ehefrau ja wie eine halbe Seele: genug, um die gestellte Aufgabe zu erfüllen.
    »Bitte hier entlang«, sagte Wira und ging voraus. Ohne jedes Stocken bewegte sie sich eine schmale Wendeltreppe hinauf. Offensichtlich kan n te sie alles ganz genau.
    Das Studierzimmer erwies sich als düstere kleine Kammer, die von B ü chern und Phiolen förmlich überquoll. »Das hat sich seit neunzig Jahren nicht verändert«, bemerkte Metria.
    »Natürlich nicht, Dämonin«, grummelte Humfrey aus dem Innern des Raumes. »Und du ebensowenig, bis auf diese Persönlichkeitsspaltung, die du vor kurzem entwickelt hast.«
    »Nett, dich wiederzusehen, Magier«, versetzte Metria. »Du siehst auch um keinen Tag älter aus.« Natürlich wußte sie, daß er über ein Elixier vom Jungbrunnen verfügte, welches er regelmäßig einnahm, um immer ungefähr hundert Jahre alt zu bleiben.
    »Genug der Artigkeiten. Stell deine Frage.«
    »Wie kann ich den Storch dazu bringen, meinen Ruf ernst zu ne h men?«
    »Das wird dir klar werden, nachdem du deinen Dienst abgeleistet hast. Such den Simurgh auf.«
    »Wen?«
    »Dein Verstand mag zwar durcheinander sein, Dämonin, aber dein Gehör nicht. Verschwinde.«
    »Aber du hast mir doch gar keine Antwort gegeben!« protestierte Metria. »Außerdem kann niemand zum Simurgh fliegen, nicht einmal eine Dämonin. Ich verlange eine richtige Antwort!«
    »Nachdem du den Dienst abgeleistet hast«, murrte Humfrey und blä t terte eine weitere Seite in seinem riesigen Buch um.
    Mentia vollzog einen inneren Satz und übernahm den Körper. »Ja, n a türlich«, erwiderte sie und folgte Wira aus dem Raum.
    »Du bist ja viel vernünftiger, Mentia, auch wenn du keine halbe Seele besitzt«, bemerkte Wira.
    »Ich bin vernünftiger, gerade weil ich keine halbe Seele besitze«, versetzte Mentia. »Meine bessere Hälfte läßt sich den Kopf von Liebe und A n stand verdrehen. Ich dagegen denke praktisch, vor allem in wahnwitz i gen Situationen wie dieser. Wir werden einfach zum Berg Parnaß ma r schieren müssen, um dort in Erfahrung zu bringen, was der alte Vogel will.«
    »Aber sie ist doch gar nicht da«, wandte MähreAnn ein, die ihr G e spräch mithörte, als sie unten am Treppenabsatz eintrafen. »Das ist ledi g lich ihre Sommerresidenz, wenn der Keimbaum Früchte trägt.«
    »Aber dann wissen wir ja überhaupt nicht, wo wir sie finden können!«
    »Stimmt, aber ich könnte ein Pferdewesen herbeirufen, das den Weg kennt.«
    »Das
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