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Vogel-Scheuche

Titel: Vogel-Scheuche
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zurück an ein schattiges Fleckchen und sah zu, wie er davon zappelte.
    »Widerlich«, bemerkte Mentia, an niemanden im besonderen gewandt. »Aber du kannst wenigstens deiner Dämonennatur dadurch gerecht we r den, daß du diesen Junikäfer dort hinten zerquetschst.«
    »Auf keinen Fall. Wenn man einen Junikäfer tötet, verliert das Jahr doch seinen romantischsten Monat.«
    Mentia schnitt eine Grimasse mit der linken Hälfte ihres gemeinsamen Gesichts. »Wie ich sehe, trägt er Geh-Quatbaum gerade Früchte.«
    »Genau wie der Komm-Quatbaum«, bestätigte Metria. »Veleno mag die, wenn er kommt und geht.«
    »Was tut er denn, wenn er mit dir allein ist?«
    »Das Gegenteil dessen, was er sich von dir wünscht.«
    Doch Mentia ließ sich nicht unterkriegen. »Da ist mein Lieblingsobst: Die Trauben mit Charakter.«
    »Saure Trauben«, pflichtete Metria ihr bei. »Die passen zu dir.«
    »Weshalb trödelst du überhaupt noch hier herum, anstatt dich zum Schloß des Guten Magiers zu begeben?«
    »Ich bin mir einfach nicht sicher, daß es richtig ist, meinen Mann auf halber Ration zurückzulassen.«
    »Hier ums Schloß herum wächst doch mehr als genug zu essen.«
    »Halbe Ration Delirium.«
    »Ach so.« Metria spähte herum, bis der linke Augapfel vollständig zur Seite schielte. »Dann machen wir es uns doch einfacher. Siehst du den Flügelnußbaum dort?«
    Der rechte Augapfel fuhr herum. »Natürlich.«
    »Wenn die rechte Flügelnuß als erste losfliegt, bleiben wir hier. Fliegt die linke als erste los, suchen wir den Guten Magier auf.«
    »Es wäre ja nun mehr als verrückt, eine derart wichtige Entscheidung von so etwas abhängig zu machen.«
    »Ganz genau. Bist du einverstanden?«
    Metria seufzte. Schlimmer als andere Möglichkeiten war es nun auch wieder nicht. »Einverstanden.«
    Sie sahen zu, wie die beiden Nüsse bebten. Die rechte spreizte die Fl ü gel. Da schoß die linke plötzlich los und flog in Windeseile zu dem nah e gelegenen Knackerbaum hinüber. »Wie romantisch!« hauchte Mentia amüsiert, als sie sah, was der kühnste Knacker mit der Nuß machte.
    »Warum findest du es dann nicht auch romantisch, wenn Veleno und ich…«
    »Einmal ist noch amüsant. Siebenhundertundfünfzigmal ist öde.«
    »Nicht, wenn man verliebt ist.«
    »Ich bin froh, daß ich mich nie verlieben werde. Und jetzt sollten wir uns auf den Weg machen.«
    Jetzt konnte Metria es nicht länger hinauszögern, auch wenn ihr das Ganze doch ziemlich blöd vorkam.
     
    Das Schloß des Guten Magiers sah ganz gewöhnlich aus. Die Auße n mauer und die Türme waren von einem funkelnden kreisförmigen Gr a ben umzogen, der sich wiederum innerhalb einer runden Gebirgskette befand. Nichts also, was eine Dämonin nicht hätte überwinden können.
    Sie brauchte bloß darüber hinwegzuschnellen.
    Doch es stellte sich heraus, daß Metria nicht dazu imstande war. Denn als sie es versuchte, prallte sie von einem unsichtbaren Hindernis ab. »Ach, das habe ich ganz vergessen!« fluchte sie. »Der alte Narr hat ja einen Schild gegen eindringende Dämonen errichtet.«
    »Nennst du das etwa fluchen? Damit qualifizierst du dich doch nicht einmal für die Jugendverschwörung.«
    Schlimmer noch: In dieser Umgebung konnte sie nicht einmal fliegen oder sich entmaterialisieren. Offensichtlich hatte der Gute Magier im Laufe des letzten Jahrhunderts seine Verteidigungsanlagen beträchtlich erweitert. »Dann müssen wir wohl hinüberstapfen, ganz wie die Sterbl i chen.«
    Metria stapfte los. Als sie auf die Bergkette zukam, bemerkte sie, daß die einzelnen Berge die Gestalt großer Zuckerhüte aufwiesen. Glückl i cherweise waren sie nicht zu steil, um sie zu erklimmen. Es war zwar äußerst lästig, den Marsch zu Fuß ausführen zu müssen, anstatt einfach hinüberzuschießen oder zu -schweben, doch würde sie sich dadurch nicht aufhalten lassen.
    So erklomm sie den Berg – und verlor plötzlich den Halt, um hilflos auf den Graben zuzugleiten. Hier war der Zucker lose und körnig, bot ihr keinen festen Halt. Und so sauste sie kurz darauf ganz unwürdig in den Graben.
    Und schoß sofort wieder daraus hervor. Sie segelte hoch über den Berg und prallte dahinter wieder auf den Boden auf. Noch bevor ihr Hinterteil ihn berührte, hüpfte das Gras davon: Es gehörte eben zur Gattung der Grashüpfer.
    »Das ist Stiefelhintern!« rief sie laut. »Der Graben ist voll davon.«
    »Ich glaube, mir fällt da gerade ein Muster auf«, bemerkte Mentia. »Ich schätze, ich werde
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