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Voellig durchgeknallt

Voellig durchgeknallt

Titel: Voellig durchgeknallt
Autoren: Ally Kennen
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runterzuschauen.
    Doch ich schaffe es, ich komme ganz gut voran, bis mir auf einmal eine riesige Seiltrommel den Weg versperrt. Ich muss drüberklettern. Ich schaudere, als ich mir ausmale, wie sie anfängt, sich abzurollen, wenn ich grade obendrauf sitze. Ich sehe mich fallen, in den Abgrund stürzen. Ich mache die Augen zu und packe die Streben fester. Ich kann nicht mehr weiter. Mein Kopf hämmert. Lieber Gott, lass mich bitte nicht ohnmächtig werden! Mein Magen rumort. Mir wird schwarz vor Augen. Ach du Scheiße. Ich würge und ein Schwall Kotze schießt mir aus dem Mund und kleckert auf die Eisenstreben. Mir ist trotzdem nicht besser. Ich mache die Augen wieder zu. Mein Griff lockert sich. Meine Arme lassen mich im Stich.
    Das war’s dann wohl.
    »Chas!«, flüstert jemand an meinem Ohr. »Was machst du da, Mann?«
    »Ich kann nicht mehr«, flüstere ich heiser und es ist mein voller Ernst.
    »Mach schon, du Flasche, wir schaffen das.«
    Mit Mühe kriege ich ein Auge auf. Devils hässliche Visage schaut mich von der anderen Seite der Seiltrommel an.
    |335| »Du siehst echt scheiße aus.« Er runzelt die Stirn. »Los, raff dich auf. Der Psycho ist im Anmarsch.«
    Ich sehe mich nicht um, aber ich nehme mich zusammen und halte mich wieder richtig fest.
    »Nicht nachlassen, Alter«, sagt Devil. »Lexi verzeiht mir nie, wenn ich dich jetzt runterkullern lass.« Er legt sich bäuchlings auf die Trommel. »Mach schon, du Penner.« Er hält mir die Hand hin. Schöne Wahl! Hierbleiben und mich von Lenny abknallen lassen oder vor lauter Panik runterfallen – oder mein Leben Devlin Juby anvertrauen. Wie konnte es bloß so weit kommen? Vor vier, fünf Stunden hab ich noch friedlich in Michaels Laube gedöst und mich schmutzigen Gedanken über Lexi Juby hingegeben, und jetzt: Ich bin klatschnass, durchgefroren und hab grausam Schiss. In Zukunft sollte ich wirklich einen Bogen um die Juby-Sippe machen.
    Ich reiße mich zusammen, packe Devils Hand und er hilft mir über die Trommel. Sie ist nass und glitschig. Mein Knie rutscht unter mir weg und ich knalle beinahe mit der Stirn auf das Ding. Ich stürze ab! Devil zieht mich mit einem Ruck wieder hoch.
    Ich hab’s geschafft. Ich bin drüber.
    »Weiter geht’s!«, sagt Devil und balanciert über den Ausleger wie Spiderman persönlich.
    Jetzt, wo ich es heil über die Trommel geschafft habe, geht’s mir gleich besser, und ich kann mich überwinden, die senkrechte Strebe loszulassen und auf die nächste waagerechte überzuwechseln. Und auf die übernächste. Meine Gefühle sind jetzt abgeschaltet. Ich bin wie eine Maschine. |336| Nach ein paar Minuten habe ich mich wieder so weit im Griff, dass ich den Kopf heben und mich nach den beiden anderen umschauen kann. Lexi ist schon am Ende des Auslegers angelangt. Von der Kabine aus hatte ich den Eindruck, dass unser Ausleger direkt über dem hinteren Auslegerende von Kran Nummer zwei steht, aber jetzt sehe ich, dass er zu kurz ist. Ich erkenne aber nicht, wie viel. Was uns aber nicht davon abhält, weiterzuklettern und möglichst viel Abstand zwischen uns und Lenny mit seiner Knarre zu legen.
    Unter uns ruft jemand und wider besseres Wissen schaue ich runter. Aber statt dass mir schwindlig und übel wird, kriege ich vor Staunen den Mund nicht mehr zu. Ich erkenne die Gestalt an ihrer Glatze.
    Im Lichtschein der Lampen steht niemand anders als Killer-Juby.
    »Wo seid ihr?«, brüllt er.
    »Hier oben, Dad!«, schreit Lexi.
    Juby schaut hoch, kann uns aber nicht sehen. »Alles klar bei euch?«, ruft er.
    »Ja.«
    Wir ducken uns alle, als wir einen Schuss peitschen hören. Juby wirft sich platt auf den Boden.
    »Lass sie laufen!«, brüllt er. »Ich weiß, wer du bist!«
    »Ich hasse dich!«, kreischt Lenny. Er klingt hysterisch vor Angst.
    Ich höre das
Klink-Klink-Klink
von dicken Schuhsohlen auf den Sprossen. Lenny steigt ganz, ganz langsam runter.
    |337| »Du hast mich auf dem Gewissen, James Juby!« Seine Stimme klingt schauderhaft. Als würde er gefoltert.
    »Tu meinen Kindern nichts«, ruft Juby.
    Und ihren Freunden auch nicht
, ergänze ich im Stillen.
    Ich sehe Juby hinter den Bagger rennen. Woher weiß er, dass wir hier sind? Ist er auch bewaffnet? Hoffentlich gerate ich nicht ins Kreuzfeuer. Ich hocke da und bibber mir einen ab, da sehe ich plötzlich zwei Gestalten auf mich zubalancieren.
    »Es ist zu tief zum Springen«, verkündet Lexi.
    »Kommt, wir müssen endlich von dem Ding runter«, sagt Devil.
    Ach du Scheiße.
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