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Visionen Der Nacht: Der Geheime Bund

Visionen Der Nacht: Der Geheime Bund

Titel: Visionen Der Nacht: Der Geheime Bund
Autoren: Lisa J. Smith
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müssen den Kristall loslassen!
    Mereniang starrte ihn ebenfalls mit aufgerissenen Augen und offenem Mund an. »Timon, wenn wir ihn loslassen …«
    Tut es!, brüllte die telepathische Stimme. Jetzt!
    Mit diesen Worten trat Timon einen Schritt zurück und nahm die Hände vom Kristall.

    Kaitlyn wurde schwindlig. Nebelhaft sah sie, dass die anderen Mitglieder der Gemeinschaft einander hektisch und mit offener Verzweiflung ansahen. Dann trat noch jemand zurück.
    Es war LeShan, dessen Luchsaugen blitzten und der die leeren Hände in die Luft streckte.
    Einer nach dem anderen ließ den Kristall los. Am Ende hielt nur Mereniang die Verbindung.
    Lass los!, rief Timon.
    Der Kristall zitterte sichtbar. Der schrille Ton stieg weiter an.
    »Lass los«, flüsterte Timon, plötzlich kraftlos. »Hol sie … jemand da weg … Sie wird sonst zerstört …«
    Rob hechtete auf Mereniang zu. Er packte sie um die Taille und zog an ihr. Sie löste sich vom Kristall, und beide fielen rücklings zu Boden.
    Aus dem grässlichen Klirren wurde ein grauenerregendes Krachen. Es klang, als fielen eine Million Glaskelche zu Boden. Es war ohrenbetäubend, hallte in jedem einzelnen Nerv wider.
    Der Große Kristall zerbrach.
    Es war fast wie eine Explosion, obwohl nur Licht nach außen strebte. Es blendete die Umstehenden, ebenso wie der hohe Ton sie taub gemacht hatte. Im Auge setzte sich das Bild Tausender Scherben fest, die in der Luft zu hängen schienen.
    Kaitlyn ließ sich auf die Knie fallen und legte schützend
die Hände auf den Kopf. Als sie die Augen wieder öffnete, hatte sich um sie herum alles verändert. Der Wind war verschwunden, ebenso wie der Geruch.
    Dasselbe galt für die Kristalle – beide. Der graue Kristall hatte sich gemeinsam mit den grauen Leuten in Luft aufgelöst. Der andere Kristall, der letzte Große Kristall der Welt, lag zersplittert im Wasser des Brunnens.
    Benommen und ungläubig sah Kaitlyn sich um.
    Timon lag im Gras, eine Hand auf der Brust. Seine Augen waren geschlossen, sein Gesicht leichenblass.
    Rob befreite sich von der weinenden Mereniang, die auf ihm lag.
    »Warum?«, klagte sie. »Warum nur, warum?«
    Timons Lider zuckten.
    »Nehmt einen Splitter, und gebt ihn den Kindern«, flüsterte er.

KAPITEL SECHZEHN
    Mereniang war wie zur Salzsäule erstarrt. Doch LeShan machte zwei schnelle Schritte zum Brunnen hin und fasste hinein.
    »Hier«, sagte er und hielt Rob einen großen Kristallsplitter entgegen.
    Rob kniete neben Timon, eine Hand auf dem Brustkorb des alten Mannes. Er blickte nicht auf.
    »Halten Sie durch«, sagte er. Dann sah er Mereniang an. »Er ist so schwach! Es ist, als verließe ihn sämtliche Lebenskraft …«
    »Der Kristall hat ihn am Leben gehalten«, sagte Mereniang. Ihre blauen Augen waren zwar auf Timon gerichtet, doch sie wirkten leer. Sie war völlig in sich zurückgezogen, hatte die Arme um den Körper geschlungen. »Als er zerbrach, ging auch sein Leben zu Ende.«
    »Er ist aber noch nicht tot!«, rief Rob aus.
    Er schloss die Augen und legte Timon eine Hand auf die Stirn. Kaitlyn spürte, dass heilende Energie floss.
    »Nein«, flüsterte Timon. »Es hat keinen Zweck. Ich möchte, dass ihr mir zuhört.«

    »Sprechen Sie nicht«, wies Rob ihn an, doch Kaitlyn kniete sich neben den alten Mann. Sie wollte hören, was er zu sagen hatte.
    »Warum haben Sie das getan?«, fragte sie.
    Timon öffnete die Augen. Es war eine tiefe Ruhe darin. Er brachte sogar ein kleines Lächeln zustande.
    »Ihr habt recht«, sagte er schwach. »Veränderung ist gut, oder zumindest ist sie notwendig. Nehmt diesen Kristallsplitter.«
    LeShan hatte den Splitter noch in der Hand. Kaitlyn blickte von Timon zu LeShan und nahm ihn entgegen. Der Kristallsplitter war fast so dick wie ihr Handgelenk und etwa dreißig Zentimeter lang. Er war kalt, schwer und scharfkantig. Als sie ihn in die Hand nahm, schnitt sie sich in den Daumen.
    »Nehmt ihn mit, und tut, was getan werden muss«, flüsterte Timon leise, fast unhörbar. Rob schwitzte, seine Hände zitterten, doch Timon wurde immer schwächer.
    »Es gibt Dinge, die sind so böse, dass man dagegen kämpfen muss …«
    Ein Zittern ging durch Timons Körper, und aus seinen Lungen drang ein seltsamer Laut.
    Das Todesröcheln, dachte Kaitlyn wie betäubt. Es war, als würde seine Seele den Körper verlassen.
    Timons Augen starrten, weit geöffnet, in den Himmel. Doch sie sahen nichts mehr.

    Kaitlyn hatte einen Kloß im Hals, ihre Augen waren tränennass. Um sie
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