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VIRALS - Nur Die Tote Kennt Die Wahrheit

VIRALS - Nur Die Tote Kennt Die Wahrheit

Titel: VIRALS - Nur Die Tote Kennt Die Wahrheit
Autoren: Kathy Reichs
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angebracht, uns einen Gruppennamen zuzulegen, da wir ja nun eine Gang genetischer Mutanten sind. Das hebt die Moral. Schweißt uns zusammen.
    Wir sind insgesamt fünf Virals: Ben, Hi, Shelton und ich. Und natürlich mein Wolfshund Cooper. Schließlich war er der Indexpatient.
    Im Kern geht es darum, dass wir die physischen Eigenschaften von Wölfen annehmen können. Aber das klappt nicht immer auf Kommando. Und manchmal geschieht die Verwandlung auch im unpassendsten Augenblick.
    Um ehrlich zu sein, wissen wir auch nicht genau, was da mit uns passiert oder wie wir das wieder in Ordnung bringen sollen. Beziehungsweise was für Überraschungen als Nächstes auf uns warten. Doch eins steht fest: Wir sind anders. Freaks. Mischwesen.
    Und wir sind auf uns allein gestellt.
    ***
    Bens Frust wuchs und wuchs. Wütend riss er sich das schwarze T-Shirt herunter und schleuderte es in den Sand, als wäre das Kleidungsstück für sein Scheitern verantwortlich. Der Schweiß drang aus allen Poren seiner tief gebräunten Haut.
    Ich wandte mich ab, damit er nicht sah, dass meine Augen bereits glühten. Wollte seinen Zorn nicht noch anstacheln. Wenn Ben Blue schlecht gelaunt ist, hat keiner was zu lachen.
    Hi war vor Ben in die Hocke gegangen. Ein pummeliger Junge mit gewellten braunen Haaren, rotem Hawaiihemd und grünen Bermudashorts. Nicht gerade stylish und schon gar nicht passend zusammengestellt, aber typisch Hiram Stolowitski.
    Er musterte die Dünenlandschaft. Sein Schub hatte längst eingesetzt. Von allen Virals hat Hi die geringsten Schwierigkeiten, ihn auszulösen.
    » Ich sehe dich, Mr Rabbit«, murmelte er vor sich hin. » Vor Wolfmann Hi kannst du dich nicht verstecken.«
    » Tolle Beschäftigung«, sagte ich trocken. Wenn ich einen Schub habe, höre ich noch das leiseste Wort laut und deutlich. » Willst du deine Superkräfte nicht zu was anderem benutzen, als arme Häschen zu verspotten?«
    » Der Hase hat mich provoziert.« Er ließ sein Zielobjekt nicht aus den Augen. » Weil er so verdammt süß ist!«
    Ich verdrehte meine goldenen Augen. » Wir sollten lieber vernünftig trainieren.«
    » Dann trainier mal deine Sehkraft, Fräulein Oberschlau.« Hi streckte den Zeigefinger aus. » Knapp fünfzig Meter von hier, dritte Düne links, steht ein breitblättriger Rohrkolben, auch Lampenputzer oder Typhia latifolia genannt. Und der Hase ist gar kein Hase, sondern ein Kaninchen, hat braun gesprenkeltes Fell und schwarze Schnurrhaare. Ein Florida-Waldkaninchen, auch Östliches Baumwollschwanzkaninchen genannt beziehungsweise Sylvilagus floridanus, wie wir Lateiner sagen.«
    Neben der Durchführung wissenschaftlicher Experimente liebte Hi es besonders, mit seinem umfassenden zoologischen Wissen anzugeben. Beides offenbar ein Erbe seines Vaters, der als Labortechniker im LIRI für den Zustand der Laborgeräte zuständig ist.
    Dann stieß Hi plötzlich einen theatralischen Laut aus: » Oh! Jetzt hat er sich eine Freundin angelacht.«
    Wir standen an der Nordspitze von Turtle Beach, an der Westküste von Loggerhead Island. Der Wald im Inneren der Insel erhob sich zu meiner Rechten. Links von mir erstreckte sich der Atlantik, der von hier bis nach Afrika reicht.
    Ich konzentrierte mich auf die Stelle, die Hi mir beschrieben hatte, eine unebene Fläche, auf der Rohrkolben und Immergrün wuchsen. Ich fasste sie ins Auge, stellte meinen Blick auf null.
    Das Bild gewann an Schärfe und war plötzlich von einer überwältigenden Klarheit– jenseits dessen, was ein menschliches Auge sonst leisten kann. Ich konnte jedes Blatt und jeden einzelnen Zweig voneinander unterscheiden. Und ich sah ganz deutlich zwei schnuppernde Kaninchen im Unterholz.
    Ein halbes Fußballfeld von mir entfernt.
    » Dein Blick ist noch besser als meiner«, sagte ich. » Also die Schnurrhaare kann ich von hier aus nicht erkennen.«
    Hi zuckte die Schultern. » Dann bin ich dir endlich mal in einer Sache überlegen. Ich höre nicht so gut wie Shelton und hab auch nicht deine Spürnase.«
    Neben mir war Ben immer noch am Grunzen und am Stöhnen. Er konnte den Schub einfach nicht auslösen. Mit weiterhin geschlossenen Augen fluchte er lautstark vor sich hin. Und unflätig.
    Hi, der Bens Kampf beobachtete, kratzte sich am Kinn. Warf mir einen fragenden Blick zu. Zuckte die Schultern. Dann ging er lautlos um Ben herum, stellte sich hinter ihn und trat ihm ohne Vorwarnung in den Hintern.
    Der Tritt war nicht von schlechten Eltern.
    Ben stürzte kopfüber in den
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