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Violett ist erst der Anfang

Violett ist erst der Anfang

Titel: Violett ist erst der Anfang
Autoren: Judith Hueller
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Jakub wäre ich vor Stolz fast geplatzt. Meine Freundin - meine Jule, und am liebsten würde ich das in die Welt brüllen! Mensch, ich weiß doch selbst, dass ich Fehler mache. Aber ich will das hinkriegen. Das mit uns.« Eindringlich sah sie Jule an. »Nach dem Kino, später auf dem Kiez, da hast du mich so angestrahlt, mega. Du bist so unglaublich schön, wenn du lachst, weißt du das? Wie … wie … keine Ahnung, da schwingt so viel mit und mir geht das derbe unter die Haut, voll heftig. Und selbst wenn wir uns anzicken, ist das bescheuert und toll zugleich, verstehst du?« Endlich lockerte sie den Griff um Jules Mund.
    Jule massierte sich die Schläfe und versuchte, den flammenden Monolog irgendwie sacken zu lassen. »Ich glaube … schon.«
    Erleichtert atmete Ewa auf. Beinahe scheu trafen sich ihre Blicke. In den Knopfaugen funkelte Gefühl pur, und Jule las darin noch einmal die Worte nach, die eben gefallen waren. Ich will das hinkriegen, Jule. Kein Zweifel, Ewa meinte es ernst. Und so nickte Jule leicht, ganz automatisch. Eine stumme Vergebung. Vorsichtig legte Ewa den Arme um sie, zögerte, als fürchtete sie Gegenwehr. Doch Jule ließ es geschehen, und so kauerten sie da, kuschelnd, Stirn an Stirn gelegt, und sortierten sich schweigend.
    »Jule?«, flüsterte Ewa mit belegter Stimme und schob ihre Lippen ganz dicht an Jules Ohr. »Was ich eigentlich meine …« Blind tastete sie nach Jules Händen, fand sie, umschloss sie warm und bestimmt. »Ich, also … Ich wollte noch sagen, dass … also …«
    »Was?«
    »Jule?«
    »Ja?«
    »Ich … liebe dich.«
    Jule zuckte zusammen, als wäre eine Rakete direkt über ihrem Kopf glitzernd explodiert. Wusch! Drei kleine Worte, kaum mehr als ein Flüstern und doch gab es keinen Satz mit größerer Sprengkraft. Sie schluckte. Überrascht, überrollt und so überwältigt, dass ihr Herz raste wie verrückt. »Ewa, ich …« Mehr Text ging nicht. Blackout. Ausnahmezustand. Aufgewühlt ging ihr Blick zu Ewa. In deren Knopfaugen schimmerte es feucht, und die Ohren, Himmel, kurz vorm Durchglühen.
    »Jule, sag nichts. Bitte sag nichts dazu, ja?«, brabbelte Ewa viel zu schnell los. »Ich weiß, wie verrückt sich das anhören muss für dich. Nach der kurzen Zeit, nach der Aktion gerade, aber ich schwöre dir, es ist so. Ich will nur, dass du das weißt, okay?«
    Jule räusperte sich. »Ewa, ich …«
    »Keine Panik. Du musst wirklich nichts sagen«, fiel ihr der Zwerg sofort ins Wort. »Ich überrumpel dich damit, schon klar. Mich mäht es doch selbst nieder. So ein irres Gefühl hatte ich noch nie. Deshalb bin ich mir auch so sicher, verstehst du? Ich liebe dich. Normalerweise sag ich das nicht, aber bei dir kommt mir das total leicht über die Lippen, weil es sich gut anfühlt, einfach richtig. Himmel, ich will einfach, dass du lachst, Jule. Wegen mir, wegen uns, dass es dir gutgeht mit mir und … Hey, was ist? Du … also, du … hey, weinst du?«
    Treffer, versenkt. Ertappt wischte Jule sich die Tränen von den Wangen. Half nichts. Nach diesem Geständnis schlugen ihre Augen weiter Leck. Aufgewühlt kuschelte sie sich in Ewas Arme. War das zu glauben? Erst wurde man am Bettpfosten vergessen und jetzt mit einer Liebeserklärung niedergestreckt? Mit der Liebeserklärung überhaupt? Wie gerne hätte sie etwas gesagt, aber sie brachte keinen Ton heraus. In ihr heulten Alarmsirenen los und überall blinkten Warnungen der Sicherheitssysteme. Zu früh! Wie kann sie dich lieben? Sie kennt dich nicht! Wie wahr. So vieles hatte Jule noch nicht erzählt. Von früher, von heute. Immer war sie ausgewichen mit der Schweitzer Schissertaktik, sobald die Themen in die Tiefe gingen. Doch … Vielleicht mussten sie gar nicht reden über Schnee von gestern. Alles auf Null, alles neu. Eine Chance auf ein anderes Leben. Und … Es waren Ewas Gefühle. Sie hatte den Satz gesagt, Ewa war sich sicher. Ewa wollte Jule und zwar von Herzen. Was war sonst noch von Bedeutung in diesem Moment?
    »Hab ich’s … wieder vermasselt?«, fragte Ewa leise.
    Jule sah auf. »Wieso?«
    »Weil du weinst.«
    »Das ist … irgendwie … das Schönste, das du hättest sagen können.« Schnief. Sehnsüchtig suchten sich ihre Lippen für einen Kuss, der inniger schien als je einer zuvor. Benommen lösten sie sich irgendwann und betrachteten verträumt ihre Hände, die sie fest ineinander geschlungen hatten.
    »Jule?«
    »Ja?«
    »Soll ich … Alicja nach dem Schlüssel für die Küche fragen?«
    Jule sah auf.
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